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Wolfsherz

Wolfsherz

Titel: Wolfsherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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einmal, ihn wirklich zu erschüttern. Hätte der Russe seine Bewegung einfach zu Ende geführt, hätte er wahrscheinlich eine gute Chance gehabt, seine Waffe auf den tierischen Angreifer zu richten und abzudrücken.
    Aber er beging den Fehler, sich von Stefan ablenken zu lassen.
    Sein rechtes Knie stieß vor, kollidierte mit Stefans Nase und brach sie; vermutlich zum zweitenmal. Der Schmerz ließ grelle Lichtblitze vor Stefans Augen explodieren, und der Versuch, sein eigenes Blut zu atmen, war im ersten Moment auch nicht sonderlich erfolgreich. Aber er ließ trotzdem nicht los, sondern klammerte sich nur mit noch verbissenerer Kraft an die Beine des Russen. Der Söldner brüllte vor Wut - im gleichen Moment übrigens, in dem sein Kamerad endlich mit hohen, fast unmenschlich spitzen Schreien seinen Schmerz herausschrie -, krallte seine Hand in Stefans Haar und riß ihm den Kopf mit brutaler Wucht in den Nacken. Wahrscheinlich hatte er vor, seinem Hobby zu frönen und ihm aus allernächster Nähe ins Gesicht zu schießen.
    Er kam nicht dazu.
    Der Wolf sprang ihn aus allernächster Nähe an und riß ihn von den Füßen. Stefan wurde nach hinten geschleudert und schlitterte davon, während der Söldner zwei, drei Meter durch die Luft segelte, dabei einen kompletten Salto schlug und dann überraschend sanft auf dem Boden landete. Der Wolf prallte härter auf. Seine schnappenden Kiefer hatten ihr Ziel diesmal verfehlt, und der Söldner bewies eine erstaunliche Geistesgegenwart: Er versuchte nicht, aufzuspringen oder auch nur in eine bessere Schußposition zu gelangen, sondern feuerte im Liegen auf das Tier; die Kugel hinterließ eine rauchende Spur auf seiner Hose und nahm wahrscheinlich auch noch eine gehörige Portion Haut mit, aber sie traf. Stefan sah, wie der Wolf wie von einem unsichtbaren Faustschlag getroffen und einen guten halben Meter in die Höhe gerissen wurde. In seinen bisher lautlosen Angriff mischte sich ein schrilles gepeinigtes Heulen. Er fiel, versuchte wieder in die Höhe zu kommen und knickte in den Hinterläufen ein.
    Er war jedoch keineswegs besiegt.
    Die Kugel hatte seinen Körper glatt durchschlagen. Stefan sah, wie sich unter seinen gelähmten Hinterläufen rasend schnell eine Blutlache bildete. Der Wolf jaulte noch immer in einer Mischung aus Schmerz und Wut, robbte aber trotzdem weiter auf den Russen zu. In seinen Augen flackerte eine unvorstellbare, mörderische Wut.
    Der Russe stemmte sich auf dem verletzten Arm in die Höhe, zielte mit schmerzverzerrtem Gesicht auf das Tier und verfehlte es; die Kugel schlug Funken aus dem Asphalt und heulte wie ein winziger Meteor davon.
»Barkow!«
schrie Stefan. Es war das erstbeste, was ihm einfiel. Er sprach kein Wort Russisch; und selbst wenn, hätte der Söldner wahrscheinlich auf nichts reagiert, was er ihm zugerufen hätte.
    Außer auf den Namen seines ehemaligen Kommandeurs.
    Für den Bruchteil einer Sekunde war der Söldner irritiert; und für einen noch kürzeren Moment ließ sein Blick den Wolf-Hund, verdammt noch mal! Hund! Hund!
Hund! -
los, und er sah Stefan an.
    Mehr Zeit brauchte der vierbeinige Killer nicht.
    Obwohl seine Hinterläufe gelähmt waren, grub der Wolf/Hund die mächtigen Vordertatzen in den Boden, stieß sich mit einem ungeheuer kraftvollen Satz ab und landete genau auf der Brust des Russen. Einer seiner Vorderläufe schlug nach dem Handgelenk des Mannes und schmetterte ihm die Waffe aus den Fingern. Dann schnappten seine gewaltigen Kiefer zu. Der überraschte Schrei des Söldners ging in ein schreckliches Gurgeln und Blubbern über.
    Stefan hockte eine Sekunde lang wie gelähmt da und sah dem Todeskampf des Mannes zu. Strenggenommen
war
er wohl schon tot, aber aus irgendeinem Grund wehrte er sich noch immer: Seine Fäuste droschen kraftlos auf Kopf und Schultern des Tieres ein, das sich seinerseits tief in seine Kehle verbissen hatte und in irrsinniger Wut daran zerrte und riß. Blutrausch. Stefan fiel keine andere Beschreibung für das ein, was er sah. Das Tier mußte in eine Art Blutrausch verfallen sein; eine andere Erklärung gab es nicht. Sein Opfer war längst tot. Das Zucken seiner Glieder war nur noch ein reiner Reflex und vielleicht nicht einmal mehr das. Der Wolf schüttelte den leblosen Körper mit solcher Kraft, daß seine Arme und Beine einfach hin und her geworfen wurden. Trotzdem ließ er nicht von ihm ab, sondern zerrte und riß mit immer mehr Gewalt an seiner Kehle. Das Tier war in pure Raserei verfallen; ein

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