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Wolfsglut - Handeland, L: Wolfsglut

Wolfsglut - Handeland, L: Wolfsglut

Titel: Wolfsglut - Handeland, L: Wolfsglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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Menschlichkeit der Betroffenen. Obwohl sie bei Tageslicht einen ganz normalen Eindruck erwecken, haust in ihnen ein Dämon, der darum kämpft auszubrechen. Und dieser flüsternde Dämon bewirkt viele schlimme Dinge.
    Werwölfe in Menschengestalt sind die selbstsüchtigsten Wesen, die überhaupt existieren. In unserer modernen Welt präsentiert sich das menschliche Verhalten zunehmend als aggressiv, getrieben oder ehrgeizig, deshalb ist es ziemlich schwierig, einen Lykanthropen bei Tag zu erkennen.
    Leider gibt es dann keinen Schwanz, keine Fangzähne oder spitze Ohren, die ihn als einen Gebissenen kennzeichnen würden.
    Klar, sie sind böse, aber das Gleiche gilt auch für jede Menge Menschen. Ich war schon immer davon überzeugt, dass es wesentlich mehr Werwolf-Anwälte als Werwolf-Kinderärzte gibt, nur habe ich nie die Zeit gefunden, es zu beweisen.
    Es existiert nur eine einzige Methode, um sicherzugehen: Man muss mit einer Silberkugel auf den Verdächtigen schießen. Falls er explodiert, war er ein Werwolf. Falls nich t … dumm gelaufen.
    Allerdings kann ich nur davon abraten, so etwas zu Hause zu versuchen. Man bekommt eine Menge Schwierigkeiten, falls man sich irrt. Ermittler der Mordkommission schlucken nur selten die Entschuldigung: „Ich dachte, er wäre ein Werwolf.“
    Solche technischen Details konnten Edward jedoch nie aufhalten. Glück für ihn, dass er seine eigenen Gesetze machte.
    In der Ferne erhob sich ein langes, kummervolles Heulen. Der Klang ging mir an die Nieren, allerdings wusste ich nicht, warum. Ich hatte mich nie vom Mond angezogen, vom Rudel angelockt gefühlt.
    Einmal im Monat verwandelte ich mich in seinem silbrigen Schein. Auch wenn ich verabscheute zu werden, was ich war, blieb mir keine Wahl, sobald der Mond seinen Höchststand erreicht hatte. Aber ich genoss diese Nächte nie. Ich durchlitt sie.
    Heute Nacht war das anders gewesen. Ich dachte an die schmerzlose Transformation zurück, an den Ansturm von Energie, das Gefühl von Macht. Der Gedanke, das noch einmal zu erleben, war verlockender, als er sein sollte.
    Was, wenn ich einfach anhalten, aussteigen, pelzig werden und mit den anderen durch die Wälder streifen würde? Wir würden als Einheit jagen und töten. Ich würde nicht länger ein einsamer Wolf sein, gleichermaßen verachtet von den Menschen wie von den Lykanthropen. Ich würde Freunde haben. Eine Familie. Vielleicht sogar einen Geliebten.
    Geistesabwesend tastete ich nach dem Talisman in meiner Tasche. Meine Finger wurden warm; meine Haut prickelte. Ich hörte ein Flüstern, konnte die Worte jedoch nicht verstehen. Ich erkannte die Stimme nicht. Männlich oder weiblich? Echt oder eingebildet?
    Hitze strahlte von meinen Fingern in mein Handgelenk aus. Neugierig sah ich nach unten, und mir entfuhr ein entsetztes Keuchen. Auf meinem Handrücken spross Fell, meine Nägel wurden zu Krallen, und ich hatte dabei nichts anderes empfunden als Wärme.
    Ich ließ den Talisman los und betete in meinem Kopf das Periodensystem der Elemente herunter. Als ich wieder hinsah, war meine Hand bloß eine Hand.
    War das Ganze tatsächlich passiert? Ich hatte von so etwas noch nie gehört. Wenn wir uns verwandelten, wurden wir vollständig zu Wölfen. Wir konnten uns nicht aussuchen, welcher Teil von uns pelzig wurde. Ich hätte es noch mal versuchen sollen, aber ich traute mich nicht.
    Wenn ich zu etwas anderem wurde, als was ich immer gewesen war, wären meine Tage gezählt. Edward würde keine Skrupel haben, mich zu töten, und die anderen ebenso wenig. Auch wenn es schon Momente gegeben hatte, in denen der Tod verlockender war als das Leben, zählte dieser hier nicht dazu.
    Mein Blick wanderte über den noch immer still und friedlich schlafenden Mann neben mir. So idiotisch die Idee auch war, ich wollte mit Nic zusammen sein, solange es ging.
    Angespannt und aufmerksam fuhr ich weiter, schlürfte Kaffee, als wäre es Wasser, und wartete darauf, dass die Sonne am Horizont auftaucht e – oder eine Werwolfarmee, die zwischen den Bäumen hervorstürzte. Zum Glück musste ich nicht lange warten, bis Ersteres eintrat. Die Sonne war genauso zuverlässig wie der Mond.
    Mit dem Tageslicht überkam mich ein Gefühl der Sicherheit. Bei Morgengrauen nehmen Werwölfe wieder ihre menschliche Gestalt an. Falls uns welche gefolgt sein sollten, würden sie sich nun weit weg von zu Hause ohne Kleidung oder ein Auto wiederfinden.
    Nic brummelte etwas und streckte sich. Ich hatte ihn während der Nacht

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