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Wolfsherz

Wolfsherz

Titel: Wolfsherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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töten.
    Mit zwei schnellen Schritten war er bei ihr, riß sie vom Fenster weg und preßte sie an die Wand daneben. »Bist du verrückt?« keuchte er. »Sie haben Nachtsichtgeräte!«
    »Sie sind dort draußen«, sagte Rebecca.
    »Natürlich sind sie das! Sie -« Erst dann verstand er, was Rebecca überhaupt gemeint hatte. Vorsichtig und mit klopfendem Herzen beugte er sich zur Seite und sah hinaus. Der Garten schien vollkommen ausgestorben zu sein. Nichts rührte sich. Er sah nur ein Durcheinander verschieden tiefer Schatten und ineinanderfließender Umrisse. Aber er
spürte,
was Rebecca meinte. Irgend etwas
    war
dort draußen. Etwas, das sich so lautlos und geschickt bewegte, daß es selbst für seine viel schärfer gewordenen Augen unsichtbar blieb. Etwas, das
jagte.
    »Vielleicht erledigen sie die Russen«, murmelte er.
Und dann uns.
Matt hatte ihnen einen Bärendienst erwiesen, als er auf Sonja schoß. Sie hatten keine Unterstützung von ihr und ihren Brüdern zu erwarten. Im Gegenteil. Er an ihrer Stelle würde jetzt in aller Ruhe abwarten, bis die Russen die Schmutzarbeit für sie erledigt hatten, und dann das Kind holen und mit ihm verschwinden.
    Drei, vier Sekunden lang erwog er ernsthaft die Möglichkeit, einfach abzuwarten, bis der Tanz unten losging, und dann zusammen mit Rebecca und Eva zu fliehen. Ihre Chancen, in dem ausbrechenden Durcheinander davonzukommen, standen vielleicht nicht gut, aber auf jeden Fall besser, als wenn sie hierblieben.
    Er verwarf den Gedanken wieder. Selbst wenn sie den Russen entkamen, würden sie Sonja und ihrem Bruder in die Arme laufen. Und selbst, wenn das nicht geschah...
    Stefan löste seinen Blick für einen Moment von der Straße und sah nach oben, in den Himmel, und zum Mond hinauf. Er spürte das Fremde, die verlockende, flüsternde Kraft, die von ihm ausging, wie eine unhörbare Stimme, die mit etwas tief unten in seinem Bewußtsein kommunizierte und ihm düstere Geschichten aus einer anderen, vollkommen fremden Welt erzählte, es gleichsam damit nährte und seine Kraft steigerte. Er wußte nicht, wie lange er ihm noch standhalten würde. Aber sehr lange würde es nicht mehr sein.
    Und dann?
    Er gestattete sich nicht, über die Antwort auf diese Frage nachzudenken, sondern griff nach dem Fensterriegel und öffnete einen der Flügel. Kalte Nachtluft und eine wahre Sturmflut verwirrender Gerüche und Geräusche stürmten auf ihn ein. Er spürte, daß ihn etwas beobachtete. Etwas, das vor Zorn und Wut bebte, trotzdem aber abwartete, weil es genau wußte, daß die Zeit auf seiner Seite war.
    Unten im Haus fiel ein Schuß. Der Knall war selbst hier oben noch unglaublich laut, und diesmal schien White besser gezielt zu haben, denn er sah, wie Funken aus der Karosserie des Wagens drüben auf der anderen Straßenseite stoben. Zwei lautlose, orangegelbe Blitze aus dem Inneren des Wagens antworteten auf den Schuß. Die Russen hatten offensichtlich Schalldämpfer auf ihre Waffen geschraubt. Trotzdem hätte allein der Lärm von Whites Waffe längst die Nachbarn alarmieren müssen. Wahrscheinlich verschwendete er auch seine Munition aus keinem anderen Grund.
    »Sie kommen«, sagte er. Zwei, vielleicht drei Schatten bewegten sich geduckt und sehr schnell durch den Garten. Menschliche Schatten. Er war sicher, daß White und die anderen unten im Haus sie nicht sahen.
    Stefan hob seine Pistole, zielte auf einen der herausschleichenden Schemen und ließ die Hand dann wieder sinken. Er hatte noch niemals zuvor mit einer Pistole geschossen. Die Wahrscheinlichkeit, daß er traf, war ungefähr eins zu einer Million.
    Statt seine Munition zu verschwenden und Barkows Männern damit auch noch seine Position zu verraten, trat er vom Fenster zurück und reichte Rebecca die Pistole.
    »Ich gehe nach unten«, sagte er. »Bleib hier. Wenn Sonja oder ihr Bruder auftauchen, schieß ihnen in den Kopf.«
    »Wie in den alten Zombie-Filmen?« fragte Rebecca. Sie versuchte zu lachen, aber sie war zu nervös dazu.
    Stefan nickte. »Ich schätze, eine Kugel im Gehirn ist selbst für sie zuviel.«
    Schnell, bevor Rebecca noch etwas antworten konnte, drehte er sich um und verließ das Zimmer. Unten herrschte mittlerweile Totenstille, aber er konnte die Anspannung der Männer wie etwas Körperliches fühlen, das ihm entgegenschlug. White stand noch immer an der gleichen Stelle wie zuvor, aber Dorn und der Bodyguard hatten strategisch günstigere Positionen im Raum eingenommen. Robert hatte sich hinter die

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