Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss

Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss

Titel: Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
Vom Netzwerk:
Vordertür hinauf. Es schien niemand zu Hause zu sein, obwohl ich nicht weiß, warum ich das dachte, da es kein Auto gab und auch nie gegeben hatte, das einen Hinweis darauf geliefert hätte. Ich klopfte. Niemand öffnete, was meine Vermutung bestätigte.
    Ich schirmte meine Augen ab und drückte meine Nase gegen das Fenster in der Tür. Ein zähnefletschender Wolf starrte mich an.
    „Scheiße!“
    Ich machte einen Satz nach hinten. Mein Herz hämmerte, mein Atem ging in kurzen Stößen, meine Hand krallte sich um den Griff meiner Pistole, während ich darauf wartete, dass das Tier jede Sekunde durch das Glas brechen und sich auf mich stürzen würde.
    Nichts geschah.
    Ich schlich mich zum Fenster zurück und spähte wieder hindurch. Der Wolf war immer noch da. Aber er würde mich nicht jeden Moment angreifen, weil er nämlich überaus tot war. Oder zumindest sollte er das sein, denn er hing an der Wand gegenüber der Haustür.
    Ich weiß nicht, warum der Wolf mich derart aus der Fassung brachte. Ich hatte selbst Kopf-Schulter-Präparate von Rotwild an meinen Wänden. Warum Trophäen schießen, wenn man sie anschließend nicht zur Schau stellt? Essen kann man sie ganz bestimmt nicht. Sie schmecken wie stinkige Schuhe, die in ranzigem Abwasser gekocht wurden.
    Allerdings benutze ich die Geweihe in meiner Wohnung, um meine Siegesmedaillen an ihnen aufzuhängen, und gelegentlich auch, um meine Unterwäsche an der Luft zu trocknen. Ein präparierter Wolfskopf hätte für mich überhaupt keinen Nutzen.
    Ich fragte mich, warum Cadotte einen besaß.
    Ich trat an den Rand der Veranda. „Sind Sie fertig?“, rief ich.
    Die Antwort war das ferne Heulen eines Wolfs.
    Er war zu weit weg, um eine Bedrohung darzustellen, trotzdem ließ mich das Geräusch von der obersten Verandastufe springen und zu der Stelle rennen, wo ich den alten Mann zurück­gelassen hatte.
    Er war nicht dort.
    Fluchend folgte ich dem Pfad. Vielleicht hätte ich ihn warnen müssen, sich nicht zu verlaufen. Aber er war ein großer Junge. Doch die Zahl der Menschen, die sich in diesen Wäldern verirrten und starben, stieg von Jahr zu Jahr.
    Falls ich Clydes Elite-Wolfsjäger verlieren sollte, wäre mein Ruf für den Rest meines Lebens ruiniert.
    Ich rief nach ihm, aber vergebens. Ich suchte nach ihm, ebenfalls vergebens. Plötzlich fiel mir auf, dass der Wald ganz still geworden war. Zu still. Sogar die Vögel waren verstummt. Etwas pirschte sich heran.
    Wieder ertönte der Ruf des Wolf s – diesmal näher, und ein zweiter Wolf antwortete ihm.
    Warum heulten sie am helllichten Tag? Hatte Mandenauer ihre Verfolgung aufgenommen? Er trug keine Waffe bei sich, zumindest keine, die mir aufgefallen wäre.
    Das Flüstern sich regender Blätter drang an mein Ohr. Ich sah nach oben. Die Wipfel der Bäume waren so still wie ein See bei Neumond. Jegliche Brise war erstorben. Aber was raschelte dann im Unterholz?
    Das Knacken eines Zweigs. Ich erstarrte. Was immer dort auch war, tat das Gleiche. Ich hielt die Pistole in der Hand. Ich weiß nicht, wann ich sie gezogen hatte. Ich war bloß froh, dass es so war.
    Im Dunkeln ist es im Wald beinahe unmöglich zu bestimmen, aus welcher Richtung ein Geräusch kommt. Ich stellte fest, dass es bei Tageslicht genauso unmöglich war. Ich stand mitten zwischen den Büschen und Bäumen, während mein Nacken prickelte. Ich wurde beobachtet.
    „Mandenauer?“, schrie ich. „Kommen Sie sofort zurück!“
    Das müsste eigentlich funktionieren , spottete mein Verstand. Wenn er hier wäre, würde er hier sein .
    Mein Atem ging keuchend; mein Herz raste; ein Rinnsal von Schweiß lief zwischen meinen Brüsten hinunter zu meinem Bauch. Ich entsicherte die Waffe, und die Vögel begannen wieder zu zwitschern.
    Eine Bewegung am Rand meines Sichtfelds sorgte dafür, dass ich mich duckte und die Pistole in diese Richtung schwang. Mandenauer wölbte eine Braue. „Himmel, sind wir aber schreckhaft.“
    Ich sicherte die Pistole, steckte sie jedoch nicht zurück ins Holster. „Ja, das sind wir . Wo waren Sie?“
    „Da drüben.“
    Er deutete vage in eine Richtung. Durch die Bewegung schmiegte sich sein Hemd eng an seinen Körper, und ich erkann­te den Umriss einer Schusswaffe. Ich hätte es eigentlich wissen müssen.
    „Haben Sie die Wölfe gehört?“, fragte ich.
    „Ich bin nur alt, nicht taub.“
    „Sie haben sie nicht verfolgt, oder?“
    Er schüttelte den Kopf. „Das sind nicht die Tiere, die ich suche.“
    Ich runzelte die Stirn.

Weitere Kostenlose Bücher