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Wolfsflüstern (German Edition)

Wolfsflüstern (German Edition)

Titel: Wolfsflüstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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»Sie sind alle tot und begraben.«
    »Nicht alle. Es gibt fast eine Million Abkömmlinge. Ich gehöre dazu.«
    »Daher das Interesse deiner Mutter? Und dein eigenes?«
    »Kann sein.« Teo hob eine Schulter, und das Hemd rutschte nach unten. Sie erhaschte einen verführerischen Blick auf nackte honigfarbene Haut, dann zog er es wieder hoch. Dieses Mal schloss er geistesabwesend die obersten Knöpfe, um es an Ort und Stelle zu halten.
    »Meine Mutter hat ihr Leben dem Studium der Azteken gewidmet.« Er drehte sich zum Fenster um. »Und sie opferte es, um ihre These unter Beweis zu stellen.«
    Nun endlich erklärte sich das war .
    »Es war meine Schuld«, setzte er hinzu.
    Gina schwieg. Entweder würde Teo fortfahren, oder er würde es sein lassen. Indem sie ihn drängte, seinen Schmerz mit ihr zu teilen, würde sie nur erreichen, dass er dichtmachte. Damit kannte sie sich aus.
    »Ich hätte dort sein sollen. Aber ich …« Er blickte auf. Gina hatte schon genug Trauer und Schuld im Spiegel erblickt, um beides sofort zu erkennen. »Einem ihrer Assistenten zufolge glaubte jemand, aztekische Hieroglyphen entdeckt zu haben, und man rief sie hinzu. Die Fundstelle lag in einem tieferen Bereich der Höhle, der noch nicht gut ausgeleuchtet war. Aber sie war aufgeregt – vermutlich dachte sie, dass sie mir beweisen könnte …« Er unterbrach sich mit einem langen gequälten Seufzen. »Jedenfalls rannte sie los, völlig auf ihr Ziel fokussiert, ohne auf den Weg zu achten, und …«
    Teo klatschte die Hände zusammen; das Geräusch war so laut und unerwartet, dass Gina erschrocken zusammenfuhr.
    »Ein tief hängender Felsen kollidierte mit ihrem Kopf.« Matt tippte sich an die Schläfe. »Die Lichter gingen aus.« Er schluckte schwer. »Sie gingen nie wieder an.«
    Schweigen breitete sich über das Zimmer, gestört nur von gedämpften Stimmen im Korridor. Gina wusste, sie sollte ihm sagen, dass es ihr leidtue. Denn das tat es. Aber sie wusste auch, wie wenig ihre Worte helfen würden.
    »Und was war mit den Hieroglyphen?«, erkundigte sie sich stattdessen.
    »Es waren nur Kratzer von herabfallendem Gestein und Wasserflecken. Keine Schriftzeichen.«
    »Wie alt warst du?«
    »Achtzehn. Es wäre meine letzte Ausgrabung gewesen, bevor ich mit dem College anfing. Wir hatten geplant, in jedem Sommer weiterzusuchen, uns durch eine Liste von Orten zu arbeiten, die sie aus alten, von ihr in der Familienbibliothek entdeckten Schriften übersetzt hatte.«
    »Aztekische Schriften?« Gina mochte sich nicht einmal ansatzweise vorstellen, was die wert sein könnten. Vermutlich zehnmal so viel wie alles, was sie bei ihren Grabungen hätten entdecken können.
    Aber natürlich brauchten die Mecates dieses Geld nicht. Gina versuchte, sich vorzustellen, wie sich so etwas anfühlen musste.
    »Ja«, bestätigte er, gefolgt von: »Nun, nicht ganz. Es sind nur zwei Codices bekannt …« Angesichts ihrer fragenden Miene erklärte er: »Bebilderte Hieroglyphenbücher. Nur zwei stammen aus der Zeit vor der spanischen Eroberung: der Codex Tonalamatl Aubin , auch › Buch der Tage ‹ genannt, sowie der Codex Borbonicus . Allerdings sind sich die Gelehrten nicht einmal sicher, ob es sich um Originale handelt.«
    »Was ist mit den übrigen passiert?«
    »Die Spanier haben sie verbrannt.«
    Gina schnalzte mit der Zunge, obwohl sie nicht überrascht war. Nach dem, was sie aus dem Geschichtsunterricht wusste, hatten die Spanier vieles verbrannt – einschließlich Menschen.
    »Die Konquistadoren erachteten die Codices als Götzenverehrung. Du weißt, dass Nahuatl die Sprache der Azteken war, aber ihre geschriebene Sprache war bildlich.« Teo breitete die Hände aus. »Wenn man über eine Katze schreiben wollte, zeichnete man eine Katze. Eine Trommel, einen Hirsch, das Wasser. Rennen.« Er benutzte die Finger, um die Bewegung nachzuahmen. »Fließen.« Seine Hand zog Wellen durch die Luft. »Hoch. Runter. Groß. Klein.« Er fuhr fort, die Worte durch Bewegungen seiner Finger, Hände und Arme zu imitieren. »Nomen waren einfach, Verben weitaus schwieriger. Aber du verstehst, worauf ich hinauswill.«
    »Und dann betraten die Spanier die Bühne«, sagte Gina. »Jemand öffnete ein Buch, in dem für seine Begriffe nur Bilder waren …«
    »Wunderschöne Bilder sogar, vielfach echte Kunst. Sie gaben es einem Azteken-Priester, der wahrscheinlich noch das Blut seines letzten Opfers unter den Fingernägeln hatte, und er las ihnen diese Bilder vor.«
    »Wie überaus

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