Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder
Kugel zusammen, wie auch Teresa es getan hatte, und murmelte: »Entschuldige, bitte.«
Teresa lief ebenfalls rot an, aber vor allem deshalb, weil sie heraushörte, dass sie ungerecht zu ihm gewesen war. Sie wollte ihm die Hand auf die Schulter legen, doch stattdessen stupste sie ihn an. »Macht doch nichts. Es war mein Fehler. Hörst du?«
»Du hast gesagt, dass wir uns küssen sollen.«
Teresa seufzte. »Du. Können wir das nicht vergessen?«
Johannes schaute aus seinem Kokon heraus. »Was meinst du?«
»Diese ganze Sache. Können wir das nicht einfach vergessen?«
Vermutlich verstand Johannes, was sie meinte. Alles. Die ganze Mädchen-Junge-Geschichte. Er sagte: »Ich vermute, ja.«
Teresa rollte mit den Augen. Ich vermute, ja . Nee. Johannes war wirklich nicht ihr Typ. Als ob sie überhaupt einen Typ hätte. Mit zwei Schritten und einem Sprung war sie im Wasser. Sie tauchte mit dem Kopf unter Wasser und spürte den dumpfen Schlag mehr, als dass sie ihn hörte, als Johannes hinterhersprang.
Im Oktober verschwand Johannes’ Vater. Eines Tages kam er nach Hause und teilte mit, dass er eine andere kennengelernt habe, dass es schon eine ganze Weile so gehe und dass er jetzt ein neues Leben beginnen und endlich ein bisschen Spaß haben wolle. Er packte zwei Reisetaschen, setzte sich in sein Auto und fuhr los.
So hatte es Teresa am folgenden Tag von Johannes erzählt bekommen, während sie einen Spaziergang machten, um nachzusehen, ob die Schafe immer noch da waren. Johannes hatte seine Hände tief in den Jackentaschen vergraben und starrte geradeaus auf den Weg, während er erzählte. Als er fertig war, fragte Teresa: »Ist es schwer?«
Johannes blieb stehen und schaute auf seine Schuhe. »Eswäre schwer«, sagte er, »wenn er wiederkäme.« Er schaute auf und lächelte schlimmer als die Grinsekatze. »Es wäre ein absolutes Schweineglück, wenn er seinen Arsch fernhalten könnte. Wenn er niemals wiederkäme.«
Teresa zuckte zusammen. Johannes fluchte sehr selten, sie hatte es kaum für möglich gehalten, dass er überhaupt irgendwelche Kraftausdrücke kannte. Jetzt hatte er sogar zwei davon in einem Satz untergebracht. Ein gemeiner Zug spielte um seinen Mund und seine Augen, während sich die Vorstellung in seinem Kopf abspielte.
Die Schafe waren immer noch da, und sie liefen auf die Wiese, ließen ihre Finger durch die Felle gleiten. Johannes war geistesabwesend und antwortete nur einsilbig auf Teresas Fragen.
Vor Kurzem war ein Wolf in dieser Gegend gesichtet worden, und während Teresa zwischen den wolligen Leibern hindurchging, versuchte sie sich vorzustellen, dass sie dieser Wolf war. Die todbringenden Muskeln, die kräftigen Kiefer. Die Wiese ein Schlachtfeld, nachdem sie gewütet hatte. All die goldigen, kleinen Schafe in ihren Eingeweiden.
Warum tun sie das? Töten sie alles, was sie zu Gesicht bekommen?
Johannes und Teresa gingen gedankenversunken weiter. Sie trennten sich, ohne zu verabreden, wann sie sich das nächste Mal treffen wollten.
Teresa ging nach Hause und schlug Wölfe im Internet nach. Sie töten, weil das Fluchtverhalten des Beutetiers den Jagdinstinkt das Wolfs auslöst. Würden alle Schafe stehen bleiben, nachdem das erste getötet wurde, sie kämen davon.
Sie klickte weiter, las weiter. Jede Tatsache führte zu neuen Fragen, und nach ein paar Stunden wusste sie mehr über Wölfe als über jedes andere Tier. Es faszinierte sie, dass es diese mythische Gefahr im heutigen Schweden immer noch gab, wenn auch nur in geringer Anzahl. Erschreckend. Und verheißungsvoll.
11
Am Morgen des ersten Schultags nach den Weihnachtsferien stand Teresa im Badezimmer vor dem Spiegel. Sie hasste ihr Aussehen. Ihre Wangen waren zu rund und ihre Augen zu klein, sie hatte eine Himmelfahrtsnase, und alles zusammengenommen sah sie aus wie ein Schweinchen.
Sie wünschte sich, dass ihr jemand sagen könnte, was sie dagegen tun konnte. Sollte sie sich die Augenbrauen zupfen, Kajal auftragen, sollte sie sich die Haare bleichen? Wenn ihr jemand garantiert hätte, dass es half, würde sie es sofort tun. Aber sie glaubte nicht, dass es helfen würde. Statt wie ein Schwein würde sie wie ein aufgetakeltes Schwein aussehen, und das wäre noch schlimmer. Sie konnte den Spott schon hören.
Aber das Schlimmste war erst in den letzten Monaten dazugekommen. Über dem Bund ihrer Unterhose traten ein paar blasse, dicke Hautwülste hervor. Sie war fett geworden. Die Badezimmerwaage zeigte achtundfünfzig Kilo, nur
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