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Wolfsliebe - Tochter der Wildnis

Wolfsliebe - Tochter der Wildnis

Titel: Wolfsliebe - Tochter der Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmine Braun
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aufgerissen.
    Der Wolf ging abermals auf ihren Hals los und riss ihr die Kehle auf. Dunkelrotes Blut sammelte sich um ihren Kopf und tränkte ihr blondes Haar.
    Ein dumpfer Knall, und die Bestie sackte zusammen.
    Kerû wankte zu seiner Frau, ließ sich entgegen jeder Vorsicht neben ihr nieder und nahm ihren Kopf in die Arme. Tränen rannen über sein versteinertes Gesicht. Aus Augen, die nicht mehr samtig blau waren, sondern grau und leer wirkten. Wie in Trance hob ihr Vater den Kopf.
    Tikia presste sich zitternd gegen den Türrahmen und sah ihren einst so stolzen Vater an. »Papa …«, flüsterte sie heiser. »Papa …« Verzweifelt streckte sie ihre kleinen Hände nach ihm aus.
    Doch Kerû blieb unbeweglich mit dem leblosen Körper seiner Frau in den Armen sitzen.
    Geduckt schlichen sich die Wölfe näher an Kerû heran.
    Kerû schaute mit leerem, fahrigem Blick zu, wie sie ihre Kreise immer enger schlossen, und selbst als die Wölfe gleichzeitig auf ihn sprangen, bewegte er sich nicht.
    Hilflos musste Tikia zusehen, wie die Wölfe ihren Vater zerfleischten und dann blutrünstig auf ihre tote Mutter losgingen. Ihre Fangzähne verbissen sich tief im warmen Fleisch und rissen den Körper auseinander. Gierig zerrten sie Brocken aus den leblosen Körpern und schlangen sie hinunter.
    Nachdem sie ihre Mordlust gestillt hatten, verfielen sie in markerschütterndes Heulen und verließen mit vor Blut triefenden Mäulern die große Hütte.
    Vorsichtig sah Tikia zu ihren Eltern hinunter, und ein erstickter Schrei entrann ihrer Kehle. Ihre Eltern waren völlig entstellt.
    Tikia musste erbrechen. Der Würgereiz wollte nicht vergehen, am ganzen Körper zitternd wankte sie in ihr Zimmer zurück und versteckte sich unter der Bettdecke.
    Die Wölfe jaulten vor der Hütte laut auf, und Tikia presste ihre kleinen Hände fest gegen ihre Ohren.
    Koon leckte Tikia sanft über ihre rechte Wange, und Tikia schreckte auf. Sie blickte auf den grau-weißen Wolf zu ihren Füßen und kam langsam wieder zur Besinnung. Das Jaulen in ihren Ohren verstummte.
    Bittere Tränen liefen ihr übers Gesicht, und deren Fluss schien kein Ende nehmen zu wollen. »Ich hätte sie retten können …«, hauchte sie mit zitternder Stimme. »Hätte ich sie damals gewarnt, wären sie jetzt nicht …«
    Schluchzend fiel sie zurück und schrie in ihr Kopfkissen hinein. Sie schrie ihren ganzen Schmerz und ihre Wut hinaus, krümmte sich dann hilflos zusammen und schloss Koon, der sich tröstend neben sie gekuschelt hatte, matt in ihre Arme.

KAPITEL 24
Tenzings Theorie
    »Ich nehme alles zurück, was ich über sie gesagt habe!«, polterte Kenzô erzürnt. »Sie ist ganz und gar nicht süß! Sie ist eine unerträgliche Schmarotzerin! Eine Verrückte!«
    »Was hat sie denn nun schon wieder getan?«, fragte Tenzing, der die häufigen Gefühlsschwankungen von Kenzô Tikia gegenüber nun schon fast gewöhnt war.
    »Was sie getan hat?«, zeterte Kenzô erzürnt. »Sie hat mich lächerlich gemacht! Und das bloß, weil ich Angst vor diesem Wolf habe!« Aufgeregt schritt er vor seinem Freund hin und her und verfiel in wilde Gesten. »Sie hat ihn auf mich gehetzt!«, schrie er.
    »Den Wolf …?« Schmunzelnd beobachte Tenzing seinen erzürnten Freund.
    »Natürlich: den Wolf!«, bestätigte Kenzô und sah ihn mit zornfunkelnden Augen an. »Machst du dich etwa über mich lustig, Tenzing?«
    »Nein! Nein! Es ist nur … Du hast keinen einzigen Kratzer …«, erwiderte Tenzing in seiner lockeren Art.
    Nachdenklich setzte Kenzô sich auf einen der gepolsterten Küchenstühle. »Das ist es ja gerade! Der Wolf hat mich umgeworfen und sich zähnefletschend über mich gebeugt! Ichdachte schon, das wäre das Ende für mich, aber …« Kenzô sah seinen Freund nachdenklich an. »Er hat mich bloß angesehen und leise geknurrt, und dann ist er einfach gegangen.«
    »Nun«, sagte Tenzing gelassen, »wie ich dich kenne, hast du das Mädchen ganz schön angezickt, dass es diesen Koon auf dich gehetzt hat … oder?«
    »Ja, schon …, aber … ich war ja wohl im Recht!«, wandte er ein.
    »Das kann ich leider nicht beurteilen, aber meiner Meinung nach hat dich der Wolf einfach nur zurechtgewiesen!«
    Kenzô blickte ihn verwirrt an. Dieser Gedanke war ihm zuerst auch gekommen, aber das war absolut undenkbar. Schließlich handelte es sich bei Koon um einen ausgewachsenen, wilden Wolf.
    »Erinnerst du dich noch, als du die Schule geschwänzt hast und Shila dich ausschimpfte, hast du sie so

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