Wolfsfeuer (German Edition)
George versuchte zu helfen, indem er hastig mit den Händen Schnee aufnahm und sie damit bedeckte. Er schaffte es, Alex zu löschen, aber bei Barlow war das nicht möglich.
Denn wenn eine Silberkugel ein lebenswichtiges Organ eines Werwolfs trifft, ist das sein Ende.
21
»Ooooooo!«
Das Heulen driftete durch das Schneegeriesel zum diffusen, hinter den Wolken verborgenen Mond empor.
Alex wünschte, sie hätte eine Waffe und Finger gehabt, um Barlows Leiden zu beenden. Es juckte sie in der Kehle, in sein Heulen einzustimmen, mit dem er die letzten verbleibenden Sekunden seines Lebens beklagte.
George war zurück ins Dorf gelaufen, wahrscheinlich um Wasser aufzutreiben – einen Eimer, einen Schlauch, einen Feuerhydranten. Es würde zwar nichts nützen, aber es gab dem Jungen eine Aufgabe.
Ihre Augen brannten – vom Rauch und den stechenden Schneeflocken, sonst nichts – , während Alex ihren wölfischen Fluchtinstinkt bezwang. Barlow mochte die Geißel ihrer Existenz sein, trotzdem würde sie ihn nicht allein sterben lassen.
»Oooo-weeee!«
Die Veränderung in dem Heulen von blindem Schmerz und Zorn zu einem halbwegs verständlichen Wort bewirkte, dass Alex den Kopf neigte und näher ging. Das Schneegestöber hatte sich zu einem Blizzard ausgewachsen, sodass sie nur die vagen Umrisse von Barlows Körper erkennen konnte – mal war er da, dann weg, dann wieder da. Wurde er größer, während er starb?
»Weeeeeer wagt es?«
Die Worte gellten durch die Nacht, als Barlow, nackt und menschengroß, seine Brust eine einzige blutige Wunde, hinter dem wirbelnden weißen Vorhang hervorstürzte.
Die Arme ausgestreckt, die Muskeln angespannt, die Fingerspitzen glitzernd, bog er den Kopf nach hinten, bis die Sehnen in seinem Hals hervortraten. Ein Laut purer, animalischer Rage hallte zum Mond empor, als die Silberkugel aus seiner Brust sprang und in hohem Bogen durch die eisige Luft flog, bevor sie mit einem feuchten Klatschen im Schnee landete.
Alex starrte ihn mit offenem Mund und heraushängender Zunge an, während das Loch in seinem Fleisch sich schloss und die Brandmale verblassten.
Kein Wunder, dass Edward diesen Kerl tot sehen wollte.
George kehrte mit einem Eimer in der einen Hand und einer Daunendecke in der anderen zurück. Der Schneefall hatte sich weiter verdichtet, und Barlow war, eine Sekunde bevor George Alex die Decke zuwarf und Schwung nahm, um das Wasser auf ihn zu schütten, wieder zu einem Schatten mutiert.
Als er dann plötzlich aus dem Schneegestöber trat, war George derart schockiert, dass ihm der Eimer aus den Händen glitt und mehrere Meter weit flog. Den schwappenden Geräuschen nach zu urteilen, landete er mit der Öffnung nach unten.
»Was?«, stammelte der Junge, gefolgt von »Wie?« und zuletzt »Hä?«
»Hast du irgendjemandem erzählt, was passiert ist?«, fragte Barlow ihn.
George schüttelte den Kopf. »Ich wusste nicht, ob der Schütze oder der Killerwolf noch hier sein würden. Ich wollte nicht, dass jemand verletzt wird.«
Julian nickte, dann spähte er in den Schneesturm. »Besorg uns was zum Anziehen«, befahl er.
Der Junge hastete davon. Alex konnte es ihm nicht verübeln. Sie hätte gern das Gleiche getan.
Sie stellte sich ihren zweibeinigen Körper vor und setzte damit den enervierend langsamen Prozess in Gang, wieder ein Mensch zu werden. Es gab da ein paar Dinge, die sie den Wolfsgott fragen wollte.
»Ich bin immer noch dermaßen wütend! «, knurrte Barlow. Er stampfte zu Alex, kniete sich hin und legte die Hand an ihren Rücken, der sich krümmte und verformte, während sich ihre Metamorphose vollzog.
Kaum dass er sie berührte, begann sich alles zu drehen, und als Alex die Augen wieder öffnete, hatte sie menschliche Beine, Finger, Haut. Benommen und frierend lag sie im Schnee, während sie versuchte, das alles zu verstehen.
»Was kannst du eigentlich nicht?«, murmelte sie.
Barlow, der sich aufgerichtet hatte und wieder in das tosende Weiß starrte, blickte über seine Schulter zu ihr. »Was?«
»Du bewegst dich mit Lichtgeschwindigkeit.«
Er kommentierte das mit einem Grunzen.
»Fast zumindest. Du kannst dich unsichtbar machen.«
Er zuckte mit den Achseln.
»Die Farbe deines Fells ändern.«
»Da bin ich mir nicht sicher.« Er wandte sich wieder dem Sturm zu.
»Na ja, da du in der Lage bist, eine Silberkugel zu überleben, würde ich wetten, dass es dir null Probleme bereitet, dich von einem goldenen Wolf in einen lilafarbenen zu
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