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Wolfsherz

Wolfsherz

Titel: Wolfsherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Rebecca nicht schützen. Wenn dieses Tier angriff, dann würde es erst ihn und dann Becci töten, alles in einer einzigen Bewegung und wahrscheinlich innerhalb einer einzigen Sekunde.
    Sonderbarerweise griff das Tier nicht an. Es kam langsam, fast zögernd näher, leise knurrend und ohne sie auch nur einen Sekundenbruchteil aus den Augen zu lassen. Es hätte sich ebensogut abstoßen und sie mit einem einzigen Sprung erreichen können, aber es verzichtete darauf. Es wollte nicht töten. Es wollte nicht einmal kämpfen. Aber der Sinn seiner Botschaft war so klar, wie es nur ging.
    »Lauf weg«, flüsterte er. Sein Blick bohrte sich in den des Wolfs, und er las die gleichen Worte darin, eine einfache, klare Warnung: die letzte Chance. Die einzige Chance.
    »Becci, lauf weg«, wiederholte er. »Sie wollen nur das Kind beschützen, versteh doch!«
    Der Wolf kam näher. Noch drei Schritte, zwei. Seine Flanken zitterten vor Erregung, und er war jetzt nahe genug, daß Stefan das furchtbare Gebiß sehen konnte; eine doppelte Reihe entsetzlicher Zähne, die kräftig genug waren, einen menschlichen Arm einfach durchzubeißen.
    Stefan spannte sich. Er schätzte das Gewicht des Tieres auf gut fünfunddreißig oder vierzig Kilo. Keine Chance. Der Wolf würde ihn einfach von den Füßen reißen, wenn er ihn ansprang. Und das würde er tun. In spätestens zwei oder drei Sekunden. Etwas in dem düsteren Glühen in seinen Augen änderte sich. Sie hatten die Warnung gehört, aber nicht verstanden.
    »Lauf!«
brüllte er. »Sie

    Ein peitschender Knall schnitt ihm das Wort ab. Der Wolf wurde von einem unvorstellbar heftigen Schlag getroffen und in die Höhe und gut zweieinhalbmal um seine eigene Achse gewirbelt, ehe er zuckend in den Schnee fiel. Praktisch schon im gleichen Moment krachte ein zweiter Schuß, der den anderen Wolf traf und ebenfalls von den Füßen riß.
    Stefan wirbelte herum und wollte sich schützend auf Becci werfen, aber sie war schon nicht mehr da. Statt jedoch davonzurennen, wie er ganz automatisch angenommen hatte, stürmte sie in die entgegengesetzte Richtung - an ihm vorbei und auf die Lichtung hinaus -, so daß er ungeschickt in das Gebüsch hineinstolperte und auf ein Knie herabfiel, ehe es ihm gelang, seinen Sturz zu bremsen.
    Sie schrie. Hinter ihm heulte der Wolf, und auch das Kind begann zu weinen; ein sonderbarer, wimmernder Laut, der sich tatsächlich mehr wie das Jaulen eines Tieres anhörte als ein Geräusch, das einer menschlichen Kehle entstammte.
    Wieder fiel ein Schuß, aber diesmal hörte Stefan an dem darauffolgenden dumpfen Laut, daß die Kugel nichts als Schnee und Erdreich traf. Ungeschickt taumelte er auf die Füße und sah, wie Wissler kaum einen Meter neben ihm aus den Bäumen hervortrat und seine Maschinenpistole in Anschlag brachte.
    Der zweite Wolf hatte aufgehört zu jaulen, aber er war nicht tot, vielleicht nicht einmal besonders schwer verletzt, denn er sprang in diesem Moment in die Höhe, wirbelte mit einem wütenden Knurren herum und stieß sich mit einer ungemein kraftvollen Bewegung ab. In einem einzigen gewaltigen Satz flog er quer über die Lichtung und direkt auf Wissler zu.
    Wissler feuerte. Diesmal hatte er von Einzel- auf Dauerfeuer umgestellt, so daß seine Waffe einen langgezogenen, hämmernden Strom von Explosionen ausspie. Die Kugeln klatschten in die Baumstämme, zerfetzten Blätter und Äste und flogen als heulende Querschläger davon, aber ein Teil der Salve traf auch den Wolf. Das Tier starb noch in der Luft, aber sein Schwung reichte trotzdem noch aus, es gegen Wissler prallen zu lassen und ihn von den Füßen zu reißen. Wissler stürzte hintenüber. Die MPi wurde ihm aus den Händen gerissen und verschwand in der Dunkelheit.
    Stefan war mit einem einzigen Satz in der Mitte der Lichtung. Rebecca hatte sich schützend über das Kind geworfen, aber ihre Jacke und ihr Haar waren voller Blut, und sie lag nicht still, sondern mußte all ihre Kraft aufwenden, um das tobende Kind zu bändigen. Es wehrte sich aus Leibeskräften, trat, schlug, kratzte und versuchte immer wieder, sie zu beißen, wobei es in hohen, jaulenden Tönen schrie.
    »Becci!« Stefans Herz begann zu hämmern, als er sah, daß auch ihr Gesicht und ihre Hände blutverschmiert waren. »Was hast du? Was ist passiert?«
    »Hilf mir!« keuchte Rebecca. »Ich kann sie nicht halten!
    Stefan griff zu, bekam die wild strampelnden Beine des Kindes zu fassen und handelte sich einen so kraftvollen Tritt gegen

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