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Wolfstage (German Edition)

Wolfstage (German Edition)

Titel: Wolfstage (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Kuck
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Frau die wenigen in den letzten Jahren zugelegten Kilo durchaus gut
standen.
    Die Fältchen unter den grünen Augen traten mit der ersten
Sonnenbräune besonders hervor, und Erika konnte sich gut vorstellen, dass
Volker bei seinen Mitarbeiterinnen durchaus den einen oder anderen
interessierten Blick erntete. Der reife, aber sportlich dynamische und
attraktive Chef, klug, charmant und begehrt – so sah er sich selbst. Als
eine Art Bill Clinton, in jeder Hinsicht. Erika konnte gut damit leben, neben
ihm als Hillary zu bestehen und, wer weiß, eines Tages vielleicht sogar auf der
Überholspur an ihm vorbeizupreschen. Sie gönnte sich ein winziges Lächeln,
obwohl ihr ganz und gar nicht danach zumute war.
    Volker begrüßte sie mit einem Kuss und strich ihr über den Rücken.
»Möchtest du auf der Terrasse sitzen? Ich habe uns ein Tonic gemixt – ganz
ohne Alkohol.«
    »Ich würde lieber im Wohnzimmer bleiben«, antwortete sie und nahm in
einem der beiden schweren Sessel vor dem Kamin Platz.
    Volker sah sie überrascht an, dann ging er nach draußen, um die
bereitgestellten Getränke hereinzuholen. Erika trank einen großen Schluck.
    »War es schlimm bei Helen?«, fragte Volker, während er sich zu ihr
setzte, und sah sie besorgt an. »Was für eine fürchterliche Geschichte!« Er
biss sich auf die Unterlippe. »Hätte ich doch noch vorbeikommen sollen?«
    »Nein, nein. Helen und Alexander haben irgendwie versucht, zur Ruhe
zu kommen … so weit das möglich ist … Und Henrik war ja auch da …«
Erika atmete tief durch und gab sich einen Ruck. »Hör zu, Volker, ich muss dir
etwas erzählen, das mir schon seit ein paar Tagen auf der Seele liegt. Es ist
eine lange Geschichte.«
    Ihr Mann beugte den Kopf ein wenig vor und musterte sie abwartend.
»Schatz, du weißt, dass du mir nichts beichten musst. Schon gar nicht jetzt.«
    »Vielleicht gerade jetzt.«
    Er setzte ein Lächeln auf, aber sein plötzlich angespannter Blick
strafte es Lügen. Erika wusste, dass er es ganz und gar nicht schätzte, mit
Neuigkeiten überrascht zu werden. Vielleicht war das ja sogar der tiefere Grund
dafür, dass er die Devise vertrat, jeder von ihnen möge innerhalb gewisser
Spielregeln nach seiner eigenen Fasson glücklich werden, den anderen aber um
Gottes willen nicht damit belästigen.
    »Ich fürchte, es ist etwas passiert, das uns alle betrifft«, fuhr
sie nach einer kurzen Pause fort.
    »Wer ist alle?«
    »Wir beide und letztlich die ganze Familie.«
    »Klingt unangenehm.«
    »Es hängt zusammen mit einer alten Geschichte«, begann Erika und
räusperte sich leise. »Die liegt gut zehn Jahre zurück.«
    Er stellte das Glas wieder ab, das er gerade in die Hand genommen
hatte. »Zehn Jahre?«, wiederholte er. »Verdammt lange Zeit.« Volker verschränkte
die Finger ineinander. An den Knöcheln trat das Weiße hervor. So viel stand
fest – er würde es ihr nicht leicht machen. Natürlich nicht. Das wäre auch
das Letzte, was sie verdient hätte.
    Sie nickte. »Damals habe ich Steffen kennengelernt.«
    Steffen Winter war genau der junge Mann gewesen, der einer
Frau wie Erika niemals hätte begegnen dürfen. Weder damals noch heute. Er war
unverschämt jung und attraktiv. Südländischer Typ, selbstbewusst, voller
Lebensfreude und zu allem Überfluss auch noch ein hervorragender Reitlehrer.
Die Frauen waren verrückt nach ihm. Nicht nur die, wie sie später erfuhr.
    Es dauerte keine zwei Wochen, bis sie seinem Charme erlag und spät
abends nach einem Reitturnier hoch auf sein Zimmer im Gästehaus schlich, um
sich nach zwei Stunden hemmungslosem Sex auf den Heimweg zu machen –
wundgeliebt, erschöpft, zittrig. Sie nahm sich vor, Steffen nie wieder zu sehen
und die Nacht mit ihm wie ein kostbares Juwel in sich zu verschließen, um es
bei Bedarf hervorzuholen und heimlich zu bestaunen.
    Die Affären, die sie bis dahin gehabt hatte, waren beiläufige Begegnungen
mit Männern gewesen, die ähnliche Bedürfnisse hatten wie sie: schnelle und
unkomplizierte Befriedigung, Aufpolieren des Egos, kein Aufsehen und schon gar
keine tieferen Gefühle. So hielten es Tausende von Männern, Ehemännern, Volker
sowieso, und natürlich auch viele Ehefrauen. Aber mit Steffen war es nicht
beiläufig. Seine Berührungen und sein Lächeln klangen tief in ihr nach, und sie
nahm sich fest vor, ihrem Begehren keinesfalls ein zweites Mal nachzugeben, um
ihr Leben nicht zu komplizieren. Derart souverän würde Volker sein. Aber sie
war es nicht. Ein blutjunger

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