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Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten

Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten

Titel: Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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müssen. Die Vorstellung ließ mich erschaudern.
    Das Schlurfen von Schuhen auf Teppichboden kündigte Grant Farrel schon an, noch ehe er in seinem schleppenden Bass fragte: „Kann ich Ihnen helfen, Sheriff?“
    Grant mochte wie der Butler in Die Addams Family klingen, aber er sah nicht so aus – er war klein und untersetzt, hatte ein freundliches Gesicht und einen ebensolchen Charakter. Ich hatte nie verstanden, wie jemand Bestattungsunternehmer werden konnte, aber irgendwer musste den Job ja machen. Ich hatte schon von vielen Leuten gehört, dass Grants herzliche und diskrete Art ihnen die Trauerarbeit erleichtert hatte. Der Mann besaß eine Gabe.
    Ich deutete zu den leeren Räumen. „Wie kommt’s?“
    Seine fast unsichtbaren weißen Brauen zuckten nach oben zu seinem licht werdenden, feinen Silberhaar. „Verzeihung?“
    „In der Zeitung stand, dass wir zahlreiche Besuche vom Sensenmann hatten. Also, wo sind die Leichen?“
    Grants runde, graue Augen weiteten sich. Warum bloß überkam mich jedes Mal, wenn ich dieses Gebäude betrat, das Bedürfnis, mich flapsig zu geben? Wahrscheinlich war das meine Taktik, das Unbewältigbare zu bewältigen.
    Ich räusperte mich und versuchte, ein gutes Mädchen zu sein. „Mr Farrel, im Hinblick auf die beträchtliche Anzahl von Todesanzeigen, die heute in der Gazette veröffentlicht wurden, als auch auf den Umstand, dass dies der einzige Betrieb in der Stadt ist … “ Er runzelte die Stirn, und ich formulierte um: „Weil dies das einzige Bestattungsinstitut in Lake Bluff ist, sollte man eigentlich annehmen, dass heute Abend mehrere Totenwachen abgehalten würden.“
    „Oh nein, Sheriff, allen Umständen zum Trotz tatsächlich nicht eine einzige. Interessieren Sie sich für jemanden im Besonderen? Ich könnte einen privaten Besuch für Sie arrangieren.“
    Ich brauchte einen Moment, um zu realisieren, dass er mir gerade eine Privataudienz bei einem Leichnam anbot. „Äh, nein danke. Vielleicht ein andermal. Lassen Sie uns auf den Mangel an Totenwachen zurückkommen. Warum findet nicht eine einzige statt?“ Ich hob die Hände und malte Fragezeichen in die Luft. „Allen Umständen zum Trotz.“
    „Ah, ich verstehe, was Sie meinen. Ein Laie wie Sie kann das selbstverständlich nicht wissen.“
    „ Was nicht wissen ? “ Grants Diskretion fing an, mir auf die Nerven zu gehen.
    „In den meisten Fällen war der oder die Verblichene schon recht betagt. Der Großteil der Freunde lebt bereits nicht mehr, genau wie einige Familienangehörige.“
    „Aber überhaupt keine Totenfeier?“
    Grants penibel manikürte Hände flatterten zu seiner Brust, und er räusperte sich. „Die Familien, manchmal auch die Verstorbenen selbst, treffen bisweilen nur Vorkehrungen für die eigentliche Beerdigung.“
    „Vom Sterbebett schnurstracks zum Friedhof in einer bequemen Zahlung?“
    Er verzog das Gesicht. „Es ist kostengünstiger, so viel steht fest.“
    „Also hat sich jeder der kürzlich Verstorbenen gegen eine Totenwache entschieden?“
    „Nicht jeder. Morgen wird es eine geben, seitens der Familie eines Alzheimeropfers.“
    Bei dem letzten Wort senkte er die Stimme. Vielleicht fürchtete er, wenn er es laut sagte, würde er der Krankheit die Macht geben, ihn zu befallen.
    „Bei keinem der Toten wurde etwas Ungewöhnliches festgestellt?“
    „Etwas Ungewöhnliches? Wie darf ich das verstehen?“
    Ich zuckte mit den Achseln. „Es kommt mir nur merkwürdig vor, dass es so viele sind.“
    „So etwas passiert, Sheriff.“
    „Wenn Sie das sagen.“
    Grant warf sich in die Brust. „Ich führe dieses Geschäft schon seit vierzig Jahren. Sie können sich jederzeit gern an uns wenden, wenn Sie bereit sind, Vorkehrungen für die Zukunft zu treffen.“
    Egal, was alle sagten, Grant Farrell war einfach gruselig.
    Ich dankte ihm und ging zur Tür, als sein Telefon klingelte.
    „Hallo?“ Er machte eine Pause. „Noch einer?“ Ich drehte mich um. Unsere Blicke trafen sich, und er nickte. „In Ordnung. Bringt ihn her.“
    Der letztverstorbene Bewohner Lake Bluffs war ein achtzigjähriger Mann namens Abraham Nestersheim. Es hatte ihm nie etwas gefehlt, bis er sich eine Sommergrippe zuzog, die sich zu einer schlimmen Bronchitis ausgewachsen hatte.
    Der Doktor, nicht Ian Walker, hatte ihm Amoxicillin und viel Ruhe verordnet. Am nächsten Morgen hatte Abrahams Nichte ihn nach einer langen Nacht ewiger Ruhe aufgefunden. Sie hatte die Polizei und seinen Arzt verständigt. Wie schon in Ms

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