Wolfsglut - Handeland, L: Wolfsglut
übrig, als zu sterben.
Wenn ich damit meine Familie retten könnte, würde es mir nichts ausmachen. Aber Billy war auch ohne Fell ein Wahnsinniger.
Er ging um mich herum und schlug Nic die Faust ins Gesicht, sodass dieser bewusstlos zu Boden sank. Mein Sohn, wie auch immer er hieß, spielte einfach weiter, so als wäre nichts geschehen. Im Haus wimmerte das Baby.
„Du bist nicht normal, Doc, und wirst es auch nie sein.“
„Doch, das bin ich. Sieh hin.“ Ich zeigte auf das Haus, den Zaun.
Er lachte und bleckte dabei wieder seine abscheulichen Zähne. „Ich bin deine Zukunft.“
„Du bist tot“, wiederholte ich.
„Ich werde nie wirklich tot sein, weil ich für sie alle stehe. Ganz egal, wie viele du umbringst, es wird immer neue geben.“
„Was, wenn ich ein Heilmittel finde?“
„Wir wollen nicht geheilt werden. Wir genießen das Töten, die Angst.“ Er beugte sich zu mir und nuckelte mit seinem widerlichen Mund an meinem Hals. „Das Blut.“
Ich wehrte mich, aber es hatte keinen Zweck. Er war stärker, verrückter, und das hier war ein Albtraum. Ich konnte nicht gewinnen.
Genau wie im richtigen Leben.
Die Verzweiflung überwältigte mich. Er hatte recht; ich würde nie normal sei n – selbst dann nicht, wenn ich ein Gegenmittel fände. Es würde immer weitere Ungeheuer geben. Sie würden immer hinter mir her sein. Und auf meinen Schultern würde immer die Bürde der Menschen lasten, die ich getötet hatte.
Ganz anders als bei Billy, der sich nie einen Dreck darum geschert hatte, selbst als er noch kein Werwolf war.
„Also.“ Er hob den Kopf und versetzte mir einen solch heftigen Stoß, dass ich rücklings im Blumenbeet landete. „Immer schön der Reihe nach. Ich werde deine Familie töten, das Baby fressen, und dann ficke ich dich. Bist du bereit?“
Aus seinem Mund wuchsen Reißzähne, seine Augen wurden wölfisch, dann sprang er auf den bewusstlosen Nic zu un d …
Ich erwachte schweißüberströmt und mit klopfendem Herzen allein in der Nacht. Eine Sekunde lang dachte ich, dass Billy bei mir im Zimmer wäre, und ein Schluchzen stieg in meiner Kehle hoch.
Ich erstickte den Laut. Billy würden meine Tränen gefallen; er hatte mir bei zahlreichen Gelegenheiten erzählt, wie sehr er es genoss, sie seinen Opfern von den Wangen zu lecken, während sie starben.
Erschaudernd zog ich mir die Decke bis zum Hals, während meine Augen den Raum absuchten und meine Nasenflügel bebten, als ich in der Luft schnupperte. Aber natürlich war Billy nicht da.
Er war tot. Ich hatte ihn umgebracht.
Dieses Wissen war jedoch nicht so tröstlich, wie es hätte sein sollen.
23
DasSchrillendesTelefonserschrecktemichfastzuTode.IchfolgtedemKlingelnindieDieleundnahmdenHörerab.„Hallo?“
Aus der Leitung drangen derart laute statische Geräusche, dass ich das Telefon vom Ohr weghalten musste.
„Hallo?“, versuchte ich es noch mal.
„Schrottplatz.“
Krrrkk!
„Am Stadtrand.“
Noch mehr Statik.
„Der Edsel hinter dem blauen Schulbus.“
Ich konnte die Worte kaum verstehen. Die Stimme erkannte ich nicht.
„Was?“
Zzzrk !
„Formeln.“
Knack .
„Serum.“
„Edward?“
Plopp .
Die Verbindung war abgebrochen.
Ich legte auf und dachte über das Gehörte nach. Edward hatte sich noch nicht gemeldet, aber vielleicht war er in der Zwischenzeit zurück. Auf dem Schrottplatz. Wo er auf mich wartete, damit ich meine Forschungsergebnisse abholte.
Aber was, wenn das gar nicht Edward gewesen war?
Kopfschüttelnd ging ich zurück in mein Zimmer, zog mich an, vergewisserte mich, dass das Amulett noch in meiner Tasche war, dann schnappte ich mir meine Schuhe.
Vor Nics Tür blieb ich stehen und lauschte. Ich konnte ihn tief und gleichmäßig atmen hören. Er schlief.
Gut. Ich würde ihn nämlich nicht mitnehmen. Dieses Mal nicht.
Ich musste meine Arbeitsunterlagen bekommen und frisches Serum herstellen, denn ansonsten würde ich wesentlich mehr tun als mich nur verwandeln. Ich würde töten. Ich würde mich nicht beherrschen können.
Ich lief über die Midtown Road nach Norden. Am Ende der Häuserreihen lag ein nicht eingezäunter Schrottplatz. Ich hatte den Tag verschlafen und von Billy geträumt, und nun streichelte der kühle Schein des Mondes meine Haut. Er würde in wenigen Tagen voll sein, und zusammen mit dem Himmelskörper wuchs mein Hunger. Von diesem Gedanken angetrieben, wagte ich mich in den Metalldschungel.
Für eine solch winzige Stadt gab es hier eine Unmenge alter Autos. Ich
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