Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss
drehte mich um. „Wie sollen wir erklären, dass Zee und Clyde einfach so verschwunden sind?“
„Wir verfügen über eine ganze Abteilung, die nichts anderes tut, als das Verschwinden von Personen zu erklären. Darum brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen.“
Ich wandte mich wieder der Sonne zu. Eine von der Regierung sanktionierte Spezialeinheit. Vermisstenfälle, für die irgendwelche Geheimagenten plausible Erklärungen lieferten. Menschen, denen im Mondschein ein Fell wuchs. Kleine, alte Damen, die Götter sein wollten. Und jede Menge andere Dinge, die ich erst noch entdecken musste.
Ich hatte okkulten Hokuspokus nie gemocht. Falls es da draußen noch eine andere Welt gab, die nicht in einer Realität wurzelte, die ich verstand, dann würde das sichere, rationale Universum, das ich so schätzte, zerbröckeln. Ich wollte, dass die Dinge einen Sinn ergaben, auch wenn nur wenige es taten. Aber die Weigerung, an das Unglaubliche zu glauben, brachte es nicht zum Verschwinden. Stattdessen wurde es nur stärker.
Ich glaubte nicht, dass ich hierbleiben und weiter so tun könnte, als ob Miniwa sicher wäre. Ich könnte keine Strafzettel ausstellen und Kneipenschlägereien beenden, solange da draußen Werwölfe umherstreiften.
Ein heller Farbtupfer am Waldrand zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Etwas Weißes bewegte sich auf und ab, kam dabei immer näher. Ich schob die Glastür auf und trat ins Freie, aber es war verschwunden.
„Es ist Cadotte“, sagte Mandenauer direkt hinter mir.
Da ich dasselbe gedacht und gehofft hatte, ebbte der Schmerz in meiner Brust etwas ab, während ich mich über das Geländer lehnte.
„Falls Sie sich entscheiden, ein Jäger-Sucher zu werden, können Sie eine solche Bindung nicht aufrechterhalten.“
Ich brauchte einen Moment, um zu kapieren, dass er von Cadotte sprach.
„ Jäger-Sucher spüren das übernatürlich Böse auf, Kreaturen, die auf entsetzliche Weise töten. Wir können nicht zulassen, dass man irgendjemanden als Druckmittel gegen uns verwendet. Oder wegen uns verletzt. Verstehen Sie, was ich meine?“
Ich verstand. Ich musste wählen. Will oder der Job. Früher wäre die Entscheidung leicht gewesen. Heute nicht mehr.
So sehr ich mir auch wünschte, Werwölfe zu jagen, wünschte ich mir noch mehr, mit Will zusammen zu sein. Ich wollte nicht zu dem Leben zurückkehren, das ich geführt hatte, bevor er ein Teil davon geworden war. Ich glaubte nicht, dass ich es könnte. Ich brauchte ihn. Die Frau, die ich geworden war, seit ich William Cadotte kannte, war die Frau, die ich sein wollte.
Ich wandte mich von den Wäldern ab. „Danke für das Angebot, aber ich muss mich für Cadotte entscheiden.“
Er blinzelte. „Wie bitte?“
„Sie haben richtig gehört.“
„Abe r … aber, Jessie. Die Welt wird gerade von Monstern überrannt.“
„Und das tut mir wirklich sehr leid. Aber ich liebe ihn. Ich hätte nie gedacht, dass ich je so für jemanden empfinden könnte oder jemanden treffen würde, der für mich das Gleiche empfindet. Ich werde das nicht aufgeben. Noch nicht mal, um die Welt zu retten.“
Seine Miene wurde finster, und er stieß einen langen, gekränkten Seufzer aus. „Es war nett, mit Ihnen zu arbeiten. Sie wären eine große Bereicherung für mein Team gewesen.“
Er schüttelte mir die Hand, verbeugte sich mit steifer Förmlichkeit, schaffte es, nicht die Hacken zusammenzuschlagen, dann verließ Edward Mandenauer mit einem letzten Nicken meine Wohnung.
„Du hast meinetwegen die Welt den Wölfen zum Fraß vorgeworfen?“
Ich schrie auf und wirbelte herum. Cadotte stand auf meinem Balkon. „Ich hasse es, wenn du das tust!“
„Du meinst, ich sollte mehr Krach machen, wenn ich mich an dich ranschleiche?“
„Ganz genau“, grummelte ich und rieb mir mein Brustbein, unter dem mein Herz raste und pochte.
An seinem Ohr klebte ein Pflaster; sein Arm war bandagiert. Ein Auge war beinahe zugeschwollen. Er hatte für mich noch nie besser ausgesehen.
Er schlang seinen gesunden Arm um meine Taille, zog mich an sich und küsste mich sehr lange.
Als er schließlich den Kopf hob, waren meine Augen schwer, aber mein Herz raste noch immer. Er rieb seine Nase an meiner Schläfe, küsste mein Haar.
„Noch nie hat jemand etwas für mich aufgegeben.“
„Tatsächlich? Lass es dir bloß nicht zu Kopf steigen, Kumpel.“
„Ich bezweifle, dass du das zulassen würdest.“
Wir standen da und umarmten uns. Ich hielt ihn ganz fest. Ich wollte ihn nicht
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