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Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss

Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss

Titel: Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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Dunkelheit.
    „Hier.“MandenauerwarfmireinenPatronengurtzu.Wiederhat­teichnurdieWahl,ihnzufangenoderumgehauenzuwerden.
    „Könnten Sie damit aufhören?“
    „Womit?“
    „Dinge nach mir zu werfen.“ Ich schlang mir den Gurt um die Schulter. „Abgesehen davon bevorzuge ich auch meine eigene Munition.“
    Ich schüttelte die Schachtel, die ich aus dem Safe mitgenommen hatte. Ich hörte die Kugeln klappern; ihre Menge war ein tröstliches Gewicht in meiner Hand.
    „Meine sind besser.“
    Ich runzelte die Stirn. „Warum?“
    „Sie wurden für Wölfe gemacht.“
    „Lassen Sie mich raten.“ Ich befingerte die glänzenden Kugeln in dem Patronengurt. „Silber?“
    Ich rechnete damit, dass er mich verspotten, wenn nicht sogar auslachen würde. Stattdessen kniff er die Augen zusammen und wackelte mit dem Kopf. Er öffnete den Mund und sagte: „Ich bin mir nicht sicher, wa s … “, als ein langes, schwermütiges Heulen die Nacht durchdrang, ein Heulen, das so nah war, dass wir beide zusammenzuckten. Mandenauer lief in den Wald hinein. Ich folgte ihm auf den Fersen.
    Ohne einen Mond, der den Pfad erhellt hätte, mussten wir unsere Taschenlampen benutzen. Blutflecken auf dem Boden, einem Busch, einem Zweig verrieten uns, dass der Wolf, der Mel gebissen hatte, sich tatsächlich an der Fensterscheibe geschnitten haben musste.
    Aber waren dieser Kamikaze-Wolf und das große, schwarze Exemplar ein und derselbe? Ich hatte keine Ahnung. Die Vorstellung, einen Wolf zu verfolgen, während wir selbst von einem zweiten verfolgt wurden, machte mich nervös, und ich sehnte mich nach einem netten, sicheren Hochsitz.
    Auf Mandenauer traf das offensichtlich nicht zu. Seine Schritte waren so lebhaft, dass er beinahe hüpfte. Er schien vor Aufregung zu vibrieren.
    Plötzlich blieb er so abrupt stehen, dass ich beinahe gegen seinen Rücken gelaufen wäre. „Was ist?“, flüsterte ich.
    Mandenauer versteifte sich, dann fuhr er sich mit der Handkante über die Kehle.
    Ich hob kapitulierend die Hände. Okay, okay. Ich werde die Klappe halten .
    Ich ließ sie wieder sinken und spreizte die Finger, um so meine Frage zu wiederholen: Was ist?
    Er deutete mit einem langen, knochigen Finger erst nach links, dann nach rechts. Der Pfad gabelte sich hier.
    Er kniete sich hin, und ich folgte seinem Beispiel. Als er den Lichtstrahl nach rechts richtete, sahen wir eine durchbrochene­ Linie schimmernder schwarzer Blutstropfen, die sich über den Boden und das Laub schlängelte. Mandenauer schnüffelte einmal,danneinzweitesMal,bevorerdieTaschenlampenachlinks bewegte. In der Mitte des Pfads lag ein großer, frischer Kot­haufen.
    Mandenauers Hand legte sich fester um sein Gewehr. Er sah mich an, und zum ersten Mal entdeckte ich echte Emotion in seinen Augen. Er war zornig. Er zeigte mit dem Finger auf sich selbst, dann auf die linke Abzweigung. Er zeigte auf mich, dann auf die rechte. Ich runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf.
    Getrennt? Das klang nach einer wirklich schlechten Idee.
    Er hob zwei Finger. Deutete wieder auf die sich gabelnden Pfade. Zwei von ihnen, zwei von uns.
    Er hielt sein Gewehr hoch. Wir waren bewaffnet.
    Das stimmte. Warum war ich also nicht beruhigt?
    Am Ende ging ich nach rechts und Mandenauer nach links. Mittels Zeichensprach e – jedes Mal, wenn ich zu flüstern versuchte, machte er diese gruselige, halsaufschlitzende Bewegun g – vereinbarten wir, uns in einer Stunde wieder am Haus zu treffen. Falls einer von uns den Wolf fand, sollte er ihn erschießen. Der andere würde den Schuss hören und dem Geräusch folgen.
    Ich sollte seine Kugeln in meinem Gewehr verwenden. Warum zur Hölle nicht? Silber tötete genauso gut wie Blei. In diesem Fall vielleicht sogar noch besser.
    Ich benutzte die kleine Stiftleuchte, die ich immer in meinem Handschuhfach aufbewahrte, und überließ Mandenauer die große Taschenlampe. Selbst wenn er sich wie ein Fünfzigjähriger bewegte, war er in Wirklichkeit achtzig, und das galt auch für seine Augen.
    Deshalb kam ich nun langsamer voran als er, musste öfter stehen bleiben, um mich zu vergewissern, dass ich der Blutspur noch immer folgte. Es dauerte nicht lang, bis Mandenaue r – sowohl optisch als auch akustisc h – verschwunden war. Ich war jetzt wirklich allein, und zum ersten Mal in meinem Leben gefiel es mir nicht.
    Ich war zu jeder Tages- und Nachtzeit durch diese Wälder gelaufen. Ich hatte mich dabei nie beobachtet, nervös oder schutzlos gefühlt. An diesem Abend

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