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Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss

Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss

Titel: Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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das.
    Als ich mich neben ihn setzte, stießen unsere Hüften zusam­men.IchrutschteeinStückweg.Erfolgtemirundpresstesei­­nen jeansbekleideten Oberschenkel gegen meinen. Ich warf ihm einen raschen Seitenblick zu und stellte fest, dass er die Papiere betrachtete und nicht mich. Ich ließ mein rechtes Bein, wo es war.
    „Siehst du das hier?“
    Ich folgte seinem Finger zu einer extrem akkuraten Bleistiftzeichnung des Totems, das größer dargestellt war als in Wirklichkeit; die Markierungen hatte er ebenfalls vergrößert. Sie waren auf diese Weise viel leichter zu erkennen.
    „Du bist gut“, sagte ich.
    „Du hast keine Ahnung, wie gut.“
    Das entlockte mir ein überraschtes Lache n – ein Klang, der mir bewusst machte, wie selten ich ihn hörte. Ziemlich traurig. Ich war sechsundzwanzig, und mein Lachen war schon gestorben. Vielleicht konnte ich es mit diesem Mann wieder zum Leben erwecken.
    Cadotte blätterte den Papierstapel durc h – alles Ausdrucke aus dem World Wide Web.
    „Was würden wir bloß ohne das Internet tun?“, murmelte ich.
    „Viel härter arbeiten. Ich kann dort in einer Stunde mehr finden als in der Bibliothek in einer ganzen Woche. Aha!“ Er zog eine Seite aus der Mitte des Stapels. „Sieh dir das hier an.“
    ErlegtediebeidenBlätternebeneinanderundschobsiedannzumirrüber.DerInternet-Ausdruckzeigteeinuraltes,aus­gemergeltes Wesen mit langen Zähnen und noch längeren Fingernägeln.
    „Matchi-auwishuk“, flüsterte er.
    Draußen raschelten die Bäume, und durch die offene Balkon­tür wehte eine plötzliche Brise herein. Als hätte er damit gerechnet, legte Cadotte die Hände auf die Papiere. Die Brise flaute so schnell ab, wie sie aufgezogen war.
    Okay. Das war seltsam.
    Ich sah Cadotte an, aber er wirkte nicht beunruhigt. Zumin­dest nicht wegen des Luftzugs. Stattdessen starrte er mit finsterer­ Miene auf die Zeichnungen hinunter.
    „Ich kann mich nicht erinnern, das hier gesehen zu haben.“ Ich deutete auf den Matchi-auwishuk.
    „Ich habe ein Vergrößerungsglas benutzt, um ein paar der kleineren Markierungen zu identifizieren. Es ist da. Darauf gebe ich dir mein Wort.“
    Ich würde ihm vorerst glauben. Bis er weg war und ich meine eigene Lupe herauskramen konnte.
    „Und auch bei dem hier gebe ich dir mein Wort.“ Er schob ein weiteres Blatt Papier zu mir hin.
    Mir lief es kalt über den Rücken. Der Matchi-auwishuk war hässlich gewesen, aber das hier war schlichtweg gruseli g – unter den gegebenen Umständen.
    Die Gestalt war halb Mann und halb Wolf.
    „Wer zur Hölle ist das?“
    „Der Wolfsgott.“
    Die Zeichnung war außerordentlich gelungen, der nackte Mann beeindruckend in seiner geschmeidigen, muskulö­sen Perfektio n – wären da nicht diese Pfoten gewesen, wo eigentlich Hände und Füße hätten sein müssen. Aus seinem Hinterteil wuchs ein Schwanz, und seine Ohren befanden sich oben auf seinem Kopf. Anstelle von Haaren hatte er ein Fell, und da, wo Mund und Nase hätten sein müssen, prangte eine Schnauze.
    Aber es waren nicht diese kleinen Details, die mich zurückschrecken ließen, erfüllt von einer irrationalen Angst, das Bild zu berühren oder mich von ihm berühren zu lassen.
    Nein, was mich an der Zeichnung so entsetzte, waren die ver­dammten Auge n – durchtrieben, intelligent, menschlich.
    „Wo hast du das her?“
    „EsgibtunterdenOjibwaeinealte,düstereLegende.IhrzufolgekannderWolfsgottwährendeinesBlauenMondszumLebenerwecktwerden,wennderWegdurcheineArmeevonWolfs­menschen geebnet wurde.“
    Ich drehte den Kopf, um sein Gesicht zu sehen. Er lachte nich t – deshalb tat ich es.
    „Was soll das mit unserem Fall zu tun haben?“
    „Jessie, gibt es hier nicht ein paar Zufälle zu viel? Das Totem, der Wahnsinn der Wölfe und der Blaue Mond?“
    Der Blaue Mond. Ich erinnerte mich, Zee davon erzählt zu haben, in jener Nacht, als Karen Larson von einem Wolf gebissen worden war. Jene Nacht, in der ich das Totem gefunden hatte. Jene Nacht, in der ich William Cadotte nackt im Wald entdeckt hatte.
    „Was ist ein Wolfsgott und wie wird er zum Leben erweckt?“
    Er schob ein paar der Ausdrucke zusammen, runzelte die Stirn und nahm geistesabwesend die Brille ab. „Ich bin mir nicht sicher.“
    „So gut bist du also?“
    „Dazu kommen wir später.“ Er blinzelte mir zu. Selbst inmitten seiner Wahnvorstellung flirtete er noch mit mir. Wie konnte ich das nur anziehend finden?
    Cadotte richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Schwachsinn, in den

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