Wolfsflüstern (German Edition)
schimmerten. »Euch rauswerfen?«
Ohne Rücksicht auf ihre hohen Absätze machte sie schnell wie ein Wiesel mehrere weitere Schritte auf ihn zu, dann stach sie ihm den Finger in die Brust, dabei sorgsam darauf bedacht, nur sein Hemd zu berühren und nicht seine nackte Haut. Es fiel ihr auch so schwer genug, zu vergessen, wie glatt und fest und warm sie sich anfühlte. Gina schluckte. Sie musste sie nicht noch einmal spüren.
»Was zum Teufel willst du überhaupt mit einer Ranch anfangen?«, fragte sie. »Ich meine, nachdem du sie umgegraben und verwüstet hast. Bist du so reich, dass du dich hinterher einfach schulterzuckend abwenden kannst?«
»Ja«, antwortete er. Ginas Augen wurden schmal, und er korrigierte sich hastig. »Nein!«
»Was jetzt? Ja?« Sie setzte noch einen Fuß nach vorn und trat ihm absichtlich mit dem Absatz auf den Zeh. »Oder nein?«
Teo ächzte vor Schmerz, trotzdem stieß er sie nicht weg; ein Anflug von Bewunderung mischte sich unter ihren Zorn. »Ich … äh …« Er verzog gequält das Gesicht, und Gina nahm den Fuß weg. Es war nicht nötig, ihn bluten zu lassen. Noch nicht.
»Ich bin so reich.« Er hob hilflos die Hände. »Was soll ich machen? Ich bin der letzte Nachkomme meiner Familie und habe alles geerbt.«
»Wie viel ist alles?«
»Millionen.«
»Drei? Vier?«
»Hunderte.«
»Drei- oder vierhundert?«
Matt zuckte mit den Schultern. »Hass mich nicht, nur weil ich vermögend bin.«
»Kein Problem«, murmelte Gina. Es gab genügend andere Gründe, ihn zu hassen.
Zum Beispiel dafür, wie sein offenes Hemd bei jeder Bewegung mehr verführerische Brust- und Bauchmuskeln präsentierte. Wie kam ein Uniprofessor zu so einem Körper?
»Ich werde deine Ranch nicht umgraben.«
»Ich weiß«, sagte sie, und er seufzte erleichtert. »Du wirst deine Ranch umgraben.«
»Nein. Ich meine, ja. Aber …«
»Herrgott. Für einen Lehrer fällt es dir ziemlich schwer, dich klar auszudrücken.«
Er neigte den Kopf, und sein Haar glitt über seine Wange. Gina musste wieder daran denken, wie sie die Finger hineingewühlt und daran gezogen hatte. Verdammt! Was war bloß los mit ihr? Nichts, was eine ordentliche Dosis Zickigkeit nicht kurieren konnte.
»Offenbar bist du im Schriftlichen besser. Deine Briefe waren jedenfalls …« Sie setzte ein süffisantes Lächeln auf. »Amüsant.«
Sein Blick wurde ausdruckslos, als er sich ins Gedächtnis rief, was er ihr geschrieben hatte. »Sie sollten nicht amüsant rüberkommen.«
»Genau deswegen waren sie urkomisch.«
Sie war gemein, aber sie konnte nicht anders. Er hatte ihre Ranch gekauft!
»›Es wäre durchaus opportun für Sie, wenn Sie mir gestatteten, auf Ihrem Grund und Boden zu graben‹«, zitierte sie. »Wer spricht denn so?«
»Ich bemühe mich, nicht so zu sprechen.« Matt blickte zu Boden. »Als Kind musste ich deswegen oft Prügel einstecken. Bis ich dann einen Wachstumsschub hatte.«
Gina wurde still. Ihn sich als Kind – dünn, bebrillt, gemobbt – vorzustellen, löste bei ihr einen spontanen Beschützerinstinkt aus. Wäre sie dabei gewesen, hätte sich das niemand getraut.
Dann registrierte sie, was ihr da durch den Sinn ging. Dabei wollte sie ihn im Moment am liebsten eigenhändig vermöbeln. Was kümmerte es sie, wenn er früher Dresche bezogen hatte?
»Aber im Schriftlichen schlägt es immer wieder durch«, fuhr er fort. »Und wenn ich nervös bin.«
Gina suchte nach etwas, womit sie ihren Zorn neu anfachen konnte. Sie musste nicht weit suchen.
»Du hast behauptet, Privatunterricht gehabt zu haben. Oder war das genauso gelogen wie dein Name?«
»Doch, den hatte ich. Meine Mutter nahm mich mit zu ihren Ausgrabungen, und da war selten eine Schule in der Nähe.« Teo zuckte die Achseln, und sein Hemd gewährte neue Einblicke. Machte er das mit Absicht? »Meist gab es weit und breit noch nicht mal eine Straße.«
»Wie konntest du verprügelt werden, wenn du keine Schule besucht hast?«
Sein Blick begegnete ihrem. »Schläger findet man nicht nur auf Schulhöfen.«
Da war was Wahres dran.
»Schau nicht so wütend drein«, sagte er, und Gina stellte fest, dass sie – die Miene finster, die Fäuste geballt – erneut an die ihm in der Kindheit angetane Gewalt dachte. »Diese Schikanen haben mich vom Sofa geholt. Besser ausgedrückt, von meinem Feldbett. Ich fing an zu trainieren. Lernte, mich zu verteidigen. Ohne diese Erfahrung wäre ich womöglich zu einem ständig gehänselten, bebrillten, übergewichtigen
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