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Wolfspfade 6

Wolfspfade 6

Titel: Wolfspfade 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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keine Frau mehr angefasst.“
    Ein Gefühl der Beunruhigung kroch meinen Rücken hoch. „Wie lange nicht mehr?“
    „Schon über ein Jahr.“
    „Du hast seit über einem Jahr keinen Sex mehr gehabt?“
    „Ganz genau.“
    Meine Schultern sackten nach unten. Kein Wunder, dass er mich so heftig geküsst hatte.
    „Was ist denn?“, fragte er. „Ich dachte, diese Nachricht würde dich glücklich stimmen.“
    „Natürlich. Sicher doch.“ Mir entschlüpfte ein Lachen, das zu laut klang in der plötzlichen Stille. „Ich bin begeistert. Aber wenn nicht wegen einer Schwangerschaft oder einer Geschlechtskrankheit, warum warst du dann in dieser Nacht so besorgt?“
    „Ich …“ Er hob eine Hand, so als wollte er meine Wange berühren, ließ sie dann aber wieder sinken und wandte sich ab. „Ich hatte Angst, dir wehzutun.“
    „Habe ich mich irgendwie beschwert?“
    Er blieb stumm.
    „Du hast mir nicht wehgetan“, beschwichtigte ich ihn. „Falls du es getan hättest, hätte ich es dir gesagt. Falls du es tust, sage ich es dir.“
    „Mein Leben war nicht normal.“
    „Willkommen im Club.“
    „ Chica , dein Leben war so normal, dass es buchstäblich gestrahlt hat.“ Sein Seufzen war lang, tief und voller Rätsel, die ich nicht ergründen konnte. „Zumindest bis vor drei Jahren.“
    Dieses Mal blieb ich stumm, denn er hatte recht.
    „Wann wirst du aufgeben?“, fragte er sanft.
    „Erst, wenn ich die Wahrheit kenne.“
    „Die Wahrheit kann eine hässliche Angelegenheit sein.“
    „Trotzdem ist es die Wahrheit.“
    „Was, wenn sie tot ist?“
    „Dann werden wir wenigstens Gewissheit haben.“
    „Was, wenn sie etwas Schlimmeres ist als tot?“
    „Etwas Schlimmeres?“
    Er drehte sich um, und seine Sonnenbrille reflektierte die Lichter so stark, dass ich blinzeln musste. Für den Bruchteil einer Sekunde hatten die Reflexe der leuchtenden weißen Kugellampen wie Augen ausgesehen. In einem Horrorfilm.
    „Glaub mir, es gibt Dinge, die sind schrecklicher als der Tod.“
    „Ist das der Grund, warum du Selbstgespräche führst? Warum du diese Kopfschmerzen hast? Die Albträume? Warum du niemanden an dich heranlässt? Weil es Dinge gibt, die schrecklicher sind als der Tod?“
    „Ja.“
    „Vielleicht, wenn du darüber sprechen würdest …“
    „Nein.“
    „Ich könnte …“
    „Was? Dir meine Albträume anhören, mich küssen und ihnen ein Ende bereiten? Das kannst du nicht. Niemand kann das.“
    „Was ist dir zugestoßen?“, fragte ich.
    „Nur das, was ich verdiente.“
    Ein plötzliches schrilles Heulen gellte durch die Nacht. „Was zur Hölle ist das?“ Ich stürzte zur Tür.
    Seine Hand schoss nach vorn, legte sich um meinen Arm – was ein ziemlich beeindruckendes Unterfangen für einen blinden Mann war – und ließ sich nicht abschütteln.
    Ich wollte ihn gerade fragen, ob er das Heulen gehört hatte, ob er wusste, was es war, als er mich küsste.
    Ich schmeckte Verzweiflung auf seinen Lippen, konnte mir jedoch keinen Reim darauf machen. Verzehrte er sich genauso verzweifelt nach meinem Geschmack wie ich mich nach seinem? Das bezweifelte ich. Er hatte mich davon überzeugt, dass die Sache mit uns beiden keine gute Idee war. Ich hatte ihm geglaubt, als er gesagt hatte, dass wir das hier nicht tun konnten.
    Warum taten wir es dann?
    Ich wusste es nicht, und im Moment interessierte es mich auch nicht.
    Während unsere Zungen sich duellierten, drängte er mich nach hinten, bis meine Schultern die Wand berührten. Einen Augenblick später ging das Licht aus.
    Ich wunderte mich kurz, weshalb das für ihn einen Unterschied machte, bevor mir klar wurde, dass mit der hellen Beleuchtung und dem großen Frontfenster jeder Passant in den Genuss einer Peepshow gekommen wäre, die der Bourbon Street alle Ehre gemacht hätte.
    In Wirklichkeit mochte ich die Dunkelheit. Die helle Spiegelung in Rodolfos Brillengläsern hatte mir Angst gemacht, und ich wollte sie nicht noch mal sehen. Vor allem nicht jetzt.
    Seinen Körper an meinen geschmiegt, drückte er mich gegen die Wand. Ich bog den Rücken durch und stöhnte, als ich die Härte seiner Erektion zwischen meinen Beinen fühlte.
    Er schob die Hände unter mein Hemd und füllte sie mit meinen für die Nacht befreiten Brüsten. Seine Finger waren unglaublich lang und geschickt. Mit dem Talent des Musikers, einem Klavier oder Saxophon Musik abzuschmeicheln, würde er keine Schwierigkeiten haben, auch mir alles abzuschmeicheln.
    Ich hätte schwören können, erneut

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