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Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss

Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss

Titel: Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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sprang ich auf und stürzte, das Gewehr erhoben und die Hand auf halbem Weg zum Sicherungshebel, darauf zu, bevor ich den Ursprung der Laute erkannte.
    „Kojoten“, murmelte Mandenauer. „Eigenartig.“
    Er hatte recht. Warum hatten die Wölfe die Kojoten nicht aus der Gegend vertrieben, so wie Wölfe das immer taten?
    „Vielleicht Füchse?“, schlug ich vor.
    Wölfe tolerierten Füchse in ihrem Revier. Gott weiß, warum.
    Der alte Mann schüttelte den Kopf. Ich musste ihm zustimmen. Ich kannte den Unterschied zwischen einem Kojoten und einem Fuchs. Etwas Seltsames ging in diesen Wäldern vor sich, aber das war ja keine Neuigkeit.
    „Was ist da passiert?“ Ich deutete auf den Scheiterhaufen.
    Mandenauer hatte gerade in Richtung der Kojotenrufe in den Wald gestarrt. Blinzelnd wandte er seine Aufmerksamkeit wieder mir zu. „Wollen Sie eine unglaubliche Geschichte hören?“
    „Nur die Wahrheit.“
    „Wahrheit. Was ist schon Wahrheit?“
    Meine Geduld, mit der es sich schon an guten Tagen nicht anzugeben lohnte, war erschöpft. „Ersparen Sie mir den existenziellen Schwachsinn und sagen Sie mir, was passiert ist.“
    Er schmunzelte. Der Kerl war heute Abend wirklich ein vergnügter, alter Kobold.
    „Ich habe das Tier verfolgt. Es hat mich aus der Dunkelheit angesprungen. Ich habe es erschossen.“
    „Bravo.“
    Er zuckte die Achseln. „Sie wollten die Wahrheit. Die Wahrheit ist nicht sehr bravourös, wie ich festgestellt habe.“
    Er hatte schon wieder recht.
    „Woher wussten Sie, dass der Wolf tollwütig war?“
    Mit der abgewetzten Spitze seines Stiefels schob Mandenauer einen Stein näher ans Feuer. „Ist das wichtig?“
    „Natürlich ist das wichtig! Wir können nicht einfach herumlaufen und jeden Wolf im Wald erschießen.“
    „Das DNR hat mir die Erlaubnis erteilt, in dieser Sache nach meinem eigenen Ermessen zu handeln.“
    Das klang gar nicht nach dem DNR . In solchen staatlichen Behörden hatten Kontrollfreaks das Sagen, und diese erteilten nur selten irgendjemandem uneingeschränkte Vollmachten. Schon gar nicht schießwütigen alten Knackern wie Mandenauer.
    „Wenn wir sie alle eliminieren, wird das das Problem mit den Wölfen wesentlich schneller lösen. Und wer kann schon sagen, ob ein Wolf, der heute gesund ist, morgen nicht schon infiziert sein wird?“
    „Dann müssen wir auch die Kojoten, die Waschbären, die Opossums töten. Das hier könnte eine ziemliche Schweinerei werden.“
    „Ja, das könnte es.“
    Er streckte seine knochigen Hände aus und wärmte sie an den Flammen. Wir standen Schulter an Schulter, während das Feuer bis auf die Glut runterbrannte. Wir standen noch immer dort, als eine kalte Brise die Asche hochwirbelte und in den Wald trug.
    Als wir zum Auto zurückkehrten, versuchte ich, das dumpfe Gefühl abzuschütteln, dass Mandenauer nicht nur von Tieren gesprochen hatte.

20
    Das Haus der Gerards war genauso still und dunkel wie der Rest des Viertels. In Anbetracht der Tatsache, dass es etwa vier Uhr morgens sein musste, war das keine allzu große Überraschung.
    Ich wusste nicht, ob Cherry schlief oder mit Mel ins Krankenhaus gefahren und noch nicht zurückgekehrt war. Aber so oder so würde ich sie erst zu einer humaneren Tageszeit befragen.
    Bis dahin hätte ich dann auch Brads Aufzeichnungen gelesen. Ich klopfte auf meine Tasche und stellte erleichtert fest, dass das Notizbuch immer noch da war. Ich hatte es vor lauter Aufregung völlig vergessen. Mit etwas Glück hatte Brad sogar gute Arbeit ge­leistet, und mein Interview mit Cherry würde gnädigerweise kurz ausfallen. Aber ich zählte nicht darauf.
    Ich meldete mich bei Zee. Ich hätte es besser wissen müssen.
    „Herrgott noch mal, Jessie. Wo warst du die ganze Zeit?“
    „Mit Mandenauer im Wald. Wo sonst?“
    „Du warst die halbe Nacht weg. Ist er nicht so ein verfluchtes As von einem Jäger? Genau wie du.“
    „Er sitzt direkt neben mir.“
    Ich warf Mandenauer einen Seitenblick zu, aber er hatte den Kopf an den Sitz gelehnt und die Augen geschlossen. Für sein Alter war er definitiv über seine Schlafenszeit hinaus.
    „Ich hatte auch nicht angenommen, dass du ihn im Wald zu­rückgelassen hast“, knurrte Zee.
    Es kümmerte sie offensichtlich überhaupt nicht, wenn sie unseren Gast beleidigte. Warum sollte er was Besseres sein als der Rest der Erdenbürger?
    „Habt ihr welche erwischt?“
    „Einen.“
    „Wie hat er ausgesehen?“
    Ich starrte stirnrunzelnd auf das Funkgerät. Was für eine

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