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Wolfskuesse - Mein Leben unter Woelfen

Wolfskuesse - Mein Leben unter Woelfen

Titel: Wolfskuesse - Mein Leben unter Woelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elli H. Radinger
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Tiere in Gemeinschaft zusammenleben. Was war ihr Geheimnis? Ein Grund für mein Interesse war vermutlich auch mein eigenes Scheitern als Familienmensch.
    Ich war ein Scheidungskind. Beide Elternteile heirateten später erneut. Zwar wuchs ich wohlbehütet bei meiner damals alleinerziehenden Mutter und liebevollen Großeltern auf. Trotzdem bin auch ich den Weg vieler Scheidungskinder gegangen: Unfähig, Nähe aufzubauen, Menschen zu vertrauen oder Konflikte auszuhalten, stand ich später selbst vor den Trümmern meiner Ehe.
    Heute glaube ich, dass wir beide, mein Mann und ich, von Anfang an keine Chance hatten. Wir lernten uns beim Skifahren kennen und zogen innerhalb von vier Wochen zusammen. Wohl wissend, dass das Geschäft meines Partners kurz vor dem finanziellen Ruin stand, stürzte ich mich in die Aufgabe, wenn schon nicht die Welt, so doch wenigstens den Mann meines Lebens zu retten. Stattdessen wurde ich mit in den Abgrund gerissen. Aber wir lebten, als gebe es keine Geldprobleme, kein Morgen. Wir bauten ein Kartenhaus aus Illusionen |98| auf, das schließlich zusammenbrach und uns begrub. Alkohol, ständige Umzüge und vergebliche Arbeitssuche ließen die Spirale des Scheiterns nur noch schneller rotieren. Mit einer Blitzheirat in Las Vegas hofften wir auf einen Sieg der Liebe über die Vernunft – vergeblich. In einem Kreislauf aus enttäuschten Erwartungen, verlorenen Hoffnungen und Schuldzuweisungen versuchten wir qualvoll, aneinander festzuhalten, bis wir schließlich eines Tages endlich loslassen und uns einvernehmlich trennen konnten.
     
    Und nun stand ich in Yellowstone und versuchte von den Wölfen das Geheimnis einer glücklichen Familie zu erfahren.
    Wölfe sind sehr familienorientiert. Es gibt keine Patchworkfamilien, Lebensabschnittspartner oder Altenheime. Eine Wolfsfamilie ist eine Art Großfamilie, bestehend aus einem Elternpaar, dem ein- bis zweijährigen Nachwuchs sowie Onkeln und Tanten. Die Wolfseltern haben ein ausgeprägtes Pflichtbewusstsein und sind Vorbild für die Jungtiere, die sie genau beobachten und so lernen, erwachsen zu werden. Wer die Gruppe führt und das Sagen hat, entscheidet sich immer situationsbedingt.
    Warum gelingt Wölfen das, was Menschen so selten schaffen: eine Partnerschaft, bis dass der Tod sie scheidet?
    Ich glaube, dass zwei Faktoren dafür ausschlaggebend sind, dass Wolfspaare ihr Leben lang zusammenbleiben.
    Erstens: Sie konzentrieren sich auf das Wesentliche. Alle arbeiten zusammen zum Wohle der Familie.
    Zweitens: Es findet eine ständige Kommunikation statt, und es gibt gemeinsame Rituale, die verbinden.
    Die meisten Wolfseltern leben ein ganzes Leben lang monogam zusammen. Allerdings gibt es auch Ausnahmen. Wenn, wie in Yellowstone, reichlich Platz und Beute vorhanden sind, bilden sich Großkommunen wie zu Hippie-Zeiten. Dann kann es passieren, dass neben der Leitwölfin auch andere Weibchen einer Wolfsfamilie Welpen bekommen. So bekamen beispielsweise bei den Sloughs mehrere Jahre hintereinander |99| jeweils vier Wölfinnen Junge. Jede Wölfin hatte ihren eigenen Bau. Aber gelegentlich – besonders wenn die Gruppe zur Jagd aufbrach – brachten die Mütter alle ihre Welpen in eine Höhle und kümmerten sich abwechselnd um die Kleinen. Quasi eine Form von Wolfskindergarten. Aber auch hier blieben die Leitwölfe zusammen, während die erwachsen werdenden Kinder nach und nach abwanderten, um eigene Familien zu gründen. Besonders fürsorglich kümmern sich Wolfsväter um ihren Nachwuchs. Sie sind regelrecht verrückt nach ihnen. In einer Wolfsfamilie wird niemand im Stich gelassen. Auch alte oder kranke Tiere werden versorgt.
    Wolf 113 war der Chef der Agate-Wölfe. Bei einem Kampf mit einem fremden Wolf riss ihm dieser die Hoden heraus. Wir wussten nicht, ob er überleben würde. Blutend lag er auf einem Hügel im Revier der Agates. Doch die anderen Wölfe seiner Familie kümmerten sich um ihn. Sie leckten ihm seine Wunden und brachten ihm Fleischstücke mit. Langsam kam Wolf 113 wieder zu Kräften. Nach einigen Tagen konnte er wieder aufstehen und ein paar Meter herumlaufen, bevor er sich wieder hinlegte. Es war Paarungszeit, und der alte Leitwolf konnte nicht mehr für Nachwuchs sorgen. So übernahm ein anderes Mitglied der Familie diese Aufgabe. Gemeinsam mit der Leitwölfin kümmerte er sich auch um den kranken Wolf. Ganz automatisch besetzte er die Führungsposition.
    Hatte ich nicht immer gelesen, dass kranke oder schwache Wölfe von den

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