Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss
Anrufbeantworter schaltete sich ein. „Hier ist William Cadotte. Ich bin im Moment nicht da, aber wenn Sie eine Nachricht hinterlassen, rufe ich Sie so schnell wie möglich zurück. Meine Bürostunden sind montags bis freitags von eins bis drei.“
Ich sah auf meine Uhr. Ich hatte ihn knapp verpasst.
Biep!
Das laute Geräusch ließ mich zusammenfahren. „Ic h … ähm, hier ist J…, ich meine Officer McQuade. Wir haben uns gestern getroffen.“
Ich musste ebenso idiotisch geklungen haben, wie ich mich fühlte, denn Mandenauer hob den Blick von seiner Karte und musterte mich mit hochgezogenen Brauen.
Ich kehrte ihm den Rücken zu, nur um mich Auge in Auge mit Clyde wiederzufinden, der in der Tür zu Bozemans Büro stand.
Verflixt, konnte ich noch nicht mal in Ruhe meinen Anruf machen, bevor er mir wieder auf die Pelle rückte?
„Ich brauche das Totem unverzüglich zurück. Rufen Sie mich an.“
Ich unterbrach die Verbindung, dann steckte ich das Handy zurück in die Tasche an meinem Gürtel. „Lassen Sie uns gehen“, rief ich Mandenauer zu. „Ich bring Sie zum Unfallort.“
„Jessie“, sagte Clyde.
Ich stieß einen übertriebenen Seufzer aus. „Ja?“
„Ich werde Karen Larsons Haus überprüfen. Dann musst du das nicht machen.“
Ich nickte knapp, dann flüchtete ich aus dem Büro des Gerichtsmediziners. Wenige Momente später waren Mandenauer und ich in meinem Streifenwagen und auf dem Weg zum Highway 199.
Ich war immer noch ein bisschen angesäuert wegen Clydes Befehl, mich von Cadotte fernzuhalten. Nicht dass ich vorgehabt hätte, öfter in seiner Nähe zu sein als notweni g – ich mag sarkastisch sein, aber ich bin nicht dum m – , doch Clydes Drohung sorgte lediglich dafür, dass ich Cadotte nur zum Spaß noch ein paarmal treffen wollte. Ich schätze, das macht mich außerdem auch noch zu einem Dickkopf.
Wiepraktisch,dassCadottesBlockhausgenauinderGegendlag,indieic h – vonClyd e – beordertwordenwar,umsieunserem Gast zu zeigen.
Mandenauer schwieg auf der Fahrt zum Unfallort. Ich sah einmal kurz zu ihm rüber. Er hatte den Kopf gegen die Nackenstütze gelehnt und schien zu schlafen, nur dass seine Augen nicht ganz geschlossen waren. Ich konnte das Weiße unter seinen flatternden Lidern sehen.
Gruselig. Ich hätte ihn für tot gehalten, wäre da nicht das langsame und stetige Heben und Senken seiner eingefallenen Brust gewesen.
Das wäre das Letzte gewesen, was mir noch gefehlt hätte: Clydes kostbarer Jäger-Sucher tot in meinem Auto.
Ich parkte den Crown Victoria am Straßenrand. Die Bremsspuren von Karen Larsons Geländewagen zeichneten sich dunkel auf dem grauen Asphalt ab. Ich sah wieder zu Mandenauer. Er war wach.
„Gibt es irgendetwas, das Sie mir über den Unfall sagen möchten? Irgendetwas, das ich wissen sollte, um das hier so schnell wie möglich zum Abschluss zu bringen?“
Er starrte mich derart intensiv an, als könnte er mich allein durchseinenWillendazuzwingen,einGeheimnis,dasichhütete, preiszugeben. Aber ich hütete keins. Abgesehen von meiner peinlichen sexuellen Verblendung den Professor betreffend. Doch das würde Mandenauer nicht helfen, den Wolf zu töte n – oder inzwischen wahrscheinlicher die Wölfe.
„Haben Sie meinen Unfallbericht gelesen?“
Er nickte. „Bevor Sie aufs Revier kamen. Die Sache scheint, wie Sie schon sagten, eindeutig zu sein.“
Ich dachte über das Totem nach, über Karens seltsames Verhalten am Unfallort und ihr noch seltsameres Verhalten später.
„Oder vielleicht doch nicht?“, murmelte er.
Ich überlegte, was ich ihm sagen sollte und was nicht.
Es würde Mandenauer nicht helfen, den Wolf zu finden, wenn ich ihm von dem Totem erzählte. Aber ich war an diesem Tag schon genügend angeschnauzt worden, um nicht alles auszuspucken, was ich wusste, also berichtete ich ihm das Wesentliche.
„Das ist der Grund, weshalb der Sheriff so aufgebracht war?“
Ich warf ihm einen schnellen Seitenblick zu. Die Bürotür war während meiner Unterredung mit Clyde geschlossen gewesen.
„Sheriff Johnston verfügt über eine sehr laute Stimme, und ich selbst habe trotz meiner vielen Jahre auf dieser Erde noch immer sehr gute Ohren.“
Ich zuckte die Achseln. „Ich weiß nicht, was das Totem bedeutet. Es könnte schon seit Wochen dort gelegen und nicht das Geringste mit diesem Unfall zu tun haben.“
„Vielleicht.“ Mandenauer stieg aus dem Auto. Ich folgte seinem Beispiel. „Vielleicht aber auch nicht“, setzte er
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