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Wolfsherz

Wolfsherz

Titel: Wolfsherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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parkte er seinen Wagen vor dem Polizeipräsidium, stieg aus und fragte sich zu Doms Büro durch. Er erlebte eine Überraschung. Dorn konnte sich eine spitze Bemerkung über seine Verspätung nicht verkneifen, aber das erwartete Verhör fand nicht statt. Dorn nahm seine Aussage vom gestrigen Nachmittag noch einmal zu Protokoll und ließ ihn die Niederschrift unterschreiben. Das, was am vergangenen Abend im Krankenhaus passiert war, erwähnte er mit keinem Wort.
    »Das wäre dann im Moment erst einmal alles, Herr Mewes«, sagte er, nachdem Stefan das Blatt unterschrieben und er es achtlos in eine Schublade seines Schreibtisches geworfen hatte. »Wir melden uns bei Ihnen, sobald unsere Nachforschungen irgend etwas ergeben haben.«
    Stefan sah ihn überrascht an. »Das ist alles?« fragte er. »Kein ›Verlassen Sie die Stadt nicht‹ oder ›Geben Sie uns Bescheid, wenn sie eine Reise planen‹ ?«
    Dorn lächelte so humorlos, wie es nur ging. Seine Stimme klang ein bißchen gestreßt, als er antwortete: »Wir sind hier nicht in einem amerikanischen Fernsehkrimi, Herr Mewes. Und Sie stehen nicht im Verdacht, ein Säureattentat auf den Bundespräsidenten geplant zu haben. Im Moment sind sie nur ein Zeuge.« Er sagte das in einem Tonfall, der klarmachte, daß er das Thema damit für beendet hielt und auch nicht in der Laune war, weiter darüber zu reden. Stefan stand gehorsam auf. Vermutlich gab es eine ganz normale Erklärung für Doms Verhalten; aller Wahrscheinlichkeit nach die, daß er an etlichen anderen, weit komplizierteren Aufgaben saß und dieser Fall nur lästige Routine war, für die ihm im Moment sowohl die Nerven als auch die Zeit fehlten.
    Trotzdem fragte er: »Haben Sie gestern abend noch irgend etwas erreicht?«
    »Ich habe niemanden gesehen, wenn Sie das meinen«, antwortete Dorn, immer noch in leicht ungeduldigem Ton. Er griff nach dem Telefon, begann eine Nummer zu wählen und hörte nach der dritten Ziffer auf, während er den Hörer gegen die Schulter preßte und die linke Hand über der Tastatur des Telefons schweben ließ und fügte hinzu: »Aber die beiden Schwestern am Empfang haben Ihre Aussage bestätigt. Da war tatsächlich ein junger Mann, auf den Ihre Beschreibung paßt.«
    »Und das ist alles?« fragte Stefan.
    Dorn verdrehte die Augen. »Nein, natürlich nicht«, antwortete er. »Ich werde sofort zwei Sondereinsatzkommandos alarmieren, außerdem eine bundesweite Fahndung ausrufen und sämtliche Ausfallstraßen der Stadt sperren lassen. Dazu natürlich auch den Flughafen und den Bahnhof.« Er legte den Telefonhörer mit einer ärgerlichen Bewegung auf die Gabel zurück und sah Stefan durchdringend an. »Ich verstehe Ihre Nervosität, aber glauben Sie mir, Herr Mewes, ich tue, was in meiner Macht steht. Lassen Sie mich einfach meine Arbeit machen, und warten Sie ab, was passiert.«
    »Natürlich«, antwortete Stefan. »Entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht -«
    »Nur noch eins«, unterbrach ihn Dom. »Ich sollte Ihnen das wahrscheinlich nicht sagen, aber, um ehrlich zu sein, ich glaube Ihnen. Aber bitte nehmen Sie einen guten Rat von mir an, und versuchen Sie nicht, irgend etwas auf eigene Faust zu unternehmen. Das betrifft vor allem diesen Maaßen und Frau Halberstein. Sie sollten jetzt nicht ins Krankenhaus gehen, um mit ihr zu reden.«
    Stefan sah ihn verblüfft an. Genau das hatte er vorgehabt, noch bevor er Becci an diesem Tag besuchte. »Warum nicht?« fragte er.
    »Weil sie das nur unnötig aufregen würde«, erwiderte Dom. »Und möglicherweise würde sie es als weiteren Versuch auslegen, sie einzuschüchtern.« Das mochte wahr sein, aber der Gedanke, daß es in der gleichen Klinik, in der Rebecca und das Mädchen lagen, eine Patientin gab, die ihn für die Schmerzen und die Todesangst verantwortlich machte, welche sie ausgestanden hatte und vielleicht noch immer ausstand, gefiel Stefan nicht. Er hatte einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, der sich nicht nur auf andere bezog. Er haßte es auch, einer Sache beschuldigt zu werden, mit der er nichts zu tun hatte.
    »O ja, und noch etwas«, fügte Dom fast seufzend hinzu;
    »Pfeifen Sie Ihren Schwager zurück.«
    »Meinen Schwager? Robert? Was hat er getan?«
    »Seine Telefonrechnung muß diesen Monat ziemlich hoch ausfallen«, antwortete Dorn mit einer Kopfbewegung auf seinen eigenen Apparat. »Das Ding hier hat praktisch geklingelt, seit ich das Büro betreten habe. Ihr Schwager scheint ein ziemlich einflußreicher Mann zu sein, und

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