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Wolfsinstinkt

Wolfsinstinkt

Titel: Wolfsinstinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Seidel
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wirklich nicht brauchen.
    „Dann solltest du dir überlegen, ob du nicht vielleicht in die Berge gehen willst“, sagte Matoskah ruhig.
    „In die Berge?“ Tala sah seinen Vater mit in Falten gelegter Stirn an.
    „In die Zufluchtsstätte der Wächter“, erläuterte Matoskah genauer.
    Neugierig starrte Ricky den alten Schamanen an. Zufluchtsstätte der Wächter? Das klang ... interessant.
    „Ich kann doch nicht einfach so mein Dorf zurücklassen“, warf Tala ein. Natürlich. Tala war kein Mann, der einfach so ein ganzes Dorf im Ungewissen ließ, weil er hereingelegt worden war. „Sie beschuldigen mich zu Unrecht.“
    „Das weiß ich, Tala. Aber im Moment kannst du nichts tun. Ich verspreche dir, dass ich mich um dein Dorf kümmern werde, und ich werde auch dafür sorgen, dass sie begreifen, was wirklich geschehen ist.“ Matoskah klang so ehrlich, wie ein Mann es nur konnte, und Ricky hatte keinen Zweifel an den Worten des Schamanen.
    Sein Blick fiel auf Tala. Der allerdings schien nicht froh darüber zu sein sich nicht selber um diese Angelegenheit kümmern zu können. Gleichzeitig konnte Ricky eine Regung erkennen, die Einsicht zeigte.
    „In Ordnung. Du hast recht, Vater.“
    „Es gibt noch viele Dörfer, die Hilfe brauchen können. Und wer weiß? Vielleicht bringst du dein Dorf in Sicherheit, wenn du den weißen Wolf von hier fortlockst. Inzwischen ist er offenbar so besessen davon, dir das Leben zur Hölle zu machen, dass ich mir sicher bin, er wird euch folgen.“
    Das fand Ricky eher beunruhigend statt verlockend.
    Inzwischen wünschte er sich wirklich, er hätte Tala nicht davon abgehalten, ihn zu töten. Im gleichen Moment verfluchte er diesen Gedanken. Nein. Niemand hatte das Recht, über das Leben eines anderen zu entscheiden.
    „Wo ist diese Zufluchtsstätte?“, fragte er leise.
    Matoskah sah ihn ernst an. „Weit weg von hier, im Mount Murchison, einer der Berge der Kette am Horizont.“
    Okay, das war weiter, als Ricky befürchtet hatte. Er wusste nicht, wie viele Meilen Wald zwischen dem Dorf und den Bergen lagen – und die Bergkette war nicht unbedingt klein. Sie würden wohl lange suchen müssen, um diese ominöse Siedlung der Wächter zu finden. Ricky spürte Talas Hand in seinem Haar und hob den Kopf.
    „Wir werden etwa fünf Tage unterwegs sein“, erklärte Tala sanft. „Zudem ist die Reise durch die Wälder nicht ganz ungefährlich.“
    Das beunruhigte Ricky noch mehr. Wenn Tala als Wolf so etwas sagte, welche Gefahren mussten dann wirklich auf sie lauern?
    „Wären wir schneller, wenn ich – na ja ... Wenn ich mich auch verwandeln könnte?“
    Matoskah lachte leise und nickte. „Das wäret ihr wohl. Aber diese Verwandlung lässt sich nicht erzwingen. Frag Tala. Er hat ewig geübt und meditiert und letzten Endes hat es nicht funktioniert – erst als seine Zeit gekommen war. Und deine wird erst kommen, wenn du deine Dämonen besiegt hast, Ricky. Wenn dein Geist frei ist und unter keinem dunklen Einfluss mehr steht.“
    Ricky seufzte frustriert. Wieso war er so schwach und unbeherrscht gewesen? Es würde vieles einfacher machen, wenn er schon soweit wäre, sich ebenfalls verwandeln zu können. Ihm kam plötzlich ein Gedanke, der eigentlich viel früher hätte da sein müssen: Würde er Alaska je wieder verlassen und nach Hause zu seiner Familie zurückkehren? Wahrscheinlich nicht. Er selbst war in der Stadt nun ebenso fehl am Platz wie Tala es war. Mit einem leichten Lächeln stellte er fest, wie gut es ihm tat, innerlich diesen Schlussstrich zu ziehen und genau zu wissen, dass er seine neue Heimat endgültig gefunden hatte. Hier bei Tala.
    „Deine Zeit wird kommen, Ricky. Da bin ich mir sicher“, sagte Tala. Seine Stimme war leise und warm, sie schenkte Ricky etwas mehr Hoffnung.
    „Ihr solltet vielleicht mit dem nächsten Jägertrupp in zwei Tagen aufbrechen. Bei Morgengrauen“, sagte Matoskah. „Sie werden euch ein Stück begleiten und ihr könnt euch gegenseitig schützen. Ab dem Waldrand seid ihr dann auf euch allein gestellt.“
    Matoskah schien sich Sorgen wegen dieser Reise zu machen, u nd es sah so aus, als ob es ihm schwerfiel, sie ziehen zu lassen.
    Tala machte ebenfalls nicht den Eindruck, als würde er wirklich von hier weg wollen, und Ricky fragte sich unwillkürlich, wie lange Tala eigentlich hier gelebt hatte. Hatte er als Wächter hier sein Haus gehabt und war jeden Abend nach Hause gekommen, bevor sie sich kennengelernt hatten? Einen Augenblick dachte er

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