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Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt

Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt

Titel: Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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ihre Augen ein wenig mehr, ließ das Haar wild lockig. Dann atmete sie zehnmal tief durch, richtete sich auf und schaute auf die Uhr. Die Pressekonferenz hätte vor zwei Minuten beginnen sollen.
    Nicht schlecht, wenn die ein bisschen warten müssen, dachte sie und machte sich auf den Weg durch die Gänge des Präsidiums. Vielleicht ist der Chef schon da.
    Natürlich war er da, wartete vor der Tür zum Konferenzsaal auf sie.
    «Wo bleiben Sie denn, Laura?»
    «Ich habe gerade wichtige neue Informationen bekommen», antwortete sie. «Gehen wir?»
    Sie hatte schon die Tür aufgemacht, und so blieb ihm nichts anderes übrig, als ihr zu folgen.
    «Guten Tag, meine Damen und Herren!», sagte Laura. «Ich habe eine interessante Geschichte für Sie …»

    Guerrinis Pressekonferenz verlief ausgesprochen schwierig. Die Vertreter der konservativen Presse rückten Altlander in die Nähe der Roten Brigaden, die in den siebziger und achtziger Jahren Italien unsicher gemacht hatten. Die linksgerichteten Journalisten stritten sich daraufhin mit den konservativen Kollegen, und diverse Male herrschte im Saal ein derartiges Getümmel, dass Guerrini kurz davor war, alle rauszuwerfen.
    «Glauben Sie, dass die Tat einen politischen Hintergrund hatte?», fragte der Vertreter von La Nazione .
    «Elsa Michelangeli ist ja ebenfalls eine Genossin!», stimmte der Kollege von Il Tirreno zu.
    «Er war schwul!», rief einer von ganz hinten im Saal. «Könnte das ein Motiv gewesen sein?»
    Guerrini reichte es.
    «Ich kann Ihnen keine weiteren Auskünfte geben», brüllte er ins Mikrophon, um den Lärm zu übertönen. «Die Ermittlungen laufen, wir konzentrieren uns auf bestimmte Verbindungen, die in der Vergangenheit des Opfers liegen. Mehr kann und will ich nicht sagen. Und jetzt entschuldigen Sie mich, bitte!»
    Er flüchtete zurück in sein Büro, kühlte seine Hände und sein Gesicht im Waschbecken, das zum Glück bisher nicht entfernt worden war. Alle außer ihm waren der Meinung, dass ein Waschbecken im Büro eines Commissario nichts zu suchen hatte. Er aber liebte dieses Waschbecken, das noch eine solide altertümliche Form besaß und ihm in all den Jahren gute Dienste geleistet hatte.
    Er war stolz auf seine letzten Worte über die Verbindungen aus Altlanders Vergangenheit. Vielleicht gelang es ihm auf diese Weise, diese Verbindungen – falls es sie überhaupt gab – nervös zu machen.
    Halb sechs. Er wollte nochmal im Krankenhaus vorbeischauen, um mit Elsas Ärzten zu sprechen. Der Vicequestore hatte einer Bewachung der Malerin zugestimmt. Danach wollte Guerrini einkaufen gehen und vielleicht ausnahmsweise einen ruhigen Abend zu Hause verbringen. Laura fand zwar, dass es ihm gut stand, wenn er übermüdet war – er ähnele dann Vittorio Gassmann, einem Schauspieler aus der Generation seines Vaters, den nur noch wenige kannten. Er musste lächeln, als er sich daran erinnerte, wie er versucht hatte, alte Fotos von Gassmann aufzutreiben. Als er endlich fündig wurde, war er ganz zufrieden, betrachtete sein eigenes Spiegelbild etwas anders als zuvor. Er hatte sich auch ein paar alte Filme gekauft, war beeindruckt von der Qualität und der schauspielerischen Leistung seines vermeintlichen Doppelgängers.
    Vielleicht, dachte er, finden Laura und ich die Zeit, einen dieser Filme gemeinsam anzuschauen … Das Schrillen des Telefons riss ihn aus seinen Gedanken.
    «Entschuldigen Sie, Commissario. Da ist eine Signora Piselli, die unbedingt mit Ihnen sprechen will. Soll ich durchstellen?»
    «Stell durch, d’Annunzio.»
    Signora Piselli atmete so heftig, dass sie kaum sprechen konnte.
    «Das war ja was! Als wollte ich die Königin von England sprechen. Sind Sie das, Commissario?»
    «Sì.»
    «Ich bin im Haus von Signor Altlander. Es hat mir keine Ruhe gelassen, weil der Signor Enzo gestern nicht gekommen ist und der Hund doch ganz allein war.»
    Guerrini erinnerte sich an das entfernte Bellen, das er bei seinem ersten Besuch in Wasteland gehört hatte. Irgendwie hatte er dieses Bellen nicht dem Haus Altlanders zugeordnet, sondern einem Bauernhof in der Nähe.
    «Was ist mit dem Hund, Signora?»
    «Er ist weg, Commissario. Dabei war er in einem Zwinger hinter Signor Enzos Haus, und Signor Enzo ist auch nicht da. Aber dafür wimmelt es von Männern mit Fotoapparaten. Die haben mich fotografiert, Commissario. Ich konnte die Tür gar nicht so schnell hinter mir zumachen. Und dann haben sie dagegengeklopft, und sie klopfen immer noch, Commissario.

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