Wolfsgesang - Handeland, L: Wolfsgesang
ran.
35
„Ich muss weg“, sagte ich.
Ich machte einen Schritt auf die Tür zu, dann fiel ich auf die Knie, als das Zimmer wieder zum Wald wurde. Feuchte Erde drang durch meine Hosenbeine und brachte meine Haut zum Frösteln. Die Luft war stickig. In der Ferne hörte ich einen Wolf heulen. Ich hob den Mund, um zu antworte n …
Und fand mich hustend und würgend in Damiens Armen wieder.
„Ich glaube, du gehst nirgendwohin.“
„Na schön.“
Er hob mich wieder hoch und trug mich ins Badezimmer, wo er mich auf dem Toilettensitz absetzte.
„Ich werde jetzt diese Wunde säubern, und ich werde einen Arzt rufen.“
„Damien, das hat keinen Sinn. Du weißt das ebenso gut wie ich.“
Er ließ den Kopf hängen. „Dann lass sie mich wenigstens reinigen, okay?“
„Wenn ich das tue, wirst du mich dann Jessie suchen lassen?“
„Nein. Aber ich werde sie suchen.“
Ich sah ihm in die Augen. Das war der beste Deal, den ich kriegen würde.
Ich zerrte den Kopfkissenverband von meinem Arm. „Dann leg dich mal ins Zeug.“
Sein Lächeln war dasselbe, das ich zu lieben gelernt hatte. Süß, traurig, absolut umwerfend. Ich würde ihn vermissen.
DieWundeanmeinemArmwarblutigundklaffend,undmirwurdeschlecht,wennichsienuransah.Ichwandtemichab,währendereinenLappenbefeuchteteundanfing,dasBlutabzuwaschen.
Nach ein paar Minuten gab er einen ungeduldigen Laut von sich. „Das wird nichts bringen, Leigh. Sie blutet immer weiter.“
Ich widerstand dem Drang zu antworten: Ich hab’s dir doch gleich gesagt .
„Mach mir wieder einen Verband drum.“
„Das muss genäht werden.“
„Dann näh es.“
„Ich werde es vermasseln, und du hast am Ende eine Narbe.“
Ich zog eine Braue hoch. „Eine Narbe? Mich schaudert. Ich bebe geradezu vor Angst. Das wäre ja eine solche Schande.“
Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und hinterließ dabei eine Spur meines Bluts auf seiner Wange.
„Vergiss es einfach“, sagte ich. „Spätestens morgen spielt es sowieso keine Rolle mehr.“
„Das stimmt.“ Er richtete sich auf. „Weil du nämlich heilen wirst.“
Das würde ich nicht. Aber auch das brauchte er nicht zu wissen.
„Ach, übrigens, warum verheilt Hectors Tätowierung eigentlich nicht?“
„Er hat eine Tätowierung? So wie der Cowboy?“
„Offensichtlich, nachdem sie ein- und derselbe sind.“
„Was keinen Sinn ergibt.“
„Wenn du wüsstest.“ Selbst wenn ich dazu in der Lage gewesen wäre, hatte ich weder die Kraft noch die Zeit, ihm diese phänomenalen Gestaltwandler-Fähigkeiten zu erklären.
„Aber es ergibt auch keinen Sinn, dass ein Wolf zur Krähe mutiert“, murmelte er.
„Was ist jetzt mit dieser Tätowierung?“, erinnerte ich ihn, während er mir mit einem Handtuch den Arm bandagierte.
„Was? Oh. Das ist einfach. Man bleibt so, wie man war, als man zum Wolf wurde. Fall s … War es Hector?“ Ich nickte. „Falls er eine Tätowierung hatte, als er zum Werwolf wurde, wird er sie für immer haben. Jede Verletzung danach wird heilen.“
Damien zeigte auf seinen Oberschenkel, und ich erinnerte mich wieder an die dünne, weiße Narbe, die seinen nahezu perfekten Körper verunzierte. „Ich hab mir die als Kind zugezogen. Sie wird niemals verschwinden.“
Das war alles neu für mich. Warum wussten wir bei den Jägersuchern nichts davon? Weil wir nicht innehielten, um ihnen Fragen zu stellen, bevor wir sie erschossen, was vielleicht gar nicht so clever war.
„Aber was ist damit?“ Ich hob meinen verbundenen Arm. „Das ist passiert, bevor ich zum Werwolf wurde.“
„Die Wunde, durch die du mit dem Virus infiziert wurdest, wird heilen.“
„Wie praktisch.“
„Kannst du dir vorstellen, dass die Leute mit herausgerissenen Kehlen herumlaufen? Kein hübscher Anblick.“
Als ich damals bei den Jägersuchern anfing, hatte ich mich darüber gewundert, wie es möglich war, dass Menschen mit tödlichen Verwundungen genesen konnten. Es gab eine einfache, abscheuliche Erklärung. Menschen waren Nahrung, Wenn ein Werwolf jemanden fraß, dann starb derjenige. Wenn er einen biss, ohne einen anzuknabbern, wurde man selbst einer.
„Was ist mit Krankheiten?“
„Die heilen, weil man sie immer noch hat, nachdem man zum Werwolf wurde. Zumindest bis zur ersten Verwandlung.“
„Aber Narben nicht?“
„Tut mir leid, Leigh.“
Er glaubte, ich wäre besorgt wegen meines Rückens. Daran hatte ich noch nicht mal gedacht. Vermutlich würde mir die Narbe bleiben. Was für ein Pech.
„Wer ist
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