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Wolfspfade 6

Wolfspfade 6

Titel: Wolfspfade 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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tief ein und wieder aus; offenbar versuchte er, sich zu beruhigen, jedoch ohne Erfolg. „Was, wenn es dir gelungen wäre? Du würdest den Fluch an mich weitergeben? An Luc? Erzähl mir nicht, dass du dich geändert hast, alter Mann, du bist nämlich noch exakt derselbe selbstsüchtige Mistkerl wie vor hundertfünfzig Jahren.“
    Zu hören, dass Adam John alt nannte, hätte komisch sein müssen, nur dass inzwischen gar nichts mehr komisch war.
    „Ich habe zu dem Zeitpunkt nicht klar gedacht“, bekannte John. „Es war gleich nachdem …“ Er rieb mit einem Daumen über die dünne weiße Linie. „Als die Stimmen am lautesten waren. Du hast keine Ahnung, wie das ist.“
    „Du hättest dir das Ding ins Herz stoßen können, wenn du es richtig machen wolltest.“
    Ich krümmte mich innerlich bei dem Gedanken, was dann geschehen wäre – eine gewaltige Explosion und die daraus resultierende Feuersbrunst, die John Rodolfo in einen Aschehaufen verwandelt hätte.
    „Sie haben mich in letzter Sekunde davon abgehalten“, entgegnete John.
    Adam verstummte; er wirkte verunsichert. „Du wirst so was nicht noch mal versuchen?“
    „Nein.“
    Ich wusste nicht, ob ich ihm glaubte; Adams Miene nach zu urteilen, erging es ihm ähnlich, aber er entschied sich, das Thema fallen zu lassen. Für den Augenblick.
    „Ich verstehe noch immer nicht, wie der Fluch von John auf dich übergehen könnte.“
    „Sobald grandpère stirbt“, antwortete Adam, „bin ich der Verfluchte.“
    „Du würdest also wie aus heiterem Himmel eines Nachts zum Werwolf mutieren?“
    „Das Gleiche ist mir widerfahren“, warf John leise ein.
    „Nur dass es bei dir nicht aus heiterem Himmel geschah.“ Adam bleckte die Zähne. „Du hattest es verdient.“
    „Das habe ich nie geleugnet.“
    „Die ganze Sache klingt ziemlich an den Haaren herbeigezogen“, bemerkte ich.
    „Sie beruht auf Magie“, fauchte Adam. „Nicht auf Logik.“
    „Du kannst nicht sicher wissen, ob der Fluch auf dich übergehen würde.“
    „Ich habe nicht die Absicht, ihn abzumurksen, um es herauszufinden.“ Er schaute John düster an. „Auch wenn ich schon mehr als einmal in Versuchung war. Du hast mir übrigens immer noch nicht verraten, warum du nach New Orleans zurückgekehrt bist, grandpère .“
    „Weil ich es ihm befohlen habe.“
    Die Stimme im Flur ließ mich vor Schreck zusammenfahren, aber dann erkannte ich, noch bevor der Mann ins Licht trat, Kings große, bullige Gestalt.
    „Wer sind Sie?“, fuhr Adam ihn an.
    „Das ist King“, stellte John ihn vor. „Er ist mein Freund.“
    „Aber er ist … schwarz“, stotterte Adam.
    „Ach, bin ich das?“, entgegnete King trocken.
    „Er war … ist …“ Adam schien nicht in der Lage zu sein, den Satz zu Ende zu bringen, was vermutlich das Beste war. Denn wie erklärte man jemandem, eineinhalb Jahrhunderte nach Abschaffung der Sklaverei, dass der Mann, der vor einem stand, früher ein Sklavenhalter war?
    „Sie wollen mir von seiner Sklavenhalter-Vergangenheit erzählen?“, folgerte King. „Dass er einer der brutalsten Sklaventreiber war, die meine Vorfahren je gekannt haben?“
    „Wer ist dieser Kerl?“, murmelte Adam.
    „Ich bin der Urur-und-so-weiter-Enkel von Mawu.“
    Adams Augen weiteten sich. „Die Voodoo-Königin, die grandpère verflucht hat?“
    „Ganz genau“, bestätigte King. „So bin ich zu meinem Namen gekommen. Meine Mutter wollte die familiäre Verbindung lebendig halten.“
    Ich erinnerte mich plötzlich an Maggies Worte, denen zufolge man die Voodoo-Priester und -Priesterinnen von New Orleans meist als Könige und Königinnen bezeichnete. Verdammt !
    „Du hast behauptet, nach Elvis benannt worden zu sein“, wandte ich ein.
    „Ich habe gelogen.“
    Mein Blick wanderte zu dem scharfen silbernen Instrument vor meinen Füßen. Ich fragte mich, ob es bei ihm Wirkung zeigen würde.
    „Warum haben Sie ihn nicht bei der ersten sich bietenden Gelegenheit getötet?“, fragte Adam. „Nicht, dass ich großen Wert darauf lege …“ Er spreizte die Hände. „Aber an Ihrer Stelle hätte ich es getan.“
    „Er ist nicht mehr derselbe Mensch.“
    „Er ist überhaupt kein Mensch mehr“, brummte Adam.
    „Das hatten wir schon“, wies ich ihn zurecht, weil ich es selbst nicht mehr hören konnte.
    John warf mir einen überraschten, fast hoffnungsvollen Blick zu, aber ich schaute weg. Ich ertrug es nicht, in diese Augen zu sehen. Sie riefen mir jede einzelne der vielen Lügen ins Gedächtnis.

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