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Wolfstage (German Edition)

Wolfstage (German Edition)

Titel: Wolfstage (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Kuck
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war er verschwunden.
Ist schon viele Jahre her … warte mal: Ja, genau, nicht lange nach deiner
Abreise damals hat er sich dünne gemacht, wenn ich mich recht erinnere. Die
waren hier ziemlich sauer auf ihn. Steffen hatte Schulden bei einigen Leuten
und Ärger mit mehreren Gläubigern, hieß es. Na ja, jedenfalls hat er in einer
Nacht-und-Nebel-Aktion sein Zimmer geräumt und sich auf Nimmerwiedersehen
davongemacht. Wenn du mich fragst: typisch Steffen. Er war ein ziemlicher
Hallodri. Man wusste nie, woran man mit ihm war. Allerdings soll er im Umgang
mit Pferden ein richtig feines Händchen gehabt haben.«
    Nicht nur mit denen, dachte Tibor, verkniff sich aber den Kommentar.
Meine Kamera hat er sich unter den Nagel gerissen, fiel ihm plötzlich ein.
Steffen hatte ihm tagelang in den Ohren gelegen, die kleine Spiegelreflexkamera
herauszurücken. Nur für ein paar Tage. Um ein paar ganz besondere Fotos zu
machen. Tibor lieh grundsätzlich niemals eine Kamera aus – und die schon
gar nicht: Die alte Minolta war ein Schmuckstück, die er bei einem Fotowettbewerb
gewonnen hatte. An der Unterseite war sogar sein Name eingraviert. Steffens
Charme war er dann doch nicht gewachsen gewesen. Leider.
    Am Tag vor Tibors geplanter Abreise waren sie verabredet gewesen.
Steffen war einfach nicht gekommen und auch nicht zu erreichen gewesen.
Immerhin: Tibors Wut hatte ihm den Abschied von Steffen leichter gemacht.
    »Und? Wie lange wirst du diesmal bleiben?«, hob Emilie erneut an.
    »Bis ich alles für den Verkauf des Hauses in die Wege geleitet habe.«
    »Vielleicht verabreden wir uns mal zum Reiten oder du besuchst mich
in Bornum. Oder beides.«
    Tibor nickte höflich und ohne große Begeisterung. Bevor ihm eine
zugleich unverbindlich wie auch freundlich klingende Entgegnung einfiel,
klingelte Emilies Handy. Sie meldete sich nach einer entschuldigenden Geste in
Tibors Richtung und wirkte befremdet, nachdem sie eine Weile gelauscht hatte.
Tibor wandte sich diskret ab, während Emilie einen Termin vereinbarte.
    Sie schüttelte den Kopf, nachdem sie das Telefonat beendet hatte.
    »Hoffentlich keine schlechten Nachrichten«, sagte er.
    »Wie man es nimmt. Ich soll zu einer polizeilichen Befragung.«
    ***
    Sie war alles andere als begeistert darüber, zum Gespräch
zitiert worden zu sein. Wahrscheinlich ärgerte sie sich sogar, nicht schlichtweg
abgelehnt zu haben. Das wäre ihr gutes Recht gewesen, und darauf pochten
Journalisten normalerweise gern, aber Johanna hatte sie einfach überrumpelt.
Keine Viertelstunde nach ihrem Anruf saß Emilie Funke in dem kleinen
Vernehmungszimmer und besah sich mit schmalen Lippen und angestrengtem Gesicht
ein Foto von Kati Lindner.
    »Natürlich kenne ich die Frau«, meinte Funke und gab das Bild
zurück.
    Sie hatte auffallend magere Hände und ein kantiges Gesicht, das sie
älter wirken ließ als Ende dreißig.
    »Kati arbeitet in der Kreisler Buchhandlung gleich um die Ecke.
Warum fragen Sie?«
    »Wann haben Sie sie zum letzten Mal gesehen?«
    »Als ich bestellte Bücher abgeholt habe – das liegt ein paar
Wochen zurück. Das genaue Datum habe ich gerade nicht parat. Was ist mit ihr?
Hat sie was angestellt?« Funke schob ein Lächeln hinterher.
    »Ist sie der Typ, der etwas anstellt?«
    Das Lächeln verschwand. »Wie meinen Sie das denn?«
    Johanna ließ sie nicht aus den Augen. »So, wie ich es gesagt habe –
ich pariere lediglich Ihre eigene Frage.«
    Funke verschränkte die Arme vor der Brust. »Nein, nach meiner Einschätzung
ist sie keine Frau, die etwas anstellt – im juristischen Sinne, nur damit
wir uns nicht missverstehen –, aber ich muss hinzufügen, dass ich sie
nicht besonders gut kenne.«
    »Sie sind nicht mit ihr befreundet?«
    »Wie kommen Sie denn darauf?«, wehrte die Journalistin ab und verzog
den Mund. »Und nun wüsste ich ganz gerne, was los ist, bevor ich weitere Fragen
beantworte. Am Telefon sprachen Sie von einigen Auskünften, die Sie gern von
mir hätten. Von einem Verhör war nicht die Rede.«
    Johanna überging die letzte Bemerkung und beugte sich über die vor
ihr liegende Akte, bevor sie Funke wieder ansah. »Kati ist verschwunden. Seit
letztem Freitagabend.«
    Emilie Funke machte ein betroffenes Gesicht. »Das ist ja furchtbar.
Einfach verschwunden? Und es gibt keine Erklärung dafür?«
    »Wir prüfen gerade noch einmal alle Aussagen und Möglichkeiten und
gehen jedem Hinweis nach.«
    »Und ich bin einer davon?« Das klang verblüfft.
    »Ja. Durchaus. Können

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