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Wolfsgesang - Handeland, L: Wolfsgesang

Wolfsgesang - Handeland, L: Wolfsgesang

Titel: Wolfsgesang - Handeland, L: Wolfsgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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Erinnerungen, zu denen zurückzukehren ich meinen Gedanken niemals erlauben würde, und das eine Mal, dass ich mit jemand anderem als Jimmy geschlafen hatte, war eine dieser Erinnerungen.
    Trotzdem hatte ich noch nie irgendwelchen Sex gehabt, der mit Kratzen und Beißen einherging. Ich konnte das nicht nachvollziehen. Wollte es auch gar nicht.
    „Was ist letzte Nacht passiert?“, fragte Will.
    Jessie klärte ihn schnell auf.
    Wills dunkelbraune Augen verengten sich. „Neun Wölfe wurden gefressen?“ Er drehte sich um und setzte sich wieder an den Tisch. „Ich habe das vorhergesehen. Genau das habe ich vorhergesehen.“
    „Was vorhergesehen?“
    „Vergessen Sie’s.“ Jessie schüttelte den Kopf. „Er ist weg und wird Sie nicht hören, bis er wieder auf die Erde zurückgekehrt ist.“
    Wir beide standen einfach da, vermieden es, uns anzusehen, und beobachteten stattdessen Will, der vor sich hinmurmelnd in irgendwelchen Papieren herumstöberte. Er tippte etwas in den Computer ein, kniff die Augen zusammen, tätschelte sich die Stirn und blinzelte eulenhaft.
    „Hier.“ Jessie bückte sich und hob seine Brille vom Fußboden auf.
    Ohne sie anzusehen oder sich zu bedanken, nahm er sie und setzte sie auf, dann fuhr er fort, vor sich hinzumurmeln, Papiere durchzusehen und auf die Tastatur einzuhacken.
    „Aha“, rief er plötzlich aus, dann tippte er weiter.
    Eine halbe Stunde später schob er sich seufzend die Brille auf die Stirn und drehte sich zu uns um.
    „Weendigo“, sagte er. „Der Große Kannibale.“
    „Noch ein Manitu?“, fragte Jessie.
    „Ja.“
    „Geht das vielleicht ein bisschen verständlicher? Für die Nichteingeweihten unter uns.“
    Jessie breitete die Hände aus. „Dann schieß mal los, Professor.“
    „Sie sollten sich lieber setzen.“ Will deutete auf einen der Küchenstühle.
    „Nur, wenn ich etwas von dem Kaffee bekomme, mit dem Jessie mich die ganze Zeit schon lockt.“
    Er lachte. „Klar. Ich habe gerade eine frische Kanne vorbereitet. Könntest du ihn aufbrühen, Jess?“
    „Kein Problem. Schließlich kenne ich deinen Vortrag schon. Aber erzähl nicht weiter als bis zu den Matchi-auwishuk.“
    Sie verschwand in der Küche, und ich lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf Will. „Matchi-auwishuk?“
    „Die Bösen Geister.“
    He, das wurde ja immer besser.
    „Sie haben von der Sache mit dem Wolfsgott gehört?“
    „Teilweise.“
    „Er wurde in einer Ojibwa-Zeremonie inthronisiert. Dafür wurde ein Totem mit den Zeichen der Matchi-auwishuk benutzt, zusammen mi t … anderen Sachen.“
    „Was für Sachen?“
    „Blut, Tod und Feuer.“
    „Ihre Leute wissen wirklich, wie man eine Party schmeißt.“
    „Wussten sie schon immer.“
    „Wo ist dieses Totem jetzt?“
    „Dr. Hanover hat es. Sie dachte, sie wäre vielleicht in der Lage, es z u … “ Er brach ab und runzelte die Stirn. „Ich weiß nicht genau, was.“
    „Das kenne ich.“ Die meiste Zeit wusste ich selbst nicht, was Elise vorhatte, aber das war völlig okay für mich.
    „Jedenfalls sind die Matchi-auwishuk und die Weendigo die beiden bösen Manitus der Ojibwa-Indianer.“
    „Und ein Manitu ist was genau?“
    „Eine allem innewohnende, spirituelle Kraft. Der Legende nach hat Kitchi-Manitu, das Große Mysterium, alles erschaffen. Manitus sind Schutzgeister der Menschen, und jeder von uns besitzt manituartige Attribute.“
    „In uns allen ist ein Stück von Gott?“
    „Exakt.“
    „Was ist mit den bösen Manitus?“
    „Ich bilde mir gern ein, dass diese nicht in uns allen vorkommen, aber manchmal habe ich so meine Zweifel.“
    Nach allem, was ich gesehen, was ich getan hatte, zweifelte ich ebenfalls daran.
    „Die bösen Geister haben also dabei geholfen, in Miniwa den Wolfsgott zu erheben?“
    „Ja.“
    „Und die Weendigo?“
    „Wartet auf mich!“, rief Jessie aus der Küche.
    Sekunden später kam sie mit drei Tassen beladen ins Zimmer zurück. Ich erkannte schon am Duft des aufsteigenden Dampfs, dass da etwas Köstliches zu mir unterwegs war.
    „Zucker oder Sahne?“, fragte sie.
    Ich schüttelte den Kopf, nippte, schluckte, seufzte.
    Jessie zwinkerte mir zu. „Ich hab doch gesagt, dass sein Kaffee beinahe so gut ist wie er selbst.“
    „Kann er auch kochen?“
    Will lächelte nur, während er trank. Ich wünschte mir, mich in meiner Haut so wohl fühlen, mein Anderssein so gelassen hinnehmen zu können, wie er. Aber ich bezweifelte, dass mir das je gelingen würde.
    „Erzähl weiter, Kumpel“,

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