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Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder

Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder

Titel: Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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die italienischen Kannibalenfilme stehen hatte.
    Er zog Eaten alive heraus und stellte ihn wieder zurück, betrachtete die Einbände von Cannibal Holocaust und The man from deep river , hatte aber nicht die geringste Lust dazu. Er hatte jeden der Filme mindestens zehn Mal gesehen, manche sogar über zwanzig Mal. Er schielte zu der Perle in seiner Sammlung hinüber, das unvollendete Ilsa the Nazi goddess , die ihm zumindest bei den ersten Malen ein Kribbeln im Bauch verursacht hatte, aber nein.
    Ein Loch war in ihm geöffnet worden. Er holte ein russisches Leichtbier aus dem Kühlschrank, schlug den Kronkorken an der Küchenplatte ab und trank die halbe Flasche in einem Zug, um zu sehen, ob es half. Keine Spur.
    Er ging auf den Balkon hinaus und zündete sich noch eine Zigarette an, beobachtete ein paar Kinder, die sich ihre Handtücher über die Schultern gehängt hatten, auf dem Heimweg vom Vigelsjöbad. Braun gebrannt, fröhlich, schlank, sorglos. Jerry ließ sich auf den Hocker sinken und seufzte, zog tief an der Zigarette und ging in sich.
    Ein Loch? War es wirklich ein Loch?
    Nee, er kannte das Gefühl. Ein Hohlraum, der entstand und in den man Sachen hineinwerfen musste. Essen, Alkohol, Filme oder Spannung, bis es aufhörte zu hallen. Dieses Mal war es anders. Als wäre irgendetwas dazugekommen. Eine Befürchtung. Sie war weiß und war kugelförmig in der Größe eines Handballs. Sie wanderte im Körper umher und beunruhigte ihn.
    Er ging eine Runde durch die Wohnung und hielt vor dem Gitarrenkoffer inne, der an die Wand gelehnt im Flur stand. Warum zum Teufel hatte er die Gitarre mitgenommen? Das Letzte, was er jetzt gebrauchen konnte, waren Erinnerungen an seine verdammte Kindheit. Er blieb vor der Gitarre stehen und legte den Kopf schief. Ganz entfernt, wie ein Flüstern durch ein Wasserrohr, hörte er die Stimme des Mädchens. Theres’ Stimme. Glasklar, perfekt.
    Er schauderte und nahm den Koffer mit ins Wohnzimmer, holte die Gitarre heraus. Die Fahrt auf dem Motorrad hatte das Instrument wieder verstimmt, und ohne die Töne von Theres im Hintergrund brauchte er vier Mal so lange, um es neu zu stimmen. Als es okay klang, spielte er C7, nur um zu sehen, ob sich seine Finger noch erinnerten. Sie taten es.
    Er klampfte eine Weile vor sich hin, wobei sich der Zeigefinger zunächst nicht zu einem Barré-Akkord beugen lassen wollte, aber mit der Zeit klappte auch das. Mit wiegendem Oberkörper bewältigte Jerry Eric Claptons Riff aus »I shot thesheriff« und spielte weiter, während er den Text vor sich hin summte.
    Die Zeit flog dahin, und ohne zu merken, wie es dazu kam, spielte er plötzlich eine Folge von Akkorden, die er nicht wiedererkannte. Er schaute auf seine Finger, die sich wie von selbst über den Gitarrenhals bewegten, und wiederholte die Sequenz. Es klang gut.
    Aber was zum Teufel ist das für ein Song?
    Noch einmal, langsam. Er hörte ein Echo von Bowie und auch von The Doors, ahnte eine Melodie hinter den Akkorden, konnte den Song aber nicht einordnen. The Who? Nein. Nachdem er dasselbe noch ein paar Mal durchgespielt hatte, musste er die Tatsache akzeptieren: Diesen Song gab es nicht. Er hatte ihn sich gerade ausgedacht.
    Auf der Rückseite eines Briefumschlags schrieb er sich die Akkordfolge auf. Strophe, Refrain. Es fehlte noch die Bridge. Jerry summte die Melodie der Strophen und probierte die verschiedensten Sachen aus, bis er einen voll funktionsfähigen Übergang hatte, den er vor dem letzten Refrain noch variierte. Nicht perfekt, aber für den Anfang reichte es. Damit konnte er weiterarbeiten.
    Jerry lehnte sich auf dem Sofa zurück und atmete aus. Draußen vor dem Fenster hatte es zu dämmern begonnen. Er betrachtete die Gitarre, den Umschlag voller hingekritzelter und durchgestrichener Akkorde. Er kratzte sich im Nacken.
    Was war denn das jetzt gewesen?
    Mindestens drei Stunden waren vergangen, seit er die Gitarre aus dem Koffer geholt hatte. Nein, nicht vergangen. Vorübergeflogen. Sein Haaransatz war klebrig von Schweiß, und in den roten und geschwollenen Fingerspitzen der linken Hand hatte er fast kein Gefühl mehr. Er wusste, das würde vorübergehen. Ein paar Tage üben, dann kam die Hornhaut.
    17
    Lennart lehnte die wenigen Auftritte ab, die sie während des Herbstes angeboten bekamen, und Laila war nicht traurig darüber. Sie hatte sich plump und tollpatschig gefühlt, als sie bei der Oldtimer-Messe auf der Bühne stand, und obwohl sie die Aufmerksamkeit genossen hatte, war es

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