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Wolfsherz

Wolfsherz

Titel: Wolfsherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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doch!«
    Seine Worte erzielten das genaue Gegenteil der beabsichtigten Wirkung. Rebecca schrie plötzlich auf, sprang auf den Wolf zu, der zwischen ihr und dem Kind stand, und trat nach ihm. Ihre Bewegung kam so überraschend, daß selbst die blitzschnelle Reaktion des Tieres nicht mehr ausreichte. Ihr Fuß traf das Tier gegen den Kiefer und schleuderte es davon. Ihre eigene Bewegung raubte Rebecca das Gleichgewicht auf dem Eis. Sie fiel, rollte herum und warf sich schützend über das schreiende Kind. Eine Sekunde später brüllte sie in schierer Agonie auf, als sich die Zähne des Wolfs in ihre Schulter gruben.
    Stefan versuchte zu ihr zu gelangen, aber ein Wolf sprang ihn an und schleuderte ihn auf die Seite. Blindlings schlug er um sich, spürte, daß er irgend etwas traf und versuchte vergebens, irgendwie in die Höhe zu kommen. Er glitt auf dem Eis immer wieder aus, und er wurde jetzt von mindestens drei Wölfen gleichzeitig attackiert. Zähne gruben sich in seine Wade, seinen Oberarm und seine Schulter, und er spürte, wie warmes Blut über seine Haut lief. Ein struppiges Wolfsgesicht tauchte vor seinen Augen auf, gebleckte Zähne schnappten nach seiner Kehle. Stefan warf mit einer verzweifelten Bewegung den Kopf zurück, grub die Hände ins Fell des Tieres und versuchte mit aller Gewalt, es von sich fortzustoßen. Ein zweiter Wolf grub seine Fänge in Stefans Bein. Er schrie vor Schmerz, aber die Qual gab ihm eher noch mehr Kraft. Mit einer verzweifelten Anstrengung schleuderte er den Wolf von sich, der nach seiner Kehle schnappte, zog das unverletzte Bein an sich und versetzte dem anderen Tier einen Stiefeltritt vor die Schläfe, jaulend ließ es sein Bein los und torkelte davon.
    Trotzdem kam er nicht auf die Füße. Das verletzte Bein gab unter seinem Körpergewicht nach. Er fiel, schlug schwer auf das steinharte Eis und spürte, wie nun auch aus seiner Nase und den aufgeplatzten Lippen Blut lief. Irgend etwas traf seinen Rücken und riß ein Stück aus seiner Jacke. Ein halbes Dutzend rotglühender Drähte schien über seinen Rücken gezogen zu werden, aber er hatte keine Kraft mehr, zu schreien.
    Plötzlich war Wissler über ihm. Seine Kleider hingen in Fetzen, und auch er blutete aus zahlreichen Wunden, aber er hatte nicht aufgegeben, sondern kämpfte im Gegenteil mit einem Ungestüm und einer Wut, die der der vierbeinigen Räuber in nichts nachstand. Seine schweren Stiefel schleuderten den Wolf davon, der Stefan zu Boden gerissen hatte; gleichzeitig schlug er mit dem Gewehrlauf nach einem weiteren Tier, das winselnd das Weite suchte.
    Hastig beugte er sich vor, riß Stefan in die Höhe und zerrte ihn mit sich. Sie beide waren noch am Leben, wie Stefan mit einem Gefühl betäubter Erleichterung feststellte. Das Kind schrie aus Leibeskräften, und Rebeccas Jacke färbte sich schon wieder rot; diesmal allerdings von ihrem eigenen Blut.
    Wissler ließ Stefans Arm los, beugte sich zu Rebecca herab und versuchte sie von dem Kind wegzuzerren. Ebensogut hätte er versuchen können, mit bloßen Händen einen Baum auszureißen. Rebecca preßte das Mädchen mit beiden Armen an ihre Brust und trat nach Wissler. Er taumelte zurück, fluchte - und fiel auf Hände und Knie herab, als ihn ein Wolf ansprang.
    Es war der schwarze Riese. Der Anprall hatte auch ihn zurückgeworfen, aber er war sofort wieder auf den Füßen und sprang Wissler an, als dieser in die Höhe zu kommen versuchte. Wissler stieß mit dem Gewehrlauf nach ihm, traf seine Kiefer und versetzte dem Tier einen Tritt in die Flanke, als es mit einem schmerzhaften Aufjaulen zurücktaumelte. Wissler setzte ihm nach und versuchte ein zweites Mal, mit dem Gewehrlauf seinen Kopf zu treffen. Der Wolf wich dem Stoß aus, wirbelte auf der Stelle herum und schnappte nach Wisslers Arm.
    Wissler schrie. Ein fürchterlicher, berstender Laut erklang, und Wisslers Schrei wurde zu einem hysterischen, schrillen Kreischen, das für einen Moment zu schier unmenschlicher Lautstärke und Höhe anschwoll und dann so plötzlich abbrach, als hätte jemand einen unsichtbaren Schalter umgelegt. Wissler kippte wie in Zeitlupe nach vorne, den blutigen Stumpf seines Armes gegen die Brust gepreßt, während der Wolf rückwärts gehend vor ihm zurückwich. Zwischen seinen Zähnen blitzten das schwarze Metall der Maschinenpistole und rotes, blutiges Fleisch.
    Der Wolf stieß ein schrilles Jaulen aus, wandte sich um und lief mit seiner Beute im Maul davon, und Stefan wußte, daß die

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