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Wolfsglut - Handeland, L: Wolfsglut

Wolfsglut - Handeland, L: Wolfsglut

Titel: Wolfsglut - Handeland, L: Wolfsglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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alle paar Stunden geweckt und ihn nach seinem Namen, Alter und meinem Namen gefragt. Er hatte jedes Mal korrekt geantwortet und war dann wieder eingeschlafen. Soweit ich das beurteilen konnte, hatte er keine Gehirnerschütterung. Seine Haare waren so unordentlich wie ein Satz zerwühlter Laken, seine Augen schläfrig. Ich stellte mir vor, seine straffe Brust zu berühren, seinen glatten Rücken zu schmecken, meine Wange an seiner zu reiben, dann meine Beine um seine Hüfte zu schlingen un d …
    Das Totem vibrierte und wisperte. Ich schlug mit der Hand auf meine Hosentasche. „Lass das!“
    Nic, der auf meinen Busen gestarrt hatte, den das dünne T-Shirt, das ich an der Tankstelle gekauft hatte, zweifellos in sämtlichen Details nachzeichnete, riss den Kopf hoch.
    „Entschuldige“, murmelte er. „Ich scheine einfach nicht damit aufhören zu können.“
    Meine Finger, die noch immer auf dem Talisman lagen, begannen zu kribbeln, und ich schaute sie an. Wurden meine Nägel etwa länger, noch während ich zusah?
    Unmöglich. Die Sonne war aufgegangen.
    Nichtsdestotrotz riss ich die Hand weg und legte sie wieder ums Lenkrad. Ich war schrecklich versucht, das weiße Wolfstotem von der nächsten Brücke zu werfen, doch ich wagte es nicht. Vielleicht würde ich es noch brauchen.
    Ich musste es unbedingt zu Edward bringen, zu Will Cadotte, zu irgendwem, der mir helfen konnt e – und das schnell.
    „Könntest du jetzt fahren?“, fragte ich.
    Nic rieb sich das Gesicht. „Klar.“
    Wir wechselten uns den restlichen Tag im Vier-Stunden-Rhythmus am Steuer ab. Drive-in-Restaurants und Tankstellen waren unsere Freunde. Schlechte Straßen, kurvenreiche Umleitungen und mieses Wetter unsere Feinde.
    Als wir uns der Grenze Wisconsins näherten, brach gerade die Dunkelheit herein. Bäume säumten die Straße in solch engem Abstand, dass ich kaum zwischen ihnen hindurchsehen konnte; sie standen in derart dichten Reihen hintereinander, dass sie sich bis in die Ewigkeit zu erstrecken schiene n – oder zumindest bis nach Kanada.
    Hinter jedem Baum lauerten Schatten. Einmal nahmen sie die Gestalt eines Wolfs an, dann die eines Menschen und anschließend irgendetwas dazwischen.
    „Wohin jetzt?“, fragte Nic.
    Ich hatte mir während der Fahrt mithilfe einer Straßenkarte die Richtung erarbeitet, da ich weder die Gelegenheit noch die Software hatte, mir die beste Strecke nach Fairhaven über MapQuest zu suchen.
    Je näher wir meinem Boss kamen, desto nervöser wurde ich. Im Kopf wusste ich, dass ich Nic nicht hätte zurücklassen können, aber im Herzen war ich beunruhigt.
    Dominic Franklin stand das Wort FBI -Agent praktisch auf die Stirn geschrieben. Auch wenn Edward früher selbst einer von ihnen gewesen war, hatte er nun keine Verwendung mehr für sie. Und wofür er keine Verwendung hatte, dessen entledigte er sich oft.
    „Da ist etwas, das ich dir sagen sollte“, setzte ich an. „Mein Boss ist manchmal ziemlic h … “
    „Exzentrisch?“
    „Eher gefährlich.“
    Nicsahzumir,dannwiederaufdieStraße.„Nachallem,wasichherausfindenkonnte,istEdwardMandenauerüberachtzig.“
    „Er kann trotzdem noch mit einer Knarre zielen.“ Besser als jeder andere, den ich kannte, und er schreckte nie davor zurück, sie abzufeuern.
    „Er wird mich erschießen, nur weil ich ihm ein paar Fragen stelle?“
    „Ist schon vorgekommen.“
    Der Blick, den er mir nun zuwarf, war gleichzeitig ungläubig und misstrauisch. Er glaubte mir nicht, trotzdem fiel es ihm schwer, die Überzeugung in meiner Stimme zu ignorieren.
    „Warum hast du bloß solche Angst vor ihm?“
    „Weil ich klüger bin, als ich aussehe?“
    Ich warf ihm seine eigenen Worte an den Kopf und wurde mit einer Grimasse belohnt. „Ich hätte das nicht sagen sollen.“
    „Du warst wütend.“
    Er stoppte den Wagen. Wir waren buchstäblich am Ende der Straße angelangt. Ein Schild zeigte links nach Fairhaven, rechts nach Wausau. Nic zog die Brauen hoch und wartete. Seufzend wies ich mit dem Daumen zur linken Seite.
    Ziemlich lange nach Mitternacht kamen wir in der Stadt an. Alles war still und friedlich. Selbst auf der Straße brannte nicht ein einziges Licht.
    Ich war noch nicht oft in einer Kleinstadt gewesen. Internate lagen meist in der Nähe großer Metropolen, damit die Eltern es leichter hatten, zu einer Stippvisite ein- und dann ebenso rasch wieder

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