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Wolfsherz

Wolfsherz

Titel: Wolfsherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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James Bond halte«, antwortete Stefan. Seltsam - er wußte sogar, was Dorn von ihm hören wollte. »Ich hatte Angst, verdammt noch mal, um Rebecca und auch um mein Leben! Ist das eine Schande?«
    »Nein«, antwortete Dorn. »Ich weiß nur nicht genau, ob es die Wahrheit ist.« »Wie meinen Sie das?«
    »So, wie ich es sage«, antwortete Dorn. »Ich bin vielleicht kein guter Polizist, aber ich bin schon verdammt lange in diesem Job. Und selbst ein schlechter Polizist entwickelt im Laufe der Jahre eine gewisse Menschenkenntnis.«
    »Und?« fragte Stefan.
    »Es gibt zwei Dinge, die ich Ihnen nicht abkaufe«, sagte Dorn. »Den Naiven und den Feigling. Sie sind keines von beiden. «
    »Ich verstehe kein Wort«, behauptete Stefan. Innerlich schalt er sich einen Trottel. Nur weil er sein Gegenüber durchschaut hatte, bedeutete das noch lange nicht, daß es Dorn umgekehrt nicht genauso ging. Möglicherweise verfügte der Oberinspektor nicht über Sinne, die, aus welchen Gründen auch immer, plötzlich so scharf wie die eines Wolfs waren, aber es war genau, wie er gesagt hatte: Er war Polizist, und ohne eine gewisse Menschenkenntnis kam man in dem Job nicht weit.
    »Sie wissen verdammt genau, wovon ich rede«, antwortete Dorn. »Ebenso, wie Sie wissen, was hier los ist. Jemand will Ihnen ans Leder, und ich bin ziemlich sicher, daß Sie wissen, wer. Und was den Feigling angeht... ich kenne eine Menge Feiglinge. Keiner von ihnen wäre auf die Idee gekommen, in die Klinik zu fahren und seine Frau herauszuholen. Warum haben Sie mich nicht angerufen?«
    »Weil Rebecca dann jetzt vermutlich tot wäre«, antwortete Stefan.
    »Oder fünf andere Menschen noch am Leben.«
    Stefan preßte die Lippen aufeinander und schwieg. Das Schlimme war, daß Dorn vielleicht recht hatte. Er
hatte
Rebecca gerettet, daran bestand kein Zweifel, aber er hatte auch eine Menge kostbarer Zeit dabei verloren. Vielleicht wäre die Polizei rechtzeitig genug vor ihm dagewesen, um dieses Gemetzel verhindern zu können. Tatsache war, er war nicht einmal auf die Idee gekommen, irgend jemanden um Hilfe zu bitten.
    »Ja«, sagte er leise. »Vielleicht. Es tut mir leid. Menschen begehen Fehler, wenn sie in Panik sind.«
    »Es fragt sich nur, wen Sie damit meinen«, antwortete Dorn. Dann seufzte er tief. »Wie ich schon einmal gesagt habe: Ich bin müde, und es war ein langer Tag. Ich könnte Sie auf der Stelle verhaften und mitnehmen.«
    »Warum tun Sie es dann nicht?«
    Dorns Blick machte ihm klar, daß er nahe daran war, den Bogen zu überspannen.
    »Vielleicht, weil ich einfach keine Lust auf zwei Stunden Schreibkram habe«, antwortete Dorn. »Außerdem sind Sie hier wahrscheinlich sicherer als in einer Zelle im Untersuchungsgefängnis. Geben Sie mir Ihr Wort, das Haus nicht zu verlassen und morgen um zehn in meinem Büro zu erscheinen?«
    »Habe ich denn eine Wahl?« fragte Stefan.
    »Selbstverständlich«, antwortete Dorn ernst. »Sie können
gleich
mit uns kommen.«
    »Dann lieber morgen um zehn«, sagte Stefan. »Heute hätten Sie sowieso keine große Freude mehr an mir. Ich bin ebenso müde wie Sie, fürchte ich.« Er lächelte. »Sie müssen sich also keine Sorgen machen, daß ich Ihnen weglaufe.«
    Dorn blieb ernst. »Das tue ich nicht«, sagte er. »Wie gesagt:
    Ich halte Sie nicht für dumm.«
    »Außerdem würden Sie die Stadt doch niemals ohne das Mädchen verlassen, oder?« fügte Westmann hinzu.
    »Das Mädchen?« Stefan war froh, daß Dorn Robert den Rücken zukehrte, so daß er den Ausdruck auf dessen Gesicht nicht sehen konnte. Er hoffte nur, daß
er
sich besser in der Gewalt hatte. »Eva?« fragte er. »Was ist mit ihr?«
    »Nichts«, antwortete Dorn. »Es geht ihr gut... glaube ich.«
    »Glauben Sie?«
    »Ich habe jedenfalls nichts Gegenteiliges gehört«, sagte Dorn. Er gab sich alle Mühe, beiläufig zu klingen, aber es gelang ihm nicht. Es hätte allerdings keiner übernatürlich scharfen Sinne bedurft, um die Spannung zu fühlen, die plötzlich in seinem Blick lag. »Ich wundere mich allerdings ein bißchen, daß Sie erst jetzt nach ihr fragen.«
    »Wo im Grunde doch alles irgendwie mit dieser Kleinen zu tun hat«, fügte Westmann hinzu.
    Stefan ignorierte ihn. »Rufen Sie mich an, sobald Sie wissen, wie es dem Mädchen geht«, sagte er. »Meine Frau wird nach ihr fragen, sobald sie wach wird.«
    Eine einzelne, aber scheinbar endlose Sekunde lang starrte Dorn ihn nur an, und während dieser einen Sekunde hatte Stefan das immer unangenehmer

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