Wolfsgesang - Handeland, L: Wolfsgesang
tun zu wollen, die in einer ganzen Reihe von Südstaaten illegal waren.
Ich verpasste mir im Geist eine Ohrfeige. Er hatte das Leben jedes einzelnen Menschen ausgelöscht, den ich je geliebt hatte. Er hatte seine Seele der dunklen Seite verkauft.
Ich hätte mir in diesem Moment einen leichten Säbel und einen guten Draht zum Allmächtigen gewünscht.
Leider würde ich mich mit meinen Händen und meinem Verstand begnügen müssen. Allerdings glaubte ich nicht, dass das reichen würde.
Irgendwo vor mir flackerte ein Lich t – matt und diffus wie eine Kerze hinter einer Ecke. Ich konnte die niedrige Decke, die alten Holzbalken, die Erde, den Staub, ein paar Knochen ausmachen. Ich hätte einfach nur den Kopf drehen müssen, um sein Gesicht zu sehen. Aber ich wollte nicht.
„Lass mich runter“, verlangte ich.
Er ignorierte mich und ging stattdessen weiter auf das Licht zu, das heller und größer wurde und einen Torbogen beleuchtete. Er trat hindurch und in einen Raum, in dem ein Bett, ein Tisch, Stühle und ein Koffer standen.
Jemand wohnte hier. Ich wusste, wer.
Ich trat um mich, und er ließ mich mit einem Lachen los. Ich stürzte zu Boden, kam wieder auf die Füße und krabbelte weg.
Hector Menendez sah exakt aus wie vor zwei Jahren. Attraktiv, exotisch, weltmännisch. Nur, dass ich jetzt die Bestie erkannte, die hinter seinen Augen lauerte.
„Dieses Mal wirst du mir nicht entkommen, querida . Es ist dein Schicksal, meine Gefährtin zu sein.“
„Das denke ich nicht.“
Er zuckte unbeeindruckt mit den Schultern.
„Es sind immer noch drei Nächte bis zum Vollmond. Jessie wird mich vorher finden.“
Seine dünnen Lippen wölbten sich nach oben. „Jessie und ihr indianischer Liebhaber werden von ihrem Ausflug zu Cora Kopway nicht mehr zurückkehren.“
Ich blinzelte.
„DerIdiot,denichindenWaldgeschickthatte,umsiezutöten,warkeinenFunkenbesseralsder,derdichbeißensollte.Ichdachte,wennsietotwären,würdedaseineallgemeineVerwirrungauslösenundmirmehrZeitgeben,daszutun,wasichtunmusste.Ich hätte ihnen eigenhändig die Kehlen rausreißen sollen.“
Ich zuckte zusammen, als mich die Erinnerung zu überwältigen drohte.
„Hältst du mich für einen Idioten?“, fuhr er fort. „Ich weiß alles, was du getan hast. Alles .“
Das wollte ich nicht hoffen.
„Ein Kellner, Leigh? Und dazu noch Ire? Du beleidigst mich.“
„Er ist einer von euch.“
„Er ist ein kleiner Fußsoldat. Ein Schwächling. Ich werde ein Gott sein.“
„Träum weiter.“
„Ich träume nicht. Ich bin schon auf halbem Weg am Ziel.“
Ich musste hier rauskommen. Jessie retten. Und Will. Mich selbst auch, wenn ich schon dabei war. Dummerweise stand Hector zwischen mir und der Tür. Ich hatte keine Waffe, und er war auch ohne seinen phänomenalen Gestaltwandler-Scheiß stärker als ich.
„Du denkst, ich weiß nicht, was Damien tut? Er glaubt, dass er das Rudel dezimiert, aber er hat mir mit jeder Tötung nur mehr Macht verliehen. Ich bin ihm gefolgt, so wie er den anderen gefolgt ist, um mir die Kraft der Wölfe einzuverleiben, die er im Mondlicht tötet.“
Nun, das erklärte ein paar Dinge.
„Wie bist du auf die Legende vom Kraftverzehrer gestoßen?“, fragte ich.
Ich konnte mir Hector, der trotz seiner eigenen Minderheiten-Abstammung nur wenig Sympathie für andere aufbrachte, nicht dabei vorstellen, wie er die Folklore der Ojibwa studierte.
Er setzte sich aufs Bett. Er war nun anders angezogen als zuvor der Cowboy. Ich erinnerte mich, dass seine Stiefel während der Verwandlung aufgeplatzt waren. Seinen Klamotten musste es genauso ergangen sein.
Wir hatten recht gehabt, was das Verändern der menschlichen Gestalt betraf. Ich fragte mich, was er sonst noch alles konnte, entschied dann aber, dass ich es lieber nicht wissen wollte.
„Früher einmal war ich nur ein jämmerlicher Mischling.“ Auf mein verwirrtes Stirnrunzeln hin schüttelte er den Kopf. „Halb hispanisch, halb weiß. Ich passte nirgendwo hin. Nicht einmal meine Mutter liebte mich genug, um zu bleiben. Da beschloss ich, dass ich Macht wollte. Ich würde sie nicht durch Geld oder eine politische Karriere bekommen, aber ich könnte sie durch Tod und Zerstörung erlangen, was kein Problem für mich war, weil ich beides mochte.“
Während er redete, ließ ich den Blick auf der Suche nach einer Fluchtmöglichkeit durch den Raum schweifen. Ich entdeckte keine, deshalb musste ich dafür sorgen, dass er weiterredete.
„Wie bist du auf die Legende
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