Wolfsflüstern (German Edition)
?‹?«
Fannys Miene war wirklich unbezahlbar komisch gewesen.
Jase richtete den Blick wieder auf Teo, und sein Lachen gefror. »An dem Kerl ist etwas, das mir nicht gefällt.«
Jase tendierte häufig dazu, Menschen nicht zu mögen. Er behauptete, seinem indianischen Blut einen sechsten Sinn zu verdanken. Gina fand eher, dass er seinem indianischen Blut einen Knall verdankte.
Allerdings konnte sie sich sein Verhalten von vorhin nun erklären. Er hatte eine spontane Abneigung gegen Teo gefasst. Was zu schade war. Gina glaubte, dass die beiden Freunde hätten werden können. Sie waren im gleichen Alter – zumindest grob –, außerdem kannte Teo sich gut mit Pferden aus. Was eins von Jases Lieblingsthemen war.
Lautes Gelächter gellte über den Hof und malträtierte Ginas Trommelfelle wie der nächtliche Schrei eines sterbenden Hasen; es war so schrill und verstörend, dass eins der Pferde durchging. Jase murmelte ein Wort, das er früher am Tag von den Hurlaheys aufgeschnappt haben musste, dann heftete er seinen finsteren Blick eine gefühlte Ewigkeit auf die beiden letzten Teilnehmer ihrer Tour.
Amberleigh, oder vielleicht war es auch Amber Lee, Gina wusste es nicht mehr, und ihre Busenfreundin Ashleigh, wahlweise Ash Lee, hatten die Reise auf eigenen Wunsch hin von ihren offenbar in sie vernarrten Eltern spendiert bekommen. Möglicherweise auch von ihren fast tauben Eltern, die sich den letzten Rest ihres Gehörs erhalten wollten, indem sie die Mädchen von zu Hause verbannten. Es würde an ein Wunder grenzen, wenn Gina die nächsten Tage überstand, ohne dass die Pferde in alle vier Himmelsrichtungen türmten.
»Zumindest werden sich keine wilden Tiere an euch ranschleichen«, witzelte Jase.
Sie könnten von Glück reden, wenn sie mit den beiden im Schlepptau auch nur einer Spinne begegneten. Nie im Leben würden sie einen Blick auf Rotwild, Dickhornschafe oder eine Antilope erhaschen.
Die Mädchen, die an der University of Texas in Austin studierten, würden kommenden Frühling ihren Abschluss machen – zumindest behaupteten sie das. Dies war ihre letzte gemeinsame Reise, bevor sie sich einen Job suchten oder, was Gina für ihre eigentliche Mission hielt, Ehemänner. Warum sie sich zu diesem Zweck ausgerechnet eine Ferienranch auserkoren hatten, blieb der Fantasie überlassen, allerdings schienen sie reiten zu können.
»Wir reiten schon, seit wir winzig klein waren«, hatte Ashleigh Jase an diesem Nachmittag erzählt, als er, obwohl dies nicht seine Aufgabe war, auf ihr Drängen hin versucht hatte, passende Pferde für sie zu finden. »Schmeiß einfach einen Sattel auf irgendeinen alten Klepper, und wir reiten ihn den ganzen Tag.«
Diese Bemerkung hatte offensichtlich dazu geführt, dass Jase sich heftig verschluckte, denn er hustete so stark, dass er aus dem Stall stolperte und die Mädchen bis zum Abendessen Ginas Fürsorge überließ. Sie hatten nicht erfreut reagiert.
Ginas Einschätzung nach kamen die beiden nur miteinander und mit Männern klar. Jede andere Frau in ihrem Universum war entweder eine lästige Fliege oder Konkurrenz. Gina hatte schnell erfahren, zu welcher Gruppe sie gehörte, als Ashleigh abweisend mit der Hand vor ihrem Gesicht herumgefuchtelt und dann, auf ihre ausdruckslose Miene hin, befohlen hatte: »Aus dem Weg!«
Kaum dass Gina der Aufforderung nachgekommen war, hatten die Mädchen angefangen, sich aufzuplustern und zu posieren wie Truthühner auf der Balz. Gina hatte einen Blick über ihre Schulter geworfen, und ihr war ein Licht aufgegangen.
Die Mädchen hatten beschlossen, dass das, was sie wirklich reiten wollten, Teo Mecate war. Er hatte seither keinen Moment Ruhe vor ihnen gehabt. Im Moment quasselten sie auf ihn ein, als hinge er ihnen wie gebannt an den Lippen, obwohl er in Wahrheit seine ganze Aufmerksamkeit auf das Striegeln eines bereits gut gestriegelten Pferds konzentrierte.
»Man nennt uns die As«, weihte Amberleigh ihn ein.
»Wegen unserer Namen«, erläuterte Ashleigh.
»Nicht wegen unserer Noten.«
»Kein Scheiß«, murmelte Jase.
Gina warf ihm einen mahnenden Blick zu. Er riss die Augen auf und zuckte mit den Schultern. »Was?«
»Sie werden dich hören«, wisperte sie.
Jase schnaubte abfällig. »Sie hören niemanden außer sich selbst, und ich schätze, genau so wollen sie es haben.«
Gina erwiderte nichts, denn sie musste ihm insgeheim zustimmen.
»Fast könnte mir der hübsche Milchbubi dort leidtun, würde er nicht bald schon seine
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