Wolfsglut - Handeland, L: Wolfsglut
besser wurde.
„Ist Elise bei Ihnen?“
Jessie schaute in meine Richtung. „Ja.“
„Hat sie irgendein seltsames Verhalten gezeigt?“
„Abgesehen von ihrer Fähigkeit, sich in Sekundenschnelle von einem Werwolf in eine Frau zu verwandeln, nein.“
Ich streckte ihr die Zunge raus, und sie grinste. Aber ihr Lachen erstarb, als Edward weitersprach. „Es gibt da eine ernst zu nehmende Zusammenrottung von Werwölfen, um die Sie sich kümmern müssen.“
Sie zog sich auf die gegenüberliegende Seite der Lichtung zurück, und obwohl ich zu verstehen versuchte, was Edward ihr sagte, gelang es mir nun nicht mehr.
„Wo?“, fragte sie. „Okay, aber wir haben hier ein kleines Problem mit Sheriff Stephenson. Er ist tot.“ Pause. „Aufgeschlitzte Kehle.“
Es folgte ein unverständlicher Wortschwall, der hauptsächlich aus Flüchen bestand, aber ich konnte mir den Sinn nicht zusammenreimen.
„Sagen Sie Basil Bescheid.“ Jessie seufzte. „Na schön. Er soll den Gerichtsmediziner mitbringen.“
„Wer ist Basil?“, fragte ich, nachdem sie das Telefonat beendet hatte.
„Der Hilfssheriff.“ Ihr Blick schweifte wieder zu der Leiche. „Jetzt wohl der Sheriff. Ein echter Schwachkopf.“
Als sie das nicht weiter ausführte, sah ich Will an, der daraufhin erklärte: „Er ist einer von denen, die noch immer glauben, ein Indianer wäre die Kugel nicht wert, die man braucht, um ihn zu erschießen.“
„Lebt er in einem John-Wayne-Film?“
Wills Mundwinkel zuckten. „Gut möglich.“
„Und dieser Basil bringt den Gerichtsmediziner mit?“
„Nein“, entgegnete Jessie. „Der FBI -Mann.“
Ich glotzte sie an. „Nic ist immer noch hier?“
„Offensichtlich, und das hier ist jetzt sein Problem.“
„Hä?“
„Strengen Sie Ihre Gehirnzellen an, Doc. Tod durch Messerverletzung.“ Sie deutete mit dem Gewehrlauf auf die Leiche. „Keine Werwölfe in der Nähe außer Ihnen, und Sie sind aus dem Schneider. Der FBI -Mann ist hier, und er hat es auch überhaupt nicht eilig wegzukommen.“
Was fast ein ebenso großer Schock war wie der Mord an sich.
„Also kann er sich genauso gut nützlich machen.“ Jessie zwinkerte mir zu. „Und ich meine damit nicht bei Ihnen.“
„Wir fahren also einfach von hier weg und überlassen den Rest dem FBI ?“
„ Wir tun das; Sie nicht.“
„Hä?“, wiederholte ich. Ich war in letzter Zeit verblüffend einfallsreich.
„Will und ich müssen nach Norden. Werwolfattacken oben in Minnesota.“
„Was für eine Überraschung“, spottete Will.
„Und Edward?“
„Der will Ihren Forschungskram holen.“
„Wo?“
„Ich habe keinen blassen Dunst. Sie sollen jedenfalls hier auf den Gerichtsmediziner und den Agenten warten und Fairhaven anschließend verlassen.“
„Abe r … “
Jessie und Will waren bereits am Gehen, aber jetzt drehte Jessie sich noch mal um. „Aber was?“
„Wo soll ich dann hin?“
Jessie öffnete den Mund, dann klappte sie ihn wieder zu. „Das hat Mandenauer nicht gesagt. Rufen Sie ihn an, sobald ihr mit der Leiche fertig seid.“
Ohne ein weiteres Wort verschwanden die beiden im Wald. Wenige Minuten später trug der Wind die Geräusche ihres startenden Wagens herbei.
Innerhalb einer halben Stunde traf ein anderes Auto ein, und kurz darauf traten Nic und ein zweiter Mann durch die Bäume auf die Lichtung.
Nics Augen weiteten sich, als er mich entdeckte. Entweder hatte er nicht damit gerechnet, mich hier überhaupt anzutreffen, oder aber er hatte erwartet, mich pelzig vorzufinden. Seine Züge wurden hart, seine Augen kalt, seine einzige Begrüßung war ein Nicken.
Ich schluckte den Kloß in meiner Kehle hinunter. Wie konnte er nach allem, was wir vorhin geteilt hatten, so tun, als würden wir einander kaum kennen?
Und da nannten sie mich ein Monster.
Ich richtete die Aufmerksamkeit auf Nics Begleiter, einen älteren Mann von mindestens fünfundsiebzig, der mich mit dunklen, traurigen Augen, die an einen Basset erinnerten, anschaute.
Sein Haar war schneeweiß – aber zumindest hatte er welche s – , sein Gesicht vom Alter und den Elementen verwittert. Er sah aus, als hätte er viel Zeit auf verschiedenen Seen verbracht, um abwechselnd in warmem Wasser und Eis zu fischen. Gott weiß, warum.
„Hallo“, begrüßte er mich. „Ich bin Dr. Watchry.“
„Guten Abend, Sir. Ich arbeite fü r … “
Ich brach ab. Beinahe hätte ich Jägersucher gesagt, aber wie viel wusste dieser Mann?
Dr. Watchry sah Nic an, dann wieder mich.
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