Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss
trafen sich unsere Blicke. „Wow“, sagte ich.
Er lächelte. „Ja. Wow.“
Er stand mit einer geschmeidigen Bewegung auf, sprang in den Weiher, tauchte unter, kam wieder hoch, schüttelte den Kopf und besprühte mich mit Wasser wie ein Hund. Ich lachte, und er schwamm zu mir ans Ufer. Wir schienen nicht aufhören zu können, uns anzustarren.
„Was ist?“, fragte er dann.
Achselzuckend senkte ich den Blick. Ich wollte nicht sagen, woran ich dachte.
„He, ich habe geglaubt, du vertraust mir.“
Tat ich das? Ich war mir nicht sicher. Ich begehrte ihn. Sehr sogar. Aber Vertrauen? Das war viel schwerer zu schenken als meinen Körper.
Er berührte meinen Knöchel. „Jessie?“
Ich sah ihm in die Augen. „Ich habe nur daran gedacht, dass ich mir wünschte, wir hätten ein Kondom.“
Seine Finger umfassten meinen Knöchel fast wie in einer Umarmung. Er stemmte sich aus dem Wasser. Ich wurde abgelenkt vom Spiel seiner Armmuskeln und der Art, wie das Wasser seinen Körper hinabströmte. Er setzte sich neben mich und küsste mic h – sanft, langsam und süß.
„Ich auch“, flüsterte er.
Unsere Münder trafen sich, diesmal härter, zu einem tiefen, forschenden, erregenden Kuss, der wieder brennendes Verlangen in mir weckte. Wann immer ich in seiner Nähe war, hatte ich absolut keine Kontrolle mehr über meinen Körper.
Er löste sich schwer atmend, dann zupfte er an meinem Haar. „Wir könnten natürlich ein kleines Risiko eingehen.“
„Oder auch nicht.“
Er lachte. „Das ist es, was ich an dir liebe, Jessie. Du hältst mich bei der Stange.“
Liebe? Das hatte er bestimmt nur so dahingesagt. Es musste so sein. Also ignorierte ich es.
„Ich muss jetzt los“, sagte ich.
„Du könntest mit zu mir kommen.“ Die Unsicherheit war wieder d a – in seinem Gesicht, seiner Stimme.
„Ich muss schlafen.“
„Dann schlafe. In meinem Bett. Mit mir.“
Gott, es war verlockend. Aber ich befürchtete, dass ich in Cadottes Bett alles tun würde, nur nicht schlafen. Und so reizvoll die Vorstellung auch war, musste ich heute Nacht arbeiten. Mein beruflicher Dauereinsatz hinterließ allmählich Spuren.
„Ich kann nicht.“
Er wandte seufzend den Blick ab.
„Was ist los?“, fragte ich.
„Geht es bei uns nur um Sex?“
Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. Ich hatte gedacht, dass wir miteinander vögelten, weil wir einfach nicht dagegen ankamen. Tatsächlich erinnerte ich mich vage daran, dass er genau dem zugestimmt hatte. Wann hatten sich die Dinge verändert?
Ich hätte ihm vermutlich den Kopf zurechtrücken sollen. Auf diese Weise würde es später weniger Scherereien geben. Doch seine hängenden Schultern berührten mich. Obwohl ich besser hätte bleiben sollen, wo ich war, konnte ich nicht anders, als zu ihm zu gehen.
Seine Rückenmuskeln spannten sich unter meinen Händen. Ich streichelte ihm in einer, wie ich hoffte, tröstenden Geste über die nackte Haut. Ich war nicht gut im Trösten. Aber einen Versuch war’s wert.
„Ich weiß nicht, was das zwischen uns ist“, gab ich zu. „Müssen wir das jetzt entscheiden?“
„Ich wünschte, du würdest es tun.“
Ich mochte es nicht, bedrängt zu werden. Allerdings hatte Cadotte guten Grund dazu. Aber galt das nicht für uns alle? Da ich jedoch nie ein Ojibwa-Indianer in einer weißen Welt gewesen war, beschloss ich, nachsichtig mit ihm zu sein.
„Du bist klug“, sagte ich, als er sich umdrehte, um mich anzusehen. Meine Hände fielen von seinen Schultern und hingen haltlos und leer an meinen Seiten herab. „Und witzig, wenn du dich nicht gerade völlig danebenbenimmst. Du bist außerdem auch gar nicht so schlecht im Bett. Und ohne Bett sogar noch besser.“
„Meine Güte, Jessie. Mir wird ja ganz warm ums Herz.“
Ich legte den Kopf zur Seite. Er war wütend, aber ich konnte mir nicht erklären, warum. Welcher Kerl mochte es nicht, wenn man ihn gut im Bett nannte?
„Weshalb bist du sauer auf mich? Ich finde dich ziemlich in Ordnung. Für einen intellektuellen Brillenträger.“
Er lächelte nicht mal. „Ist es dir peinlich, mit mir gesehen zu werden?“
Ich seufzte. Er würde nicht zulassen, dass ich mich hier herauswitzelte. „Du willst die Wahrheit?“
„Das wäre nett.“
Ich konnte nicht fassen, dass wir nackt in der Mittagssonne saßen und stritten. Aber es gab eine Menge Dinge, die ich mit Cadotte getan hatte und nicht fassen konnte.
„Ja, es ist mir peinlich, mit dir gesehen zu werden.“
Er
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