Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss
blinzelte, und sein Gesicht wurde blass unter seinem tiefdunklen Haar. Er sah aus, als hätte ich ihm eine Ohrfeige verpasst. Verdammt, ich hatte das Gefühl, das getan zu haben.
Ich griff nach seiner Hand. Er versuchte, sie mir zu entziehen, aber ich ließ nicht los. „Es ist mir peinlich, Will, weil ich weiß, was die Leute denken werden.“
Er seufzte. „Na also.“
„Was meinst du damit?“
„Die Leute werden weniger von dir halten, weil du mit mir zusammen bist. Es spielt keine Rolle, was ich getan habe. Wer ich bin. Was wir miteinander teilen. Das Einzige, das eine Rolle spielt, ist, wer meine Eltern sind.“
„Was?“
„Jessie, ich bin schon hundertmal sitzen gelassen worden, und es lag nie daran, dass ich nicht tanzen kann. Es lag daran, dass ich ein Indianer bin.“
Jetzt war ich wütend.
„Die Frauen sehen das nicht, wenn sie dir das erste Mal begegnen? Deine Abstammung ist eine zeitlich verzögerte Überraschung für sie? Du neigst dazu, mit Idiotinnen auszugehen, oder was?“
„Vielleicht können sie einfach das Gestarre, das Getuschel, den Druck nicht aushalten.“
„Wirke ich auf dich, als könnte ich den Druck nicht aushalten?“
Um seine Lippen zuckte es. „Nein.“
„Danke.“
Seine Belustigung erstarb so schnell, wie sie erwacht war. „Warum ist es dir dann peinlich, mit mir gesehen zu werden?“
Ich wollte es ihm nicht sagen, hatte ihm aber die Wahrheit versprochen. Trotzdem zögerte ich so lange, dass er meine Hand drückte. „Jessie?“
„Weil sich jeder fragen wird, was du an mir findest“, platzte es aus mir heraus. „Du bist heiß, Cadotte. Ich bin es nicht. Wenn ein Typ wie du mit einer Frau wie mir zusammen is t … “ Ich zuckte die Achseln. „Ich muss fantastisch blasen. Ich muss ficken wie der Teufel. Ich mus s … “
Er legte mir die Hand auf den Mund. „Pscht“, flüsterte er. „Das alles tust du. Na und?“
Schweigen machte sich zwischen uns breit. Wir starrten einander an, als ob das, was gesagt worden war, zwischen uns hängen würde. Dann fing ich an zu lachen, und er lachte mit mir. Es fühlte sich gut an.
Ich ließ mich von ihm umarmen, hielt ihn einfach nur fest, während er mich festhielt. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal einen Mann für länger als eine Minute umarmt hatte. Ich hatte es nie vermisst. Aber von nun an würde ich das. Cadotte konnte fantastisch umarmen.
„Komm mit zu mir nach Hause“, murmelte er. „Schlaf mit mir. Bleib bei mir.“
Er küsste mich auf die Stirn, ich schmiegte mich näher an ihn, hielt ihn noch fester.
Ich hatte mich noch nie so gefühlt. Dumm war nur, dass ich nicht genau wusste, was so war. Ich mochte ihn sehr. Ich wollte zu sehr mit ihm zusammen sein. Ich wollte Ja sagen zu allem. Sobald William Cadotte ins Spiel kam, verlor ich jede Kontrolle. Und das machte mir Angst.
Trotzdem ging ich mit ihm heim. Es war der verflucht beste Tag, den ich je erlebt hatte. Was eine gute Sache war, weil nämlich kurz darauf die Hölle losbrach.
31
CadottefuhrmeinenWagen.Ichkonntenichtaufhören,mirvorzustellen,wieeinermeinerKollegenunsanhaltenundichversuchenwürdezuerklären,warumderFahrernacktwarundichauchnichtweitdavonentfernt.IchhatteeinlangesT-Shirtan,dasgerademeinenHinternbedeckte,aberkeineUnterwäsche.Fallsjemand mich so sah, würde mir das für immer nachhängen.
Aber er war ein vorsichtiger Fahrer, und so erreichten wir das Ende der Schotterpiste, die zu seinem Blockhaus führte, ohne Zwischenfall. Nachdem er mein Auto neben seinem Jeep geparkt hatte, machten wir uns auf den Weg zum Haus.
Ich war noch nie im Inneren gewesen, hatte lediglich wie ein Voyeur durch das vordere Fenster geguckt. Ich hatte diese Begebenheit vergessen gehabt, bis ich ihm nun nach drinnen folgte und wieder vor dem Wolf in der Diele erschrak.
„Was hat es damit auf sich?“, fragte ich.
Er wirkte nicht wie die Art von Mann, der tote Dinge an seine Wand hängen würde.
„Ein Geschenk von einem Freund.“
Jetzt, da ich ihn aus der Nähe betrachten konnte, entdeckte ich, dass der Kopf des Wolfs eine Maske und das Fell ein Umhang war. Ich hatte Bilder von Männern gesehen, die so etwas zu indianischen Versammlungen und Ähnlichem trugen. Besonders bei zeremoniellen Tänzen zogen Menschen alles mögliche interessante Zeug an.
„Benutzt du das hier?“ Ich dachte, dass es etwas mit dem Wolfsclan zu tun haben musste.
„Nein. Das ist die rituelle Tracht eines Präriestamms. Die Navajo glauben, dass eine
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