Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss

Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss

Titel: Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
Vom Netzwerk:
aufhörte, sich zu drehen, kämpfte mich weiter, bis ich an nichts anderes mehr denken konnte als an den nächsten Zug. Die Sonne schien erst warm auf meinen Rücken, dann auf mein Gesicht. Frieden ergriff von meiner Seele Besitz. Das war es, wofür ich hergekommen war.
    Als ich nicht mehr konnte, setzte ich mich ans Ufer und ließ meine Zehen über die Oberfläche gleiten.
    Die Geräusche der Natur umgaben mic h – das Summen von Bienen, das Zwitschern von Vögeln. Ein Frosch hüpfte auf der anderen Seite des Weihers ins Wasser. Ein Fisch wackelte in der Mitte mit seinem Schwanz. Ich kramte das Mineralwasser aus meiner Tasche, legte den Kopf zurück und trank.
    Und der Wald verstummte.
    Ich schluckte, was noch in meinem Mund war, aber meine Zunge war immer noch trocken. Ich senkte den Kopf und richtete den Blick in dem Moment auf die Baumgrenze, als er aus dem Wald trat.
    Er war so nackt wie bei unserer ersten Begegnung. Während er über die Wiese, die uns trennte, auf mich zukam, begannen die Vögel wieder zu zwitschern. Eine Krähe stieß fast bis auf seinen Kopf hinunter, schwang sich dann nach oben zu den Baum­wipfeln. Er bemerkte sie nicht. Sein Blick war auf mich fokussiert.
    Ich beobachtete ihn beim Gehen und wurde wieder an den Wolf erinnert. Lockere Hüften, lange Schritte.
    Ich runzelte die Stirn, als mir plötzlich etwas einfiel. Seine Hüfte. In der Nacht des Unfalls hatte er dort einen üblen blauen Fleck gehabt.
    Wieder nahm ich in meinem Kopf dieses mythische Klick eines Puzzleteils wahr. Ich hatte den Bluterguss völlig vergessen gehabt, weil er in keinerlei Verbindung zu irgendetwas anderem zu stehen schien. Es sei denn, man zog in Erwägung, dass ein Wolf sich in einen Mann verwandeln konnte. Und was, wenn dieser Wolf kurz zuvor von der Stoßstange eines großen Geländewagens erfasst worden wäre? Würde der Mann dann eine Prellung haben?
    Ich ließ Cadotte nicht aus den Augen, während ich die Hand zu meiner Waffe gleiten ließ. Er blieb mehrere Schritte vor mir stehen.
    „Was tust du hier?“, fragte ich.
    „Willst du mich nicht sehen?“
    „Ich sehe gerade eine ganze Menge von dir. Wo sind deine Klamotten?“
    Er blickte nach unten und blinzelte, als wäre er überrascht, all das zu sehen, was auch ich sah. „Ich habe trainiert.“
    „Du trainierst nackt?“
    „Du etwa nicht?“
    Ich strich mit meiner freien Hand über meinen Körper, um auf meinen züchtigen Badeanzug hinzuweisen. „Offensichtlich nicht.“
    Er zuckte mit den Achseln. „Ich habe meine Tai-Chi-Übungen gemacht.“
    Das Kräuseln der geschmeidigen Muskeln unter seiner Haut, das Sonnenlicht auf seinem Bauch, seinen Schultern, seinem Haar ließen mich vergessen, dass ich ihn vermutlich erschießen sollte.
    „Hast du das auch in der Nacht gemacht, als wir uns zum ersten Mal begegnet sind?“
    „Natürlich.“
    Wie praktisch. Nur dumm, dass ich es ihm nicht abnahm.
    „Du hast um vier Uhr morgens trainiert?“
    „Ich konnte nicht schlafen.“
    Weil er nämlich irgendetwas durch die Wälder gejagt hatte und dabei von einem Auto angefahren worden war.
    „Woher wusstest du, wo ich bin?“
    „Das wusste ich nicht. Ich habe versucht, dich anzurufen.“ Er sah weg, als wäre es ihm peinlich. „Auf allen deinen Nummern. Als du nicht rangingst, habe ich angenommen, dass du hier sein würdest. Also bin ich hergelaufen.“
    Ich betrachtete die Bäume, versuchte, die Richtung und die Distanz abzuschätzen.
    „Du bist nackt fünf Meilen weit gelaufen?“
    „Für dich würde ich hundert Meilen weit laufen.“
    Ich schnaubte verächtlich.
    Er benahm sich seltsa m – zu nervös und zurückhaltend für Cadotte. Was war los mit ihm? War meine Vermutung richtig? Und falls ja, was würde ich deshalb unternehmen?
    Er gab mir nicht die Chance, darüber nachzudenken. Er bewegte sich plötzlich auf mich zu, und ich richtete mein Gewehr auf seine Brust. Er erstarrte, dann hob er den Blick von der Waf­fe zu meinen Augen.
    „Jessie?“
    „Bist du ein Werwolf, Cadotte?“
    Seine Augen weiteten sich. Er war entweder sehr gut darin, Überraschung vorzutäuschen, oder aber wirklich überrascht. „Gestern hast du mich für verrückt erklärt, weil ich behauptete, dass es solche Kreaturen wirklich gibt. Heute beschuldigst du mich, selbst eine davon zu sein. Harter Tag im Büro, Schatz?“
    Nun, das klang schon mehr nach ihm. Ich lächelte. „Du hast ja keine Vorstellung.“
    „Willst du nicht darüber reden?“
    „Willst du nicht meine

Weitere Kostenlose Bücher