Wolfsflüstern (German Edition)
Künstlichkeit seines Lebens in der Zivilisation bei Weitem vor.
»Wenn ich Sie wäre«, sagte Gina, als sie Spike zu seiner Box führte, »würde ich das Bett und den Kleiderschrank vor dem Ausziehen lieber auf die As hin überprüfen.«
Matt hatte schon früher mit aggressiven Studentinnen zu tun gehabt, aber das Dr. vor seinem Namen – wenn schon nicht seine Befugnis, sie von der Schule werfen zu lassen, sollten sie sich nicht benehmen – schüchterte die meisten von ihnen ein. Hier hatte er keinen solchen Schutz.
Er schluckte schwer.
»Gucken Sie nicht so erschrocken drein.« Ginas Stimme war hell vor Belustigung. »Sie sind ein großer Junge. Sie werden bestimmt mit ihnen fertig.«
»Warum um alles in der Welt sind die bloß hier?«, wunderte er sich laut. »Es gibt kilometerweit keinen Ganzkörperspiegel und keinen Martini.«
Gina kam aus Spikes Box und schloss die Tür hinter sich. »Wir haben alle möglichen Arten von Gästen auf der Nahua Springs Ranch.«
»Ja, aber welcher Art gehören die beiden an?«
Gina lachte, und Matt wurde bewusst, dass er mit ihr flirtete. Wenn ihm Mädchen zuzwinkerten oder Ähnliches, warf er üblicherweise mit großen Worten um sich, bis sie weggingen.
Bei Gina verspürte er nicht den Wunsch, das zu tun. Und das nicht nur, weil er sich weiter als Teo Jones, Schullehrer aus Arizona, ausgeben musste, sondern auch, weil er nicht wollte, dass sie wegging. Jedenfalls noch nicht gleich.
Mit Gina zu reden, war einfach, natürlich und ehrlich. Was verwunderte, wenn man bedachte, dass alles, was er ihr bislang erzählt hatte, eine Lüge war. Aber wenn er schon log, um Dinge herauszufinden, sollte er seine Zeit mit ihr möglichst nutzen, um ihnen tatsächlich auf den Grund zu gehen.
»Nahua Springs«, sinnierte er laut. »Woher kommt der Name?«
Durch den Namen war er überhaupt erst auf das Foto im Internet gestoßen. Er hatte mit den Azteken verknüpfte Begriffe bei Google Earth eingegeben, von der Theorie ausgehend, dass, falls sie für längere Zeit in den amerikanischen Südwesten gezogen waren, es eventuell den einen oder anderen mit diesem Landstrich verbundenen Ort geben könnte.
Pling! Plötzlich war Nahua Springs bei dieser Suche aufgetaucht, und intensives Surfen hatte ihn zu dem Foto geführt.
Spike steckte den Kopf über die halbhohe Tür seiner Box und schnaubte. Gina legte ihre Hand an seinen Hals und streichelte ihn geistesabwesend. »Es gibt hier eine Quelle, deren Wasser durch die Ranch fließt. Die Ute nannten sie immer schon den Fluss der Nahua.«
Matts Nacken kribbelte, aber er hoffte, dass Gina ihm nicht anmerkte, wie sehr ihn ihre Worte in Aufregung versetzten. Wo Rauch war, besser gesagt aztekische Schriften, war meist auch Feuer – oder eine höchst informative lokale Legende.
»Was ist ein Nahua?«
»Es ist ein Sammelbegriff für die alten Völker südlich der Grenze.«
»Wie die Maya oder so?« Matt bemühte sich, unwissend zu klingen – er wollte die Geschichte hören, die Gina kannte, und sie nicht durch das beeinflussen, was er selbst wusste. Es musste ihm gelungen sein, denn sie kniff die Brauen zusammen und musterte ihn von oben bis unten.
»Sie unterrichten hoffentlich nicht Geschichte?«
»Ich … na ja …« Matt wollte sich nicht noch weiter in Lügen verstricken. Zum Glück half Gina ihm aus der Patsche.
»Lassen Sie mich raten. Sportlehrer?«
Er zuckte mit den Schultern, was sie als ein Ja nahm.
»Technisch gesehen, umfasst Nahua jede Gruppe, die Nahuatl spricht«, fuhr Gina fort, »also auch die Sprache der Azteken.«
Matt überlief wieder dieses Frösteln. Natürlich erzählte Gina ihm Dinge, die er längst wusste, aber dass sie ebenfalls Kenntnis davon hatte, war irgendwie … erotisch.
»Es gab Azteken hier?«, hakte er nach.
»Zweifelhaft. Wie schon gesagt, Nahua ist ein Sammelbegriff, und Nahuatl lässt sich mit klar oder verständlich übersetzen. Isaac – Jases Großvater – sagt, dass jeder Fremde, den die Ute verstehen konnten, als Nahua bezeichnet wurde.«
Matt konnte angesichts dieses kleinen Leckerbissens kaum stillhalten. Woher sollten die Ute die Bedeutung des Wortes Nahua kennen, es sei denn, sie wären einem begegnet? Sicher, die Sprache der Ute, manchmal Paiute genannt, zählte zu der uto-aztekischen Sprachgruppe und ähnelte dem Nahuatl, aber …
»Isaac glaubt, dass die Quelle ihren Namen daher hat, dass ein Ute-Krieger dort auf einen Eindringling stieß und sie in der Lage waren, zu kommunizieren.
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