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Wolfsherz

Wolfsherz

Titel: Wolfsherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Knochensplittern verwandelt worden war, und Dorn hockte auf den Knien und starrte auf seine linke Hand. Eine Kugel hatte ein sauberes Loch von der Größe eines Fünfmarkstücks hineingestanzt. Roberts gemieteter Bodyguard war tot. Stefan konnte ihn nur aus den Augenwinkeln sehen, aber er wußte, daß in der reglosen Gestalt kein Leben mehr war.
    Aus.
    Stefan spürte, daß er nicht tödlich getroffen worden war. Sein veränderter Metabolismus begann die Wunde bereits zu heilen, und die Regeneration vollzog sich mit phantastischer Schnelligkeit. Er konnte tatsächlich
fühlen,
wie sich sein Fleisch rund um den Schußkanal und die eingedrungene Kugel zu zersetzen und praktisch im gleichen Moment neu und unversehrt zu bilden begann. Wahrscheinlich würde er nur Minuten brauchen, um vollkommen wiederhergestellt zu sein.
    Minuten, die er nicht hatte. Nicht einmal annähernd.
    Einer der beiden Söldner ging mit gemächlichen Schritten um die Couch herum und richtete seine Waffe auf Robert, um seine Schreie endgültig zum Verstummen zu bringen, der andere nahm das leergeschossene Magazin aus seiner MPi und schob ein neues hinein. Stefan dachte flüchtig an Matt, war aber fast froh, daß er nicht hier war. Er würde nichts mehr ändern. Nur ein weiteres Opfer für die Russen.
    Er versuchte sich zu bewegen, und wurde mit einer Explosion rasender Schmerzen in seiner Brust belohnt.
    Ein einzelner Schuß fiel. Die Kugel verfehlte Roberts Gesicht und hinterließ nur einen blutenden Kratzer auf seiner Wange, und der Söldner schüttelte den Kopf und trat noch einen Schritt näher heran - und durch das zerborstene Fenster flog ein gigantischer, schwarzer Schatten herein und prallte gegen den Söldner mit der MPi.
    Dem Mann blieb nicht einmal mehr Zeit für einen Schrei. Die Fänge des Wolfs gruben sich in seine Kehle, noch während die beiden ineinandergekrallten Gestalten zu Boden fielen, und rissen sie heraus. Stefan konnte frisches pulsierendes Blut riechen, und eine Woge von Todesgewißheit, die der Sterbende verströmte, und beides drang in ihm ein und nährte das gestaltlose
Ding
tief in seiner Seele. Der Wolf in ihm rührte sich noch nicht, aber er spürte, wie er an Kraft gewann, sich spannte. Wenn er das nächste Mal erwachte, dann, um nie wieder zu gehen.
    Dafür war der andere, reale Wolf um so schneller. Der Russe, der es auf Robert abgesehen hatte, ließ blitzartig von seinem Opfer ab und wirbelte herum. Er konnte unmöglich gesehen haben, was hinter ihm vorging, aber er registrierte mit den Instinkten eines Kriegers die neuerliche Bedrohung, fuhr herum und riß gleichzeitig seine Waffe in die Höhe.
    White schleuderte seine Pistole. Sie traf den Russen an der Hüfte, wahrscheinlich, ohne ihm wirklich weh zu tun, oder ihn gar zu verletzen, aber der Schlag brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Der kurze, abgehackte Feuerstoß aus seiner MPi verfehlte den Wolf und stanzte statt dessen eine Reihe unregelmäßiger Löcher in die Lehne der Couch; und dann war das Monster auch schon über ihm.
    Der Anprall des Wolfs schleuderte den Mann nach hinten. Er fiel unmittelbar neben Robert zu Boden, versuchte seine Waffe herumzureißen und brüllte vor Schmerz, als sich die Fänge des Wolfs tief in seinen Ellbogen gruben. Stefan konnte hören, wie die Knochen splitterten, und die Woge von Todesangst und Pein, die über ihm zusammenschlug, trieb ihn fast in den Wahnsinn. Er stemmte sich hoch, und diesmal konnte er sich bewegen.
    Aber der Wolf brauchte keine Hilfe. Er biß dem Russen nicht etwa in den Arm - er biß ihn dicht unter dem Ellbogengelenk
ab;
genau, wie es der andere am
    Abend im Krankenhaus getan hatte. Es kam ihm nicht aufs Töten an, sondern nur darauf, seinen Gegner zu entwaffnen.
    Die Schreie des Mannes verstummten. Er lebte noch, aber sein Gesicht war plötzlich starr wie das eines Toten, und der Blick seiner weit aufgerissenen Augen irrte ins Leere. Das Schicksal war grausam genug gewesen, ihn am Leben zu lassen, aber zugleich auch so barmherzig, ihn in einen Schockzustand zu versetzen, in dem er nichts mehr spürte. Wenigstens hoffte Stefan das.
    Der Wolf bewegte sich knurrend ein Stück nach hinten. Er verzichtete darauf, seinem Opfer die Kehle durchzubeißen - er war nicht auf der Jagd, sondern verteidigte seine Sippe -, sondern sah sich nur rasch und sehr aufmerksam im Zimmer um, dann kam er langsam, aber ohne äußere Anzeichen von Feindseligkeit, auf Stefan zu. Seine beunruhigend menschlich wirkenden Augen maßen

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