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Wolfspfade 6

Wolfspfade 6

Titel: Wolfspfade 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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nicht gekommen, um dir etwas zuleide zu tun.“
    „Warum bist du dann hier?“
    „Ich suche den loup-garou .“
    „Aber ich dachte, du wärst …“
    Er schüttelte den Kopf. „Ich bin ebenso menschlich wie du.“
    „Wenn du nicht der loup-garou bist, wer ist es dann?“
    Die Badezimmertür ging auf, und ich wirbelte herum. John Rodolfo stand im Durchgang.
    „Hallo, grandpère “, sagte der blauäugige Mann.

 
    30
    „Großvater?“, übersetzte ich baff und schaute zu dem Mann hinter mir, der weiterhin John fixierte.
    „Sag es ihr“, befahl er.
    Mein Blick glitt zu Rodolfo, der noch immer im Türrahmen lehnte. Seine hängenden Schultern drückten Erschöpfung aus, aber die Neigung seines Kopfes ließ die Wachsamkeit erkennen, mit der er jeder Bewegung und jedem Wort folgte.
    Da war etwas Vertrautes an ihm. Ich schaute zu dem anderen Mann. Mit kürzerem Haar, einem Kinnbart und einer Sonnenbrille hätte er Johns Zwilling sein können. Was ging hier vor?
    „Jetzt mal schön der Reihe nach.“ Ich stieß einen Finger in Richtung des Eindringlings. „Wer zur Hölle bist du?“
    Seine strahlend blauen Augen zuckten zu John, dann zurück zu mir. „Adam Ruelle.“
    Ich runzelte die Stirn. Irgendwo hatte ich den Namen erst kürzlich gehört.
    „Dein Freund Sullivan ist Gast in meinem Verlies“, fuhr er fort.
    „Verlies?“ Meine Stimme überschlug sich.
    „Ich meinte Käfig. Allerdings ein sehr geräumiger. Mit Gitterstäben aus Silber.“
    Das erklärte zwar, woher ich den Namen kannte, sonst aber nicht viel. „Wie bist du ins Haus gekommen, und, was noch wichtiger ist, wieso?“
    Er verzog die Lippen. Es war kein Lächeln, aber nahe dran. Ich fragte mich, ob der Mann je wirklich lächelte, was mich wieder an John erinnerte.
    „Ich war früher bei der Armee“, erklärte er. „Ich bin unzählige Male in Häuser eingebrochen, in denen ich mir, wäre ich erwischt worden, gewünscht hätte, tot zu sein, lange bevor ich es gewesen wäre.“
    Übersetzung: streng geheimer Sondereinsatztruppen-Kram. Die Schlösser des Rising Moon mussten für einen Kerl wie ihn das reinste Kinderspiel gewesen sein.
    „Nachdem ich mit Murphy gesprochen und dabei den Namen Rodolfo gehört hatte, musste ich herkommen“, führte er weiter aus.
    „Warum?“
    „Rodolfo bedeutet im Spanischen ‚berüchtigter Wolf‘.“
    „Das scheint die herrschende Meinung zu sein“, spottete ich.
    „Ruelle bedeutet ‚berüchtigter Wolf‘ auf Französisch.“
    Oh–oh .
    „Der Name ist das Herzstück des Fluchs. Der Grund, weshalb sich ein Mensch in einen Wolf verwandelt und nicht in einen Alligator, eine Schlange, einen Igel. Namen haben Macht.“
    Ich muss wohl ziemlich blöd aus der Wäsche geguckt haben – wer könnte es mir verübeln? –, denn er erklärte weiter: „Du hast von dem loup-garou gehört? Unserem Halbmond-Fluch?“
    „Ich weiß das Wichtigste.“
    Er machte eine ausholende Handbewegung. „Darf ich vorstellen: der Verfluchte.“
    Ich sah John an. Er stand weiter reglos da, alles, was er dachte und fühlte, verborgen hinter dieser verdammenswerten Brille.
    „Das ist unmöglich“, stieß ich hervor.
    „Du hast gesehen, wie ein Mann zum Wolf wurde. Nichts ist unmöglich.“
    Erinnerungen zuckten durch meinen Kopf – John, der behauptete, von Gottes Zorn getroffen worden zu sein. Wenn das kein Fluch war, wusste ich auch nicht, was einer sein könnte.
    „Ich habe dich gefragt, ob du ein Werwolf bist“, fuhr ich ihn an. „Du sagtest, du wärst keiner.“
    „Ich bin ein loup-garou .“
    Meine Augen wurden schmal. „Du bist ein Lügner.“
    „Natürlich ist er das“, stimmte Adam mir zu. „Glaubst du im Ernst, dass er, der Nacht für Nacht, Jahr für Jahr, Jahrhundert für Jahrhundert unschuldige Menschen tötet, vor einer Lüge zurückschrecken würde?“
    „Woher weißt du so verdammt viel?“, fauchte ich Adam an.
    „Weil auch ich verflucht bin. Oder es sein werde, falls grandpère jemals stirbt. Ich mutiere dann zu einem loup-garou , und nach mir mein Sohn, und so wird es bis ans Ende aller Tage weitergehen, falls es uns nicht gelingt, den Fluch zu beenden.“ Er seufzte. „Ich würde auf das Ende aller Tage tippen.“
    „Du behauptest also, John sei dein Großvater“, mein Blick schweifte vom einen zum anderen, „und das, obwohl er jung genug aussieht, um dein Bruder zu sein?“
    „Der Schein trügt. Er wurde 1830 geboren und starb das erste Mal 1858.“
    „Sein Name lautet nicht Ruelle.“ Um ihn

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