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Wolfsruf

Titel: Wolfsruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.P. Somtow
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Ich kann Ihnen auch etwas Stärkeres geben, wenn Sie möchten … Valium? Harvey, gehen Sie ins Lager und holen Sie welches, bitte. Unser armer Freund sitzt immer noch in seiner Zelle, ganz bestimmt.«
    »Ich habe gerade einen Mann mit aufgerissenem Bauch gesehen, und Sie wollen mir Schlaftabletten geben? Rufen Sie endlich die Polizei, um Gottes willen! Ich ertrage das nicht mehr …«
    »Also gut. Nur um Ihnen zu beweisen, dass Sie sich irren … aber Sie zittern ja. Harvey, bringen Sie Mrs Dupré einen Mantel.«
    Ich spürte, wie mir etwas Warmes um die Schultern gelegt wurde. Ich bebte am ganzen Leib. Jetzt erst wurde mir klar, dass ich Preston gesehen hatte, tot, zerrissen … der Mann, mit dem ich erst gestern geschlafen hatte.
    »Ich bin nicht verrückt«, sagte ich ruhig.
    »Das behauptet auch niemand, Carrie. Im Gegenteil, wir werden jetzt hinfahren. Falls es stimmen sollte … wir nehmen einen Krankenwagen. Harvey, holen Sie die Schlüssel.«
    Wir sprachen nicht, bis wir in Winter Eyes angekommen waren. Dann mussten wir zu Fuß gehen. Grimmig zeigte ich ihnen den Weg. Als wir im Saloon standen, fiel La Loge auf, dass es kein elektrisches Licht gab, und er schickte Harvey zurück, der eine Taschenlampe holen sollte.
    Ich marschierte zum Hinterzimmer und riss die Tür auf.
    Keine Leiche.
    Keine Blutflecken auf dem Boden. Eine Kerosinlampe brannte auf dem Nachttisch. Das Laken war weg. Stattdessen lag eine Flickendecke auf dem Bett. »Das verstehe ich nicht«, sagte ich. »Mein Gott, ist das alles ein Trick oder so?«
    »Gehen wir zurück«, sagte La Loge. Der Wachmann tauchte wieder auf. Er trug eine schwere Taschenlampe bei sich, und das Licht strahlte hell ins Hinterzimmer. Nirgendwo war eine Spur von Preston zu entdecken. Nicht einmal der ledrige, schweißige Geruch, der mir so vertraut geworden war.
    »Machen Sie sich um ihn keine Sorgen«, versicherte mir La Loge. »Nächste Woche sehen Sie ihn wieder.«
    »Nein! Nein!« Er starrte mich an. Ich brach in Tränen aus.
Am nächsten Morgen ging ich in Johnny Kindreds Zimmer. Er war bereits in Hypnose, als ich ankam.
    Als er mich sah, sagte er: »Hilf mir, Speranza.«
    »Hast du …«, begann ich.
    »Ich war weg … auf einer langen Reise … als wäre ich vergraben unter Meilen von Schnee, und niemand zieht mich raus.«
    »Du hast Preston Grumiaux ermordet!«, schrie ich. »Wo ist seine Leiche?«
    La Loge versuchte, mich zurückzuhalten. Aber ich rannte zu ihm, trommelte mit meinen Fäusten auf den schmächtigen alten Mann mit den Kinderaugen ein. Johnny wehrte sich nicht. Ich prügelte immer weiter, während die Pfleger mit ihren Spritzen um uns herumtänzelten.
    Schließlich gelang es ihnen, mich von ihm wegzuziehen.
    »Ich habe nichts getan«, sagte Johnny Kindred leise.
    »Dann sag mir, dass ich in der Geisterstadt nicht Prestons Leiche gesehen habe. Schwöre es mir.«
    »Das kann ich nicht schwören.« Es war eine völlig andere Stimme, eine ölige, tiefe Stimme. La Loge blickte irritiert auf. Zum ersten Mal schien er beunruhigt. »Vielleicht wird der Junge zu gegebener Zeit alles erklären. Wenn Sie kooperieren, Miss Dupré.«
    »Jonas«, flüsterte La Loge.
    Jonas Kay war ein Mann in seinen besten Jahren. Er saß aufrecht und sprach ohne jede Angst. Seine Augen waren nur schmale Schlitze, und ständig ballte und löste er seine Fäuste.
    »Ich gehe jetzt zurück«, sagte Jonas. »Der Junge weiß nicht, wer Sie wirklich sind, Carrie Dupré. Lassen Sie es dabei. Sie werden viel mehr aus ihm herausholen, wenn Sie ihn in seinem Glauben belassen.« Er lachte. »Der Kleine hat nicht besonders viel Bezug zur Realität, fürchte ich.«
    »Mörder«, flüsterte ich.
    »Sie irren sich. Ich habe Preston Bluefeather Grumiaux nicht ermordet. Ich habe auch diese Frauen nicht ermordet. Die
Ärzte wissen nicht, wie weit … meine Metamorphose reicht. Sehen Sie, ich bin ein Werwolf.«
    Ich warf dem Doktor einen Blick zu, der sagte: »Ja, Jonas. Geh jetzt zurück. Du darfst nicht mehr auftauchen. Wir haben dich ausgelöscht. Vergiss das nicht. Du bist immer noch unter Hypnose, und ich will, dass du meinen Befehl befolgst.«
    Jonas Kay spie dem Doktor ins Gesicht. Aber bevor La Loge reagieren konnte, hatte sich Jonas schon zurückgezogen und Johnny Kindred Platz gemacht. Johnny weinte.
    »Jonas«, erklärte La Loge, »leidet unter Wahnvorstellungen.« Er machte einem Pfleger ein Zeichen, der Johnny Kindred eine Injektion gab. »Stimmt das nicht, Johnny?«
    Johnny

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