Wolfsfeuer (German Edition)
verwandeln.«
»Hmm«, machte er.
»Das ist alles, was du dazu sagst? Hmm?« Sie stand auf, ohne sich um das stechend kalte Eis unter ihren Fußsohlen zu kümmern. »Du hast gerade eine Silberpatrone aus deiner Brust katapultiert, Julian.« Alex warf die Hände in die Luft. »Was zur Hölle hat das alles zu bedeuten?«
Einen Augenblick zog sie in Betracht, dass Barlow selbst der Werwolf sein könnte, der ihren Vater ermordet hatte. Er genas selbst von Silberverletzungen, dementsprechend würde die Kugel, die sie in jener lange zurückliegenden Nacht abgefeuert hatte, keine sichtbare Narbe bei ihm hinterlassen haben. Doch wenn Barlow der Täter wäre, hätte Edward das nicht erwähnt?
Nein , wisperte ihre innere Stimme. Denn damit hätte er riskiert, dass Alex Barlow bei ihrer nächsten Begegnung erschoss, anstatt sich von ihm in das Werwolf-Dorf bringen zu lassen. Und darauf hatte Edward es abgesehen – auf das Dorf und auf die Armee, die Barlow nicht zu haben schien.
Alex’ Gedanken stoben wild durcheinander. Wer war hier der Bösewicht? Wer manipulierte wen? Wem konnte sie trauen?
»Ich weiß nicht, wozu ich fähig bin«, bemerkte Julian, den Blick noch immer abgewandt. »Das meiste von dem, was ich je versucht habe, ist mir gelungen.«
»Vielleicht ist das der Grund, warum jemand versucht hat, dich zu eliminieren.«
Barlow drehte sich mit hochgezogenen Augenbrauen zu ihr um. »Niemand hat versucht, mich zu töten, Alex, jemand hat versucht, dich zu töten.«
»Mich? Was habe ich denn getan?«
Barlows Brauen zuckten noch höher.
»In der letzten Zeit«, ergänzte sie.
Alex ließ die Geschehnisse Revue passieren. Sie hatte sich aus dem Schutz des Dorfes gewagt, dann war da dieses scharfe Knacken gewesen, dem sie in ihrer Sorge um George keine Beachtung geschenkt hatte. Barlow war durch die Schneewand gestürzt, hatte sie umgerempelt und dann …
Kawumm!
»Du hast mich aus der Schusslinie gebracht«, folgerte sie.
Barlow zuckte wortlos mit den Schultern.
Aber warum sollte ihr jemand nach dem Leben trachten? Bisher kannte niemand sie gut genug, um sie zu hassen.
Plötzlich realisierte sie, dass sie zwar den Mörder ihres Vaters nicht klar hatte sehen können, er sie aber möglicherweise sehr genau gesehen hatte. Nur, wenn das der Fall war, warum hatte der Täter sie dann nicht gleich bei ihrem Auftauchen im Dorf vor den anderen als Jägersucher enttarnt?
Weil er damit zugegeben hätte, dass er nicht der kleine, brave, dem mächtigen Barlow ergebene Werwolf war, der er sein sollte, sondern er sich davongeschlichen hatte, um Menschen zu töten.
Alex hielt es für weitaus wahrscheinlicher, dass der Wolf, sollte er sie erkannt haben – was nicht der Fall sein musste, denn immerhin war sie damals erst fünfzehn gewesen – , versuchen würde, sie mundtot zu machen. Irgendjemand hatte das jedenfalls getan.
Was bedeutete, dass der Killer ihres Vaters tatsächlich hier war. Wie es schien, hatte Edward sie gar nicht so sehr manipuliert.
»Bist du denn kein bisschen besorgt?«, fragte Barlow. »Ich habe dir gerade gesagt, dass jemand versucht hat, dir eine Silberkugel zu verpassen, trotzdem stehst du hier und starrst ins Leere.«
»Jeden verdammten Tag versucht irgendein Werwolf, mich umzulegen«, konterte Alex. »Besorgt werde ich nur, wenn sie versuchen, sich mit mir anzufreunden.«
»Wer hat behauptet, dass es ein Werwolf war?«
Alex guckte ihn finster an. »Wer oder was sollte es sonst gewesen sein?«
»Lass es uns herausfinden.«
Die Arme mit Klamotten und Stiefeln beladen, tauchte George aus dem immer noch dichter werdenden Schneegestöber auf. Er ließ die Sachen zwischen Alex und Julian auf den Boden fallen.
»Danke«, sagte Julian. »Geh jetzt nach Hause und bleib dort.«
Der Junge wollte widersprechen, doch Julian blickte ihn aus schmalen Augen an, woraufhin er den Mund zuklappte, auf dem Absatz kehrtmachte und davonstapfte.
Alex schnaubte, dann murmelte sie etwas, das verdächtig nach Wolfsgott klang. So als wäre das eine Beleidigung.
Julian hatte keinen Schimmer, wo George die Kleidungsstücke aufgetrieben hatte, aber er hatte gute Arbeit geleistet. Natürlich war ihm alles ein wenig zu eng, aber Alex’ Sachen saßen wie angegossen. Kein Wunder, nachdem Julian den Jungen mehrfach dabei ertappt hatte, wie er auf ihren Hintern starrte.
Und warum auch nicht? Es war ein verdammt ansehnlicher Hintern.
Julian hustete, um das Knurren zu übertönen, das in seiner Brust grollte, dann
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