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Wolfsherz

Wolfsherz

Titel: Wolfsherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Und White war trotz allem geistesgegenwärtig genug, die Hand nicht zurückzuziehen, sondern sie im Gegenteil mit aller Kraft tiefer in den Rachen der Bestie zu schieben. Trotzdem konnte es nur noch Augenblicke dauern, bis der bizarre Kampf vorüber war.
    Barkow beendete ihn auf seine eigene Weise. Er zog seine Pistole und gab zwei Schüsse aus der Hüfte ab, kurz hintereinander und praktisch ohne zu zielen, aber trotzdem mit phantastischer Treffsicherheit. Beide Kugeln trafen den Wolf ins Herz und schleuderten ihn von seinem Opfer herunter.
    White wälzte sich mit einem keuchenden Laut herum, erhob sich auf Hände und Knie und kroch hastig aus dem Bad heraus. »Danke«, keuchte er. »Mein Gott, wenn Sie nicht gekommen wären...«
    »Was ist passiert?« unterbrach ihn Stefan wütend. White, dieser Dummkopf, hätte um ein Haar alles verdorben! Wären sie auch nur einen Augenblick später gekommen, wäre alles, was sie vorgefunden hätten, Whites Leichnam gewesen.
    »Ich weiß es nicht«, stammelte White. »Er... er muß sich totgestellt haben! In einem Moment lag er vollkommen ruhig da. Er hat nicht einmal geatmet, das schwöre ich! Und im nächsten Augenblick hat er mich angesprungen und -«
    Er verstummte. Seine Augen wurden groß, als er die Gestalt erblickte, die neben Stefan stand. Offensichtlich hatte er Bar-kows Anwesenheit bisher nicht einmal bemerkt. Dafür reagierte er jetzt um so schneller: Er richtete sich blitzartig auf die Knie auf und hob die linke Hand, in der er noch immer die Magnum hielt. Auch Barkow legte umgehend auf ihn an.
    Stefan hatte keine Wahl: In einer einzigen Bewegung trat er White die Magnum aus der Hand, drehte sich gleichzeitig halb herum und schlug Barkows Arm zur Seite. Aus der Waffe des Russen löste sich ein einzelner Schuß, aber die Kugel pfiffeinen Meter an White vorbei und fuhr in die Wand.
    Barkows Gesicht verzerrte sich vor Wut. Er schlug nach Stefan, aber der duckte sich blitzschnell unter dem Hieb weg, ergriff Barkows Arm und drehte ihn mit einem Ruck auf den Rücken des Russen. Barkow sank keuchend in die Knie - aber er dachte nicht daran, aufzugeben. Mit einer Bewegung, die Stefan noch vor einer Sekunde für schlichtweg unmöglich gehalten hätte, wand er sich aus seinem Griff, wirbelte in der Hocke herum, wie ein Eiskunstläufer, der eine gekauerte Pirouette zum Besten gab, und streckte gleichzeitig das rechte Bein aus, um Stefan von den Füßen zu fegen. Stefan verlagerte sein ganzes Körpergewicht auf das linke Bein und spannte alle Muskeln darin bis zum Zerreißen an, und Barkows Kreiselbewegung wurde so abrupt abgebremst, daß der Russe vollends das Gleichgewicht verlor und auf die Seite fiel.
    Bevor er Gelegenheit fand, sich von seiner Überraschung zu erholen, packte ihn
    Stefan am Kragen, riß ihn in die Höhe und schmetterte ihn mit solcher Kraft gegen die Wand, daß ihm die Luft aus den Lungen getrieben wurde. Barkow versuchte instinktiv sich zu wehren, aber seine Bewegungen waren schwach und nicht zielgerichtet genug, um Schaden anzurichten. Stefan warf Barkow ein zweites Mal und noch kräftiger gegen die Wand, und seine Bewegungen erschlafften.
    »Hören Sie auf!« schrie er. »Verdammt noch mal, sind Sie verrückt geworden? Ich habe Sie nicht hierher gebracht, damit ihr euch gegenseitig umbringt!«
    Barkow versuchte nicht mehr, sich gegen seinen Griff zu wehren, aber er funkelte ihn haßerfüllt an. »Nein«, zischte er. »Ich weiß, Sie haben mich hierhergebracht, damit der Amerikaner mich -«
    »Ich weiß, was Sie jetzt denken«, unterbrach ihn Stefan. »Aber es ist falsch.«
    »Was?« fragte Barkow höhnisch. »Daß der Amerikaner meinen Vater erschossen hat? Meine Männer... meine Genossen, sie haben gesehen, mit eigenen Augen!«
    »Sie
glauben,
etwas gesehen zu haben.« Stefan lockerte behutsam seinen Griff, blieb aber bereit, sofort erneut zuzupacken, sollte Barkow auf die Idee kommen, diese Chance vielleicht auszunutzen. Als der Russe sich nicht rührte, fuhr er fort: »Wenn Sie mir Ihr Wort geben, keine Dummheiten zu machen, zeige ich Ihnen, was sie
wirklich
gesehen haben.«
    Barkow antwortete nicht gleich. Drei, vier Sekunden lang starrte er White über Stefans Schulter hinweg an. Seine Augen loderten vor Zorn. Aber dann nickte er; eine abgehackte, kaum sichtbare Bewegung, die trotzdem seine ganze Kraft in Anspruch zu nehmen schien.
    »Gut.« Stefan atmete hörbar auf, ließ Barkow los und trat einen Schritt zurück, ehe er erneut die Hand hob.

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