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Wolfsherz

Wolfsherz

Titel: Wolfsherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Sicherheit, aber zumindest im Moment nicht in unmittelbarer Gefahr. Die Straße vor ihm war so gut wie menschenleer. Die wenigen Passanten, die er sah, bewegten sich ausnahmslos in die entgegengesetzte Richtung. Gut. Sie würden die Menschenmenge nur vergrößern und es seinen Verfolgern so noch ein bißchen schwerer machen, endlich zu begreifen, daß er nicht mehr da war. Zeit genug für ihn, um zu verschwinden.
    Stefan drehte den Zündschlüssel. Der Motor sprang erst beim vierten Versuch an, und ihm war noch nie zuvor aufgefallen, wie unregelmäßig und laut die Maschine lief. Außerdem stank sie widerlich nach Sprit. Er begriff allerdings auch sofort, daß es nicht der altersschwache Golf war, der sich verändert hatte. Die zwei Tage, die er Roberts BMW gefahren hatte, hatten ihre Spuren hinterlassen. Offenbar gewöhnte man sich an nichts so schnell wie an Luxus.
    Er fuhr vorsichtig aus der Parklücke heraus, wendete auf der schmalen Straße und bog wahllos ein paarmal nach rechts und links ab, bis er sicher war, daß ihn niemand verfolgte. Wahrscheinlich war dieses Manöver überflüssig. Allein die Tatsache, daß er hier im Wagen saß und noch am Leben war, bewies, daß die Männer, welche die Bombe in Roberts Wagen praktiziert hatten, ihn nicht gesehen hatten. Aber er fühlte sich einfach sicherer, nachdem er es getan hatte.
    Stefan sah auf die Uhr und stellte mit ziemlicher Überraschung fest, daß seit der Explosion noch nicht einmal fünf Minuten vergangen waren. Er hatte mehr als genug Zeit, zum Flughafen hinauszufahren und Robert persönlich in Empfang zu nehmen.
    Trotzdem bog er bei der nächsten Gelegenheit in die entgegengesetzte Richtung ab. Das Treffen mit Robert hatte Zeit. Viel wichtiger war es jetzt, in die Klinik zu fahren und nach Rebecca zu sehen. Stefan hatte sich noch nicht endgültig entschieden, aber er war bereits zu achtzig Prozent entschlossen, sie noch in dieser Nacht aus dem Krankenhaus zu holen. Natürlich nicht zu sich nach Hause; aber doch an einen Ort, der wesentlich sicherer war, als die Klinik mit ihrem ständigen Kommen und Gehen. Sie brauchten ein sicheres Versteck, und selbstverständlich würden sie einen Arzt brauchen, der mindestens ebenso verschwiegen wie tüchtig war. Um beides machte er sich allerdings keine Gedanken. Robert würde ihn wahrscheinlich vor lauter Dankbarkeit umarmen, wenn er ihn bat, sein Geld und seine beschissenen Beziehungen endlich einmal nutzbringend einzusetzen.
    Die Ampel vor ihm wechselte von Grün zu Gelb, dann zu Rot. Stefan bremste ab, sah ganz automatisch dabei in den Rückspiegel und registrierte gerade noch, wie der Wagen hinter ihm ausscherte und sich mit einem Satz neben ihn schob.
    Neben ihm stand jedoch kein Honda, und der Mann, der gerade die Seitenscheibe herunterkurbelte und Stefan mit Handzeichen zu verstehen gab, dasselbe zu tun, richtete auch keine automatische Waffe auf ihn. Aber das mußte nicht zwangsläufig bedeuten, daß dieses Treffen sehr viel weniger unangenehm endete: Der Wagen auf der Spur neben ihm war grünweiß lackiert und hatte ein Blaulicht auf dem Dach. Stefans Hände verkrampften sich so sehr, daß er Mühe hatte, nach der Fensterkurbel zu greifen und sie zu betätigen.
    »Guten Morgen, Wachtmeister«, sagte er. Verdammt, war das die richtige Anrede? Er wußte es nicht. Seine Stimme klang nervös. Er
war
nervös.
    »Guten Abend«, antwortete der Beamte. Er hatte ein rundliches Gesicht, war wesentlich älter als Stefan und strahlte eine Aura von Gutmütigkeit, aber auch Stärke aus. In seinen Augen lag ein angedeutetes Lächeln, aber das hinderte ihn nicht daran, Stefan sehr routiniert zu fixieren und wahrscheinlich auch zugleich noch das Wageninnere zu mustern.
    »Haben Sie es sehr eilig?« fragte er .
    »Bin ich zu schnell gefahren?« fragte Stefan erschrocken. Er war ziemlich sicher, nicht zu schnell gefahren zu sein. Schon weil diese lahme Kiste länger brauchte, um die Fünfzig zu überschreiten, als es der Abstand zwischen zwei Ampeln im allgemeinen zuließ.
    »Nein«, antwortete der Beamte. »Aber wenn Sie lebend ankommen wollen, dann sollten Sie besser das Licht einschalten.«
    Stefan sah verdutzt aufs Armaturenbrett hinab. Er war tatsächlich losgefahren, ohne die Scheinwerfer einzuschalten; ein weiterer Beweis dafür, wie nervös er gewesen war. Dazu kam, daß es eine ungewöhnlich helle Nacht war.
    Hastig holte er das Versäumnis nach, versuchte einen möglichst verlegenen Ausdruck auf sein Gesicht zu

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