Wolfskrieger: Roman (German Edition)
knurrend vor den Bauern stehen blieb.
Knirschend rutschte das Boot über die Steine bis zum Wasser. Noch ein Stoß, und es schwamm auf. Vali und Bragi schoben noch einmal kräftig an, sprangen hinein und nahmen die Ruder.
Vali legte sich mächtig ins Zeug. Als sie zwanzig Schritte vom Ufer entfernt waren, blickte er zum Wolfsmann zurück, der jetzt ebenfalls zum Wasser lief. Die Bauern fanden seine Flucht ermutigend und folgten ihm. Vali ruderte weiter, denn sie hatten nicht genug Zeit, das Segel zu setzen. Der Wolfsmann lief eilig ins Wasser, das hoch aufspritzte, und schlug wie ein Wilder auf die Brandung ein. Jetzt erst wurde Vali klar, dass er nicht schwimmen konnte.
Allein die Willenskraft hielt ihn über Wasser, doch er schluckte eine Menge und kam kaum voran. Die Bauern warfen inzwischen mit Steinen. Vali duckte sich und wandte sich an Bragi. Eigentlich wollte er so schnell wie möglich außer Reichweite der Wurfgeschosse kommen, doch nun sagte er etwas ganz anderes. »Hole ihn«, befahl er.
Bragi zögerte nicht, sondern nahm das Boot im Steinhagel herum. Ein Wurfgeschoss prallte von seinem Helm ab.
»Gut, dass ich den habe.« Er tippte sich an den Helm, doch Vali konnte es kaum hören. Höchstens zwanzig Schritte vom Strand entfernt erreichten sie den Wolfsmann. Ständig prasselten Steine ins Boot. Bragi sammelte einige als Munition für Ageirrs Jagdschleuder auf, doch im Boot konnte er nicht das Gleichgewicht halten und gezielt zurückschießen, also beschränkte er sich darauf, lieber eine Sache gut als zwei Sachen schlecht zu machen und steckte die Schleuder weg.
»Wenn ich jemals an diesen Strand zurückkehre, werde ich euch die Steine an eine Stelle stecken, wo sie ganz bestimmt nicht hingehören«, rief Bragi. Er hob den Schild und beleidigte die Männer am Ufer, um sie von Vali abzulenken.
Vali beugte sich vor. Der Wolfsmann strampelte heftig mit den Beinen und schlug auf das Wasser ein. Während Vali sich bückte und Feileg packte, ging Bragi ans andere Ende des Bootes. Die Vernunft sagte Vali immer wieder, dass diese Rettungsaktion eine Dummheit war. Er wusste selbst nicht, warum er diesem gefährlichen Wilden half, aber nach den Erlebnissen im Sumpf würde er nie mehr zusehen können, wie jemand ertrank. War das alles, oder steckte noch mehr dahinter? Die Rune fiel ihm ein, der schwebende Umriss, der ihm in den Visionen erschienen war – der Körper, der zugleich er selbst, der Wolfsmann und Adisla gewesen war. Er packte den um sich schlagenden Mann.
Der Prinz bekam einige Hiebe auf die Schulter und den Rücken ab, ehe er den strampelnden Feileg an Bord gezogen hatte. Als er das Gewicht des Wolfsmannes spürte, schien ihn auf einmal die ganze Müdigkeit der letzten Tage einzuholen – die Schlacht, die Qualen im Sumpf, die Grube, die Flucht an den Strand –, doch dann sah er das Gesicht vor sich, das sein eigenes war.
Auf einmal flogen keine Steine mehr, was Vali seltsam fand. Er zog Feileg ganz ins Boot und nahm wieder das Ruder. Als er und Bragi so weit draußen waren, dass sie gefahrlos das Segel setzen konnten, blickte er zurück. Brunn der Fischer stand vor den anderen am Strand und hielt sie davon ab, weiterzuwerfen.
»Er fürchtet, sie könnten sein Boot beschädigen«, bemerkte Bragi. »Wenn ihr Schweinehunde noch einen Stein schmeißt, hacke ich den Kahn in Stücke und schwimme, nur um euch zu ärgern!«
Vali hatte ein schlechtes Gewissen. Wenn ein Krieg ausbrach, konnte Brunn sich natürlich nicht mehr an seinen Vater wenden. Seine Versprechen waren unerfüllbar. Er hatte einen armen Mann noch ärmer gemacht. Andererseits würde Brunn natürlich nicht verhungern. Die Gemeinschaft würde zusammenhalten, wie sie es immer tat.
Hundert Schritte vor dem Ufer schoben sie den Mast in den Sockel, den die Seeleute die alte Dame nannten, und ließen den ablandigen Wind das Segel blähen. Als das Boot Fahrt aufnahm, blickte Vali noch einmal zum Strand zurück.
»Diesen Ort werden wir nie wiedersehen«, seufzte er.
Bragi war ganz mit praktischen Fragen beschäftigt.
»Wir haben keine Kiste für die Brünne«, sagte er, als er die Rüstung abnahm. »Es wird nicht leicht werden, unsere Sachen trocken zu halten.« Damit hatte er natürlich Recht. Die Ruderbänke waren nur Verstärkungsbretter, die quer durch das Boot liefen. Sie halfen zwar, das Boot zu stabilisieren, boten aber keinerlei Stauraum.
Der Wolfsmann lag hustend am Boden und wirkte sehr krank.
»Der ist wohl kein großer
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