Wolfsfieber - Band 2
…“
Plötzlich brannten seine Augen und versengten jeden Gedanken in mir. Seine Finger gruben sich schmerzhaft in meinen Handrücken. Fuchsteufelswild herrschte er mich an. Wo immer er auch die Kraft dazu hernahm, er schrie mich an:
„Jetzt hör mich gefälligst an. Das wirst du nicht tun. Egal, was du glaubst, damit zu erreichen, du tust das nicht. Hörst du? Ich würde dir das nie verzeihen. Wie soll ich in Frieden sterben, wenn du … Versprich mir, dass du nichts Dummes machst!“
Ich wich seinem Blick aus. Ich wollte ihn nicht anlügen, ihm nicht versprechen, alleine zu sein, ohne ihn, aber er ließ nicht mit sich reden. So hatte ich ihn noch nie erlebt.
„Sag es, Joe! Jetzt sofort. Ich will es auf deinem Mund hören!“, forderte er. „Du sollst es sagen!“, schrie er mit letzter Kraft. Ich zuckte erschrocken zusammen.
„Ja“, hauchte ich, gegen jede Überzeugung, weil er es von mir wollte.
Sofort beruhigte er sich und ich hätte mich ohrfeigen können dafür, dass ich ihn derart aufgeregt hatte. Doch ich hatte keine Kontrolle mehr, weder über mich selbst, noch darüber, was geschah …
Es war Abend geworden, ohne dass ich es gemerkt hatte. Nur daran, dass ich sein Gesicht schlechter sehen konnte und unsere Schatten sich weiter ausbreiteten, wurde mir bewusst, dass aus dem Tageslicht beginnende Dunkelheit geworden war und jeder Moment uns dem Ende näher brachte. Istvan hatte mich gebeten, einen Moment alleine mit Valentin reden zu dürfen, aber ich hatte mich geweigert, auch nur einen Moment von seiner Seite zu weichen oder seine Hand loszulassen. Also kam Valentin zu uns und ich sah in seinen Augen, dass er und ich jetzt etwas teilten, das kein Mensch auf der Welt mit einem anderen teilen will: zu wissen, wie es ist, den Menschen zu verlieren, den man am meisten liebt. Von diesem Moment an konnte ich Valentin nie wieder wirklich ins Gesicht sehen. Es war, als würde man in einen Spiegel sehen, der einem die eigene geschundene Seele offenbart. Ein Anblick, den man vermeidet, wenn man es kann, was in diesen Augenblicken zu meiner Gegenwart wurde. Denn ich sah etwas Ähnliches in Istvans Gesicht, das mich studierte, den letzten Blick auf mich warf, weil ihm die Zeit zwischen den Finger zerrann.
„Ich weiß, was du tun musst, und ich wollte nur, dass du weißt, dass ich es nicht vergessen habe und damit einverstanden bin, aber du musst dafür sorgen, dass sie …“ Istvan stoppte mitten im Satz und streifte mich mit seinem Blick, dem -Valentin folgte.
„Ich verstehe“, antworte er knapp. Ich verstand überhaupt nichts.
„Gut“, stöhnte Istvan erleichtert, als wäre ihm eine große Last von seinen Schultern genommen. Was ging hier vor?
„Mein Freund“, hauchte Istvan ergriffen und nahm Valentins Hand, „du musst noch etwas anderes für mich tun. Du musst mir versprechen, dass ihr, wenn es vorbei ist, aus Joes Leben verschwindet. Für immer. Sie soll nie wieder mit unserer Welt in Berührung kommen. Nur so kann sie …“,
„… wirklich in Sicherheit sein“, beendete Valentin für ihn, weil er merkte, wie sehr ihn das konzentrierte Sprechen anstrengte. Ach, Istvan! Immer um meine Sicherheit besorgt, nimmst du mir die einzigen Menschen, die wissen, was ich verlieren werde. Aber du meinst es gut. Tust immer das Richtige. Darauf vertraue ich.
Valentin nickte. „Fest versprochen. Keinerlei Kontakt, zu ihrer eigenen Sicherheit!“ Ich stöhnte frustriert, was jeder von ihnen ignorierte. Meine Meinung zählte nicht und ich konnte mich mit niemand streiten. Nicht jetzt. Es war beschlossen. Einfach so.
Istvan und Valentin sahen sich lange schweigsam an, so wie sich Familienmitglieder ansehen, wenn ihnen eine lange Trennung bevorsteht und sie nicht wissen, was sie sagen sollen. Wenn es nichts zu sagen gibt. Valentin öffnete gerade den Mund, um etwas zu sagen, da schrie Istvan markerschütternd auf.
„Das Gift. Es ist jetzt überall, verursacht Schmerzen und …“
„Es bringt ihn um!“, stöhnte ich ungläubig. Es auszusprechen, machte es so unerträglich real. Ließ es so nahe kommen. Wieder hatte ich das Messer in der Brust. Bei jedem Atemzug spürte ich den Stich, und auch wenn ich für ihn hatte stark bleiben wollen, so brach ich doch erneut in hysterische Tränen aus, die sich meiner Kontrolle entzogen. Sie wollten nicht aufhören.
„Valentin. Bring sie hier weg. Ich will nicht, dass sie sehen muss, wie es mit mir zu Ende geht.“
Ganz unvermittelt fühlte ich
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