Wolfslied Roman
Tragebehälters öffnete. »Nein, Katzen können sich nicht anstecken …«, begann mein Chef, als der Bewohner der Kiste mit einem Satz herausgesprungen kam, einen Katzenbuckel machte und wild fauchte. Im selben Augenblick brach im Wartezimmer die Hölle los.
Miss Priss war ein Rotluchs in einem Zimmer voller Hunde. Entschlossen packte ich den größten und dominantesten Hund am Nacken und überraschte damit nicht nur die anderen, sondern auch mich selbst. Ich gab ihm einen so festen Stoß, dass er umfiel. Es war ein Schäferhund, der mich daraufhin verwundert ansah, sich wieder aufrappelte, die Ohren flachlegte und versuchte, mein Gesicht abzulecken. Ein eindeutiges Zeichen der Unterwerfung. Ich ließ ihn sich aufrichten und bedachte dann jeden Hund im Raum mit einem scharfen Blick, der sie zwang, sich hinzulegen. Ein paar fingen an, sich zu putzen, um ihre Nerven zu beruhigen. Die Welpen hingegen, die bis dahin alle begeistert gebellt hatten, urinierten verängstigt auf den Boden.
Als ich auf den Rotluchs zutrat, machte dieser erneut einen Buckel, fauchte und versuchte, mich mit seinen Krallen im Gesicht zu erwischen. Es war das erste Mal, dass Hunde und Katzen beziehungsweise Luchse auf diese Weise
auf mich reagierten, wenn ich mich in meiner menschlichen Gestalt befand. Seltsam. Trotz meiner Verwirrung versuchte ich, sachlich zu wirken, als ich mich an Jerome wandte.
»Könntest du Miss Priss wieder in ihren Käfig setzen, Jerome?«
»Na komm schon, Mädchen. So ist es brav«, sagte er mit unsicherer Stimme. Er versuchte sie in den Käfig zurückzudrängen, doch das ging nicht mehr. In der kurzen Zeit, in der Miss Priss frei gewesen war, hatte sie an Größe derart zugelegt, dass sie nicht mehr hineinpasste.
»Wir sperren sie in eines der Zimmer«, schlug Malachy vor.
Pia kam hinter dem Empfang hervor, um uns zur Hilfe zu eilen. Sie nahm einen Besen zur Hand und scheuchte damit gemeinsam mit Jerome, Malachy und mir Miss Priss in unser Büro. Dann schlug sie die Tür zu. Einen Moment lang lauschte ich dem wütenden Fauchen und Toben auf der anderen Seite der Tür, als mir einfiel, dass ich Padisha, den Praxiskater, noch gar nicht zu Gesicht bekommen hatte. Also wandte ich mich an Malachy. »Wo steckt eigentlich Padisha?«
Er seufzte. »Ich habe ihn heute Morgen rausgelassen … sehen Sie mich nicht so an. Woher sollte ich denn wissen, dass so etwas passieren würde?«
Pia wandte sich an mich. »Padisha ist irgendwo da draußen.«
Es war das erste Mal, dass sie seit der kleinen Szene bei Jackie wieder mit mir sprach. Hatte sie vielleicht inzwischen eingesehen, dass ich trotz allem doch keine Bedrohung für sie und Malachy bedeutete?
Ich nahm ihre Hand und drückte sie sanft. »Ich weiß. Aber mach dir keine Sorgen. Er ist klug. Er weiß, wie er sich schützen muss.«
Vor allem wenn er sich in einen Luchs verwandelt …
Pia zog ihre Hand nicht weg, so dass ich ihre Finger noch einmal drückte, ehe ich sie losließ.
»Glaubst du wirklich, dass es ihm gutgeht?«
»Ja, das glaube ich«, schwindelte ich. In Wahrheit hatte ich keine Ahnung, ob es gut sein mochte, dass unser Praxiskater im Augenblick nicht hier war, oder nicht. Aber eines war klar: Ich gewann noch einmal deutlich mehr Respekt für das, was Red beruflich machte … Allein der Gedanke an ihn brachte meinen linken Arm erneut zum Brennen, und ich verzehrte mich beinahe vor Verlangen nach ihm.
»Also gut, stellen wir uns wieder den Verrückten«, schlug Malachy vor.
Wir kehrten also ins Wartezimmer zurück, wo sich unsere Kunden inzwischen lautstark miteinander unterhielten. Die Hunde waren genauso aufgewühlt wie ihre Besitzer. Sie liefen unruhig durch den Raum, hechelten und jaulten. Ein Hund, der sein Leben als Beagle begonnen haben musste, bellte laut. Wie die anderen Hunde sah auch der Beagle gar nicht mehr so reinrassig aus. Seine eigentümliche Verwandlung ließ ihn wie einen Mischling mit einer gehörigen Portion Schäferhund wirken.
Der Hund, der sein Leben als Deutscher Schäferhund angefangen hatte, wirkte im Gegensatz zu den anderen hingegen kaum verändert. Seine Hinterläufe waren nur etwas länger und gerader geworden, und auch seine Schnauze hatte sich verlängert - er hatte sich mir als Betatier untergeordnet.
Bonbon hingegen, Kaylas kleiner Malteser, war zu der Größe eines kräftigen Polarfuchses herangewachsen.
»Jetzt reicht es mir allmählich«, erklärte Marlene und hielt ihren Pekinesen hoch, der schon gar nicht
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