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Wolfsherz

Wolfsherz

Titel: Wolfsherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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von dort wegbringen dürfen«, sagte er. »Sie gehört nicht hierher.«
    Rebecca fuhr auf »Du -«
    »-
weißt genau, daß ich recht habe«, unterbrach sie Stefan. »Sie gehört nicht hierher.«
    Rebecca trat mit zwei schnellen Schritten zwischen ihn und das Bett, als müsse sie Eva selbst vor seinen Blicken schützen. »Ich werde sie nicht zurückgeben«, sagte sie feindselig. »Wenn du glaubst, daß ich sie diesem verrückten Mädchen und ihren Brüdern ausliefere, dann irrst du dich.«
    Er wußte, daß es keinen Zweck hatte. Trotzdem antwortete er: »Sie werden sie sich holen, Becci.«
    »Dann müssen sie mich vorher umbringen.«
    »Das werden sie«, antwortete er ernst. »Du weißt, daß ich recht habe. Ich weiß nicht, wer dieses... ›verrückte Mädchen‹ ist, wie du sie nennst, aber ich habe eine ziemlich genaue Vorstellung davon, was sie und ihre Brüder
nicht
sind. Nämlich normale Menschen.«
    Rebecca lachte unsicher. »Ach nein? Was sind sie dann? Vampire? Werwölfe? Gespenster? Was ist los mit dir? Spinnst du jetzt total?«
    Sie wußte die Antwort darauf so gut wie er. Rebecca war weder blind noch dumm oder auch nur begriffsstutzig. Ganz im Gegenteil. Er hatte es nie ausgesprochen, aber Stefan hatte Rebecca immer für die Intelligentere von ihnen beiden gehalten. Und auch für die Stärkere. Trotz allem war sie das zweifellos noch immer; vor allem, wenn es um Eva ging. Er hatte einen gewissen Vorsprung vor ihr. Durch das, was er erlebt und vor allem getan hatte, sah er ihre Lage vielleicht ein wenig realistischer -falls dieses Wort noch irgendeine Bedeutung hatte -, und vielleicht konnte er ein wenig deutlicher sehen, was geschehen würde. Aber es würde ihm niemals gelingen, sie zu überzeugen.
    Wortlos ging er an ihr vorbei, sah sich eine Sekunde lang suchend um und schraubte dann die Birne aus einer der Nachttischlampen. Rebecca sah ihm stirnrunzelnd zu, aber sie sagte nichts. Stefan zögerte noch einen Moment, dann drückte er entschlossen zu. Die Glühbirne zerbarst mit einem erstaunlich lautem Knall. Glasscherben und die Reste der Fassung regneten zu Boden, und er spürte ein scharfen, dann brennend pulsierenden Schmerz, der sich rasend schnell in seiner ganzen Hand ausbreitete; sehr viel schlimmer übrigens, als er erwartet hatte.
    Stefan blieb einen Moment lang reglos stehen. Von seiner Hand tropfte Blut auf den Teppich, und der Schmerz wurde für einen Augenblick so schlimm, daß ihm übel wurde. Er verbiß sich jeden Laut, sondern ließ noch eine weitere Sekunde verstreichen, dann drehte er sich um und ging zum Fenster zurück. Rebecca folgte ihm. Sie sagte noch immer nichts, aber auf ihrem Gesicht lag ein erschrockener, schwer zu deutender Ausdruck.
    Langsam hob er den Arm, drehte die Hand herum und hielt sie in das silberfarbene Licht, das durch das Fenster hereinströmte. In seiner Handfläche war ein tiefer, heftig blutender Schnitt, der sich vom Daumenansatz fast bis zum letzten Glied des kleinen Fingers hinaufzog. Er konnte die Hand nicht bewegen, ohne daß ihm der Schmerz buchstäblich die Tränen in die Augen trieb.
    In der ersten Sekunde. Dann sank die hämmernde Pein zu einem Brennen herab und verschwand dann ganz. Der dunkelrote, zähe Strom, der aus seiner Handfläche quoll, wurde heller und versiegte.
    »Was... ist das?« hauchte Rebecca. Ihre Augen weiteten sich. Nicht weil sie etwas sah, was sie nicht verstehen konnte., sondern weil sie sich etwas
eingestehen
mußte.
    Von Stefans Handfläche tropfte immer noch Blut auf die Fensterbank und den Boden herab, aber die klaffende Wunde hatte sich bereits wieder geschlossen. Alles, was er noch fühlte, war eine leichte Spannung, und ein Gefühl flüchtiger, aber sehr intensiver Hitze, das kurz durch seine Hand flackerte und dann wieder erlosch.
    Stefan ließ den Arm sinken, wischte das Blut am Hosenbein ab und hob die Hand dann wieder ins Licht. Seine Haut war unversehrt.
    »Das... ist doch nicht... nicht möglich«, stammelte Rebecca.
    »Nein«, bestätigte Stefan. »Ist es nicht.« Aber es geschah trotzdem. Mit ihm und mit ihr. Eine Entwicklung war in Gang gekommen, die immer schneller und schneller wurde, und an deren Ende möglicherweise etwas stand, das er sich nicht einmal
vorzustellen
wagte.
    Das mußt du auch nicht,
flüsterte eine dünne, boshafte Stimme in seinem Kopf.
    Er hatte das Ding hinter der Tür
gesehen,
das zu einem Drittel Mensch, einem Drittel Tier und zu einem Drittel etwas war, das zu grotesk war, um auch nur

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