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Wolfsmale

Titel: Wolfsmale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Richtung.
Charlie Manson mit dem tätowierten Hakenkreuz auf der Stirn. Einige behaupten, dass die
Vorgehensweise von Jack the Ripper etwas Freimaurerisches an sich hatte. Wahnsinn und Böses.
Manchmal fand man eine Ursache, manchmal auch nicht.
Die Kehle aufschlitzen.
Den After aushöhlen.
In den Bauch beißen.
Die beiden Enden des menschlichen Rumpfes und so was wie der Mittelpunkt. Könnte in diesem
speziellen Muster ein Anhaltspunkt stecken?
Überall sind Anhaltspunkte.
Das Monster aus seiner Vergangenheit bäumte sich in der dunklen Tiefe der Erinnerung auf. Der
Fall hatte ihn damals ganz schön beschäftigt, aber nicht annähernd so sehr wie dieser hier. Er
hatte geglaubt, der Wolfsmann könnte eine Frau sein. Nun war praktischerweise eine Frau
aufgetaucht, die ihm erklärte, der Wolfsmann sei ein Mann. Sehr praktisch. George Flight hatte
Recht, misstrauisch zu sein. Vielleicht konnte Rebus was von ihm lernen. Flight machte alles
exakt nach den Vorschriften. Er würde nicht mit einem Spielzeuggebiss in der verschwitzten Hand
den Flur entlangrennen.
Er war der Typ, der sich hinsetzte und die Dinge durchdachte. Das machte ihn zu einem guten
Polizisten, besser als Rebus, weil er nicht jeder falschen Spur nachging, die auftauchte. Besser,
weil er methodisch arbeitete, und solche Leute übersahen nie etwas.
Rebus verließ Dillon's Bookshop mit seiner sehr privaten Gewitterwolke über dem Kopf und einer
Plastiktüte voller soeben erworbener Bücher, die an seiner rechten Hand baumelte. Er ging die
Gower Street hinunter und noch ein Stück die Bloomsbury Street, bog auf gut Glück an einer Ampel
links ab und stand dann vor dem British Museum, in dem sich, wie er sich erinnerte, die British
Library befand. Das heißt, wenn sie nicht bereits umgezogen war, wie es, wie er irgendwo gelesen
hatte, geplant war.
Doch die British Library war für »Nicht-Leser« nicht zugänglich. Rebus versuchte zu erklären,
dass er ein Leser sei, aber offenbar war man das nur, wenn man einen Leserausweis besaß.
Hinterher kam ihm der Gedanke, dass er wohl nur seinen Ausweis hätte zücken und sagen müssen,
dass er einem Wahnsinnigen auf der Spur wäre, aber das tat er nicht. Er schüttelte den Kopf,
zuckte die Achseln und entschloss sich stattdessen zu einem Spaziergang durch das Museum.
Das Gebäude schien vor Touristen und Schulklassen nahezu überzuquellen. Er fragte sich, ob die
Kinder, die noch eine viel lebhaftere Fantasie hatten, von den Räumen mit den altägyptischen und
assyrischen Kunstschätzen genauso erschlagen waren wie er. Riesige Skulpturen, hohe hölzerne
Tore, einfach unzählige Ausstellungsstücke, doch das größte Gedränge herrschte um den Stein von
Rosette. Rebus hatte natürlich schon davon gehört, wusste aber nicht genau, was es war. Jetzt
fand er es heraus.
Der Stein enthielt einen Text in drei verschiedenen Schriften und hatte den Gelehrten geholfen,
zu entschlüsseln, was die ägyptischen Hieroglyphen tatsächlich bedeuteten.
Er hätte wetten mögen, dass sie das nicht über Nacht geschafft hatten, noch nicht mal an einem
Wochenende. Es war mühevolle und sorgfältige Arbeit gewesen, wie Polizeiarbeit, Arbeit, die
ebenso hart war wie das, was ein Maurer oder Bergmann aushalten musste. Und am Ende lief es meist
doch nur auf einen glücklichen Zufall hinaus. Wie oft hatten sie den Yorkshire Ripper verhört und
wieder laufen lassen? So etwas kam häufiger vor, als es die Öffentlichkeit je erfahren
durfte.
Er schlenderte durch weitere Räume, helle und luftige Räume mit griechischen Vasen und Figurinen,
und dann, nachdem er eine doppelte Glastür aufgestoßen hatte, stand er plötzlich den Skulpturen
des Parthenon gegenüber. (Aus irgendeinem Grund wurden sie nicht mehr als Elgin Marbles
bezeichnet.) Rebus spazierte um diese große Galerie herum und kam sich beinah vor, als befände er
sich in einer neuzeitlichen Kultstätte.
An einem Ende des Raums hockten Schulkinder laut schwatzend vor einigen Figuren auf dem Boden und
versuchten, sie zu zeichnen, während ihre Lehrerin herumging und die unwilligen Künstler zur Ruhe
ermahnte.
Es war Rhona. Selbst auf diese Entfernung erkannte er sie. Erkannte sie an ihrem Gang, daran, wie
sie den Kopf leicht neigte und die Hände auf dem Rücken hielt, wenn sie etwas zu erklären
versuchte...
Rebus drehte sich um und stand plötzlich einem Pferdekopf gegenüber.
Man konnte die Adern aus dem marmornen Hals hervortreten sehen, das offene

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