Wolfsherz
an. »Wie?«
»Wir haben Barkow unsere Adresse gegeben«, erklärte Stefan. »Das mußten wir. Anderenfalls hätten wir niemals die Genehmigung für das Interview bekommen.«
Robert japste. »Seid... seid ihr komplett wahnsinnig?«
»Er hat ein komplettes Dossier verlangt und auch bekommen«, sagte White. »Das ist durchaus üblich in so einem Fall. Barkow war kein kleiner Taschendieb, vergessen Sie das nicht. Solche Leute sind vorsichtig.«
»Aber offenbar nicht vorsichtig genug«, grollte Robert. »Sonst hätte er Sie nicht eingeladen.«
»Stimmt«, antwortete White ungerührt. »Aber das spielt jetzt keine Rolle. Stefan und seine Frau müssen hier weg. Schnell.«
»Wieso?« fragte Robert. »Ich denke, die Polizei ist auf dem Weg hierher.«
»Weil ich nicht für ihre Sicherheit garantieren kann«, antwortete White ungeduldig. »Nicht hier, und schon gar nicht in irgendeiner Zelle im Untersuchungsgefängnis.«
»Sie?«
»Natürlich ich!« White schrie jetzt fast. Stefan hatte ihn noch nie so nervös gesehen. Nicht einmal vor zwei Wochen, als er Barkow erschossen hatte. »Verdammt, ich weiß sehr wohl, daß ich nicht ganz unschuldig an dieser Geschichte bin! Ich hole Ihre Schwester und ihren Mann da auch wieder raus - aber das kann ich nicht, wenn ein übereifriger... Polizist mir ins Handwerk pfuscht.«
Weder Stefan noch Robert war das spürbare Stocken in seinen Worten entgangen; so, als hätte er eigentlich etwas ganz anderes sagen wollen. Gleichzeitig warf White Stefan aber auch einen eindeutig fragenden Blick zu, den dieser allerdings nur mit einem angedeuteten Achselzucken beantworten konnte. Er wußte nicht, wieviel von Whites wirklicher Rolle in dieser Geschichte Rebecca Robert erzählt hatte.
»Wer sagt, daß wir Ihre Hilfe brauchen?« fragte Robert.
»Ich«, antwortete White. »Es tut mir wirklich leid. Aber ich konnte nicht ahnen, daß die Geschichte so eskaliert. Normalerweise lösen sich solche Söldnereinheiten in nichts auf, wenn man ihre Anführer erledigt. Niemand konnte ahnen, daß sein Sohn plötzlich ausrastet und einen Privatkrieg anfängt.«
»Scheint, als hätten Sie Ihre Hausaufgaben nicht gemacht, wie?« fragte Robert spöttisch.
Rebecca kam die Treppe heruntergepoltert, Eva auf dem linken Arm und eine hastig gepackte Reisetasche in der Rechten. White warf ihr einen flüchtigen Blick zu, ehe er antwortete.
»Möglicherweise. Aber ich bringe die Sache auch wieder in Ordnung. Geben Sie mir ein paar Tage Zeit, und der Spuk ist vorbei.« Er drehte sich ganz zu Rebecca um. »Sind Sie soweit?«
»Wohin bringen Sie sie?« wollte Robert wissen.
White lächelte. »Sie erwarten doch nicht etwa im Ernst, daß ich Ihnen das sage?«
Draußen auf der Straße erscholl ein abgehacktes Hupen. Robert fuhr auf dem Absatz herum, war mit zwei Schritten bei der Tür und sah durch das schmale Fenster in der Wand daneben hinaus.
»Scheiße!« sagte er inbrünstig.
»Was ist passiert?« fragte Rebecca.
»Dorn«, antwortete Robert. Er drehte sich nicht zu ihnen um, sondern sah weiter konzentriert aus dem Fenster. Sein Kopf bewegte sich mit kleinen, vogelartigen Rucken hin und her. Er sah ziemlich albern aus. »Und dieser andere... Westermann, oder wie er heißt.«
»Gibt es einen Hinterausgang?« fragte White.
»Nein«, antwortete Robert. Dann verbesserte er sich. »Oder doch. Der Zaun um das Grundstück ist zwei Meter hoch, aber es gibt eine Stelle, an der man hinüberklettern kann. Rebecca kennt sie. Beeilt euch! Ich halte ihn schon irgendwie auf.«
Irgend etwas warnte Stefan, nicht auf Robert zu hören. Sie waren nur hier drinnen sicher. Draußen, außerhalb des Hauses, wartete die Dunkelheit auf sie - und mit ihr unzählige Gefahren, die sich darin verbargen.
Rebecca nahm ihm die Entscheidung ab, indem sie sich herumdrehte und mit weit ausgreifenden Schritten im Haus verschwand. Er mußte ihr folgen, ob er wollte oder nicht. Auf einen Wink Roberts hin schloß sich der junge SecurityMann ihnen an. Stefan war nicht wohl dabei, denn der Mann hatte zwar sein Funkgerät eingesteckt, behielt die Pistole aber in der Hand. Stefan hoffte nur, daß er nicht so dumm war, auf die Polizisten zu schießen; oder die Nerven verlor.
Er holte Rebecca ein, als sie die Küche durchquerte und auf die Tür zum Garten zuhielt. Die Vorstellung, die Sicherheit des Hauses zu verlassen und dort hinauszugehen, erfüllte ihn mittlerweile nicht mehr mit Unbehagen, sondern mit schierer Angst. Er wußte nicht einmal
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